t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePolitikAuslandUSA

"Hitzedom": Das steckt hinter dem lebensgefährlichen Wetterphänomen


Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.

Lebensgefahr wegen Wetterphänomen
"Hitzedom" gefährdet die USA


Aktualisiert am 13.07.2023Lesedauer: 3 Min.
Erste Hilfe wegen der Rekordhitze für Migranten in Texas: Ein Feuerwehrmann trägt eine junge Frau in der Grenzstadt Eagle Pass.Vergrößern des Bildes
Erste Hilfe wegen der Rekordhitze für Migranten in Texas: Ein Feuerwehrmann trägt eine junge Frau in der Grenzstadt Eagle Pass. (Quelle: KAYLEE GREENLEE BEAL)

Eine außergewöhnliche Hitzewelle gefährdet in den USA die Gesundheit von Millionen Menschen. Dahinter steckt ein gefährliches Wetter-Phänomen – der "Heat Dome".

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Als "Snowbirds" werden in Amerika Menschen verlacht, die ursprünglich aus kälteren US-Bundesstaaten oder aus Kanada in den Süden gezogen sind. Für gewöhnlich genießen diese "Schneevögel" zwar das milde Wetter in Bundesstaaten wie Florida, Arizona oder Texas während der Wintermonate. Im Sommer aber fliehen sie oftmals vor der oft extremen Hitze und Schwüle zurück in den Norden, weil sie es nicht aushalten, und kehren erst im Herbst wieder zurück.

In diesem Sommer aber sind die Temperaturen in weiten Teilen der USA so hoch, dass selbst Menschen, die an Hitze gewöhnt sind, am liebsten selbst fliehen würden. Doch die Orte dafür werden rar. Denn selbst im nördlichen Kanada, eigentlich ein kühlerer Fluchtpunkt im Sommer, stieg die Temperatur in den Nordwest-Territorien am Wochenende auf bis zu 37 Grad Celsius. Es ist die höchste Temperatur, die jemals nördlich des 65. Breitengrads in der westlichen Hemisphäre gemessen wurde. Die anhaltende Hitze und Trockenheit befeuern die seit Wochen andauernden, schweren Waldbrände.

Viel schlimmer aber trifft es derzeit mit den Bundesstaaten Arizona, Nevada, Kalifornien, Missouri, Texas, New Mexico und Florida den Süden der USA. Dort sind die Temperaturen seit Wochen so hoch, dass Jahrzehnte alte Rekorde gebrochen werden. An den heißesten Orten, darunter die Millionenstadt Phoenix in Arizona, gilt gegen Ende der Woche die Marke von 50 Grad Celsius nicht mehr als ausgeschlossen. Insgesamt sind mehr als 50 Millionen Menschen von den extremen Temperaturen betroffen.

"Sie können schwer erkranken oder sogar sterben"

Mit zahlreichen Hinweisen warnt der nationale Wetterdienst die Menschen vor den Folgen. Von vier möglichen Kategorien gilt seit Tagen in vielen Gegenden die schwerste: "Warnung vor übermäßiger Hitze" und dazu der drängende Hinweis: "Handeln Sie!" Denn die aktuellen Wetterbedingungen gelten als "extrem gefährlich". Das gilt dann, wenn die maximale Hitzeindextemperatur für mindestens zwei Tage 40 Grad Celsius oder mehr beträgt und die Lufttemperaturen in der Nacht nicht unter 24 Grad Celsius fallen. "Wenn Sie bei extremen Bedingungen nicht sofort Vorkehrungen treffen, können Sie schwer erkranken oder sogar sterben", warnt der Wetterdienst.

Empfohlener externer Inhalt
X
X

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.

Die Folgen der Hitze sind tatsächlich ausgesprochen brutal. Denn die extremen Temperaturen bringen den menschlichen Organismus an seine Grenzen. Laut Daten des nationalen Wetterdienstes sterben im langjährigen Schnitt schon jetzt mehr Amerikaner an den Folgen von Hitze als an allen anderen Wetterphänomen, wie etwa Überflutungen, Tornados, Hurrikans oder an Kälte im Winter. Bei Hunderten ist jedes Jahr Hitze die Todesursache, fast 70.000 Hitze-Notfälle werden registriert, mehr als 9000 Menschen müssen stationär behandelt werden.

Als besonders gefährdete Gruppen gelten Schwangere, Neugeborene, Kinder, Alte und chronisch Kranke. Aber auch viele Migranten und Obdachlose sind der lebensgefährlichen Hitze oft schutzlos ausgesetzt. In vielen Bundesstaaten, wie in der Stadt Albuquerque in New Mexico, versuchen Behörden, Kirchen und Hilfsorganisationen, diesem Problem mit eigens eingerichteten Kühlzentren zu begegnen. Dort verteilen sie Sonnenschutzmittel und Wasser und stellen Räume bereit, die mit Klimaanlagen gekühlt werden.

Hitzekuppel als Teufelskreis des Wetters

Ursache für diese selbst in Hitze erprobten Gebieten extremen Temperaturen ist ein Wetterphänomen, das landläufig als "heat dome", also als Hitzekuppel bezeichnet wird. Ein extrem starkes Hochdruckgebiet drückt dabei heiße Luft in Richtung Erdoberfläche und verhindert das Einströmen anderer Wettergebiete. Der sogenannte Jetstream kann nicht mehr für einen Austausch der Luftmassen sorgen. Das Heißluftgebiet bleibt quasi wie unter einer Kuppel gefangen und heizt sich immer weiter auf – und trocknet aus.

Ein andauernder Wetter-Teufelskreis: Das Hochdruckgebiet drückt die Luft zur Oberfläche, komprimiert sie, wodurch sie sich erwärmt. Die darüberliegende Hochdruckschicht verhindert, dass die heiße Luft wie gewöhnlich aufsteigt, sodass sich keine Wolken bilden können und mehr Sonnenstrahlung auf den Boden trifft. Bis sich die immer weiter erhitzende Luft endlich entlädt, können Tage und Wochen vergehen.

Rekord-Energieverbrauch als Folge der Hitze

Hinzu kommt ein Stromversorgungsproblem: Um die brutale Hitze zu bekämpfen, lassen die Menschen fast überall im Land die Klimaanlagen auf Hochtouren laufen. In Texas hat etwa der Stromnetzbetreiber prognostiziert, dass der Stromverbrauch in dieser Woche erneut Rekorde brechen würde. Ausfälle werden zwar nicht befürchtet, aber Ressourcenverbrauch von fossilem und klimaschädlichem Erdgas steigt in dem Bundesstaat trotz wachsender Wind- und Solarenergieanlagen weiter.

Zwar ist das Wetterphänomen der "Heat Domes" nicht gänzlich neu. Deren Häufung nimmt aber laut Wetterexperten infolge des Klimawandels immer weiter zu. Nach Angaben der amerikanischen Umweltschutzbehörde, der "Environmental Protection Agency" (EPA) ist die Häufigkeit von Hitzewellen von etwa zwei Wellen pro Jahr in den 1960er Jahren auf sechs Wellen pro Jahr in den 2020er Jahren gestiegen. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Häufigkeit in den kommenden Jahrzehnten weiter zunehmen wird.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • weather.gov: "Weather Related Fatality and Injury Statistics" (Englisch)
  • weather.gov: "Heat Watch vs. Warning" (Englisch)
  • ercot.com: "Electric Reliability Council of Texas" (Englisch)
  • nchh.org: "Cooling Centers by State" (Englisch)
  • ucdavis.edu: "Guide to heat domes and how to prepare for them" (Englisch)
  • koat.com: "Here are the cooling centers in Albuquerque to provide relief from the heat" (Englisch)
  • axios.com: "Heat wave may be the longest ever and temperatures will likely increase" (Englisch)
  • accuweather.com: "Temperatures to climb to extreme levels even for hottest part of US" (Englisch)
  • accuweather.com: "The hidden dangers of heat waves" (Englisch)
  • oceanservice.noaa.gov: "What is a heat dome" (Englisch)
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Neueste Artikel



TelekomCo2 Neutrale Website