t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePolitikAuslandUSA

"Gülle?": Zoff zwischen deutscher Botschafterin und US-Senator


Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.

"Gülle?"
Zoff zwischen deutscher Botschafterin und US-Senator

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns, Washington

07.03.2023Lesedauer: 4 Min.
Deutschlands Botschafterin in den USA: Emily Haber.Vergrößern des Bildes
Deutschlands Botschafterin in den USA: Emily Haber. (Quelle: allefarben-foto)
News folgen

Der US-Senator und Bestsellerautor J.D. Vance hat sich mit Deutschlands Botschafterin in Washington angelegt. So konterte Emily Haber die rüden Attacken des Republikaners.

Die Aufgabe von Botschaftern ist es, sich im Ausland diplomatisch für die Belange der Regierung ihres Landes einzusetzen. Wenige Monate, bevor die deutsche Botschafterin in den USA, Emily Haber, ihren Posten in Washington verlässt, hat sie diese Aufgabe in bemerkenswerter Weise wahrgenommen: In einem scharfen Austausch reagierte die langjährige Spitzendiplomatin auf Äußerungen des republikanischen US-Senators und Trumpisten J.D. Vance.

Der Senator aus Ohio hatte Deutschland am vergangenen Freitag öffentlich angegriffen. "Deutschlands Verhalten in diesem Krieg ist beschämend, und es ist eine Beleidigung für unsere Wähler, dass zu viele Republikaner dabei mitmachen", schrieb Vance auf Twitter. Alle Versprechen Deutschlands seien "zu Gülle" geworden. Anschließend stellte er die Frage: "Warum subventionieren amerikanische Steuerzahler eine idiotische deutsche Energiepolitik und schwache Verteidigungspolitik?"

Vance hing seine Kritik an einem Deutschland-kritischen Artikel eines Berlin-Korrespondenten des "Wall Street Journal" auf. Der für seine Nato-kritische Haltung bekannte ehemalige Pentagon-Beamte Elbridge Colby hatte den Artikel zuvor kommentiert mit den Worten: "Die Beziehungen der USA zu Deutschland sollten sich in einer Krise befinden. Aber stattdessen beugt sich Washington nach hinten für Berlin. Das muss sich ändern." Auch Donald Trump hatte am Wochenende in Richtung Deutschland gegiftet: Bei der rechtskonservativen Konferenz CPAC sprach Trump die Deutschen an: "Wenn ihr säumig seid, werde ich euch vor Russland nicht beschützen."

Ein notwendige Reaktion

Es sind solche sich immer mehr häufende Äußerungen aus dem Lager der Republikaner, die die deutsche Botschafterin wohl dazu bewegt haben, entschieden zu reagieren.

Haber griff dabei sogar die vulgäre Formulierung des US-Senatoren Vance auf und schrieb: "Gülle? Wir sind der größte Waffenlieferant für die Ukraine in der EU. Unsere Importe russischer Energie sind auf null gesunken. Ein unumkehrbarer strategischer Wandel, der fast über Nacht stattfindet. Wir haben zusätzliche 100 Milliarden Dollar für die Verteidigung bereitgestellt. Wir geben es aus. Aber man kann keine Panzer bei Costco kaufen." Deutschland habe sich außerdem dazu verpflichtet, "100 Milliarden Dollar für die Verteidigung" mehr auszugeben, schrieb Haber in Bezug auf das beschlossene Sondervermögen für die Bundeswehr.

Empfohlener externer Inhalt
X
X

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.

Daraufhin reagierte der US-Senator: Vance behauptete, die deutsche Regierung würde sich lediglich in Floskeln ergehen. Auf die Anspielung der deutschen Botschafterin, dass man Panzer nicht mal eben bei Costco – einer US-Großhandelskette – kaufen könne, reagierte Vance mit einem Aldi-Kommentar: "'Wir haben uns verpflichtet.' 'Wir werden Geld ausgeben.' Wenn Ihre Politik nicht darin bestanden hätte, zwei Jahrzehnte lang von Russlands Energie abhängig zu sein und sich Ihren Nato-Beiträgen zu entziehen, müsste Sie jetzt keine Panzer bei Aldi kaufen."

Empfohlener externer Inhalt
X
X

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.

Darauf reagierte die deutsche Botschafterin noch einmal. "Ist notiert. Keine Reaktion auf die Argumente", antwortete sie nüchtern. Auch auf ihren ehemaligen US-Botschafts-Kollegen, Rick Grenell, ging sie nicht ein. Trumps treu ergebener Ex-Botschafter in Berlin hatte Haber persönlich angegriffen. "Emily, Sie haben alle in Amerika und im Kongress dazu gebracht, die Trump-Sanktionen gegen Putins Pipeline fallen zu lassen", hatte Grenell sich in den Streit eingeschaltet. Es sei diese "Strategie" gewesen, die Putin überhaupt ermutigt habe, "Krieg in Europa zu beginnen." Darum solle sich Haber vielmehr bei den US-Steuerzahlern entschuldigen, statt US-Senatoren anzugreifen.

Ein schneller Wandel mit Folgen

Zwar scheinen der US-Senator und der Ex-US-Botschafter hinsichtlich der von Bundeskanzler Olaf Scholz verkündeten Zeitenwende der deutschen Politik nicht auf dem aktuellen Stand zu sein. Vances und Grenells Vorwürfe in Bezug auf die langjährige deutsche Außen- und Wirtschaftspolitik haben aber durchaus einen wahren Kern.

Noch wenige Wochen vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine warb die Bundesregierung im Februar 2022 über die deutsche Botschaft in Washington noch intensiv im US-Kongress bei Senatoren und Abgeordnete mit einem Papier dafür, damals drohende Nord-Stream-2-Sanktionen zu verhindern. t-online berichtete darüber. Die Sorge war groß, dass die Stimmung im Kongress zuungunsten der deutsch-russischen Gasversorgung über die Ostsee kippen könnte.

Empfohlener externer Inhalt
X
X

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.

Wie schon erwähnt: Die Aufgabe von Botschaftern ist es, sich im Ausland diplomatisch für die Belange der Regierung ihres Landes einzusetzen. Und diese Belange ändern sich manchmal ziemlich schnell. Diesen Wandel hatte die deutsche Botschafterin schon im April 2022 in einem längeren Beitrag erläutert. Wie sehr Deutschland inzwischen zu einem der größten Unterstützer der Ukraine geworden ist, wollte sie offensichtlich nun noch einmal deutlich machen.

Einige Politiker in den USA wollen das aber offenbar nicht gelten lassen. Sollte der kommende Präsident wieder Donald Trump oder womöglich Ron DeSantis heißen, könnte das zu einem Problem für Deutschland und auch für die Ukraine werden. Auf Fox News hatte Floridas Gouverneur DeSantis Bidens Überraschungsreise in die Ukraine kritisiert und seine Haltung zum amerikanischen Engagement deutlich gemacht. "Ich glaube nicht, dass es in unserem Interesse ist, sich auf einen Stellvertreterkrieg um die Ukraine einzulassen", sagte er.

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website