Israel kündigt Untersuchung an Baerbock "zutiefst erschüttert" über Eskalation bei Beerdigung
Bei der Beisetzung einer im Westjordanland getöteten Journalistin in Jerusalem griff die Polizei mit Schlagstöcken in den Trauerzug ein. Die deutsche Außenministerin zeigte sich von den Bildern persönlich betroffen.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat sich erschüttert über die Gewalt bei der Beerdigung einer getöteten Reporterin des TV-Senders "Al Jazeera" in Jerusalem gezeigt. Es sei traurig, "dass die Trauerfeier nicht in Frieden und in Würde stattfinden konnte. Ehrlich gesagt, persönlich gesagt, ich bin darüber zutiefst erschüttert", sagte Baerbock am Samstag auf eine Reporterfrage bei einer Pressekonferenz zum Abschluss eines G7-Treffens nahe dem Weißenhäuser Strand an der Ostsee.
Embed
Die am Mittwoch im Westjordanland erschossene Journalistin Schirin Abu Akle war am Freitag auf einem christlich-orthodoxen Friedhof neben der Altstadt Jerusalems beigesetzt worden. Während des Trauerzuges kam es zu Zusammenstößen mit der israelischen Polizei – diese kündigte Untersuchungen an.
Israelische Polizei ordnet Untersuchung an
Tausende Menschen kamen zu der Beerdigung der Journalistin. Auf der Prozession zum Friedhof kam es zu den Konfrontationen. Auf Videos war zu sehen, wie Sicherheitskräfte gegen Trauergäste und die Träger des Sarges mit Schlagstöcken vorgingen. Mutmaßlich stürmten israelische Polizisten auf den Trauerzug zu, um palästinensische Fahnen zu konfiszieren. Der Staat Israel verbietet das öffentliche Zeigen palästinensischer Flaggen.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Ein dpa-Reporter berichtete über die Beerdigung am Freitag, dass es keine Vorwarnung gegeben habe, bevor die Polizisten die Trauergäste und Sargträger zurückgedrängt und dann mit Schlagstöcken attackiert hätten.
Am Samstag ordnete der Chef der israelischen Polizei eine Untersuchung des Einsatzes an. Dies sei in Abstimmung mit dem Minister für öffentliche Sicherheit geschehen. Die Polizei werde Lehren aus dem Vorfall ziehen, hieß es in einer Mitteilung.
EU und USA äußern Bestürzung
Die israelische Behörde erklärte, sie sei zum Eingreifen gezwungen gewesen, weil "Randalierer" versucht hätten, "den Verlauf der Beisetzung zu stören". Ein Regierungsvertreter sagte, Teilnehmer des Trauerzugs hätten mit "Steinen und Glasflaschen" geworfen. Nach Angaben der Polizei wurden bei dem Einsatz sechs Menschen festgenommen.
33 Menschen wurden nach Angaben des Jerusalemer Rettungsdienstes Roter Halbmond bei der Trauerfeier verletzt. Sechs von ihnen mussten demnach im Krankenhaus behandelt werden.
Die Bilder lösten international Bestürzung aus. Die EU zeigte sich "entsetzt" und verurteilte in einer Erklärung die "unverhältnismäßige Gewalt". Die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Jen Psaki, sprach von "zutiefst verstörenden" Bildern.
Hintergründe der Tötung nicht eindeutig geklärt
Der UN-Sicherheitsrat forderte eine "sofortige, gründliche, transparente, faire und unparteiische Untersuchung" der Tötung der Journalistin. Auch Ministerin Baerbock betonte es sei ihr wichtig, dass der Tod der Journalistin transparent aufgeklärt werde. Demokratien seien "darauf angewiesen, dass mutige Journalistinnen und Journalisten die Wahrheit berichten können – und zwar in Sicherheit". Sie dürften "niemals Zielscheibe für Gewalt werden".
Schirin Abu Akle war am Mittwoch während eines israelischen Militäreinsatzes im besetzten Westjordanland durch Schüsse getötet worden. Laut Armee gab es ein heftiges Feuergefecht mit Dutzenden militanten Palästinensern während einer Razzia in Dschenin.
"Al Jazeera" und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas beschuldigen israelische Sicherheitskräfte, die 51-Jährige vorsätzlich getötet zu haben. Am Freitag erklärte die palästinensische Generalstaatsanwaltschaft, allein israelische Truppen hätten in dem Moment geschossen, in dem die Journalistin getroffen worden sei. Israels Armee veröffentlichte dagegen Zwischenergebnisse ihrer Untersuchung, wonach es derzeit nicht möglich sei, "eindeutig" zu sagen, von wo der tödliche Schuss kam.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP