Nach Militärputsch Lage in Mali verschlechtert sich – Bundeswehreinsatz vor dem Aus?
Die Spannungen in Mali um den Einsatz ausländischer Soldaten nehmen zu. Frankreich hat bereits mit dem Abzug begonnen. Und auch in Deutschland werden Fragen nach der Zukunft des Bundeswehreinsatzes lauter.
Die Sicherheitslage in Mali verschlechtert sich derzeit immer mehr. In Deutschland wird nun die Bundeswehrmission in dem Land infrage gestellt – auch in der Bundesregierung.
"Ich bin momentan sehr skeptisch, ob es tatsächlich weiter sein kann, dass wir uns vor Ort engagieren", sagte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht am Sonntag im ZDF. "Ich hab nicht den Eindruck, dass wir länger willkommen sind." Dies habe auch damit zu tun, dass Verbündete die Arbeit erschwert bekämen, sagte die SPD-Politikerin mit Blick auf Frankreich.
Frankreich zieht Soldaten bereits ab
Zuletzt hatten Spannungen vor allem zwischen der Militärjunta und der einstigen Kolonialmacht Frankreich zugenommen. Der französische Botschafter ist ausgewiesen worden, wie auch dänische Spezialkräfte. Frankreich stellt als ehemalige Kolonialmacht auch einen großen Teil der westlichen Truppen in dem Land, hat aber mit dem Abzug begonnen. "Und deswegen ist es schon sehr schwer vorstellbar, dass dieses Engagement weitergeführt werden kann", sagte Lambrecht.
Die Bundeswehr hat rund 1.000 Soldaten als Teil der UN-Friedenstruppe Minusma in Mali stationiert, etwa 300 weitere Soldaten sind zusätzlich an einer europäischen Ausbildungsmission beteiligt.
Högl: "Mache mir jeden Tag mehr Sorgen"
Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), fordert von der Bundesregierung Klarheit über die Zukunft des Bundeswehreinsatzes in Mali. Es sei "unbedingt notwendig, dass zügig entschieden wird, wie es mit diesem Einsatz weitergeht", sagte Högl im Deutschlandfunk.
"Ich mache mir tatsächlich jeden Tag mehr Sorgen um die Soldatinnen und Soldaten, die in Mali im Einsatz sind, weil die Rahmenbedingungen immer schlechter werden und die Ziele immer unklarer sind", sagte Högl am Samstag im Deutschlandfunk.
"Nur wenig Zeit" für die Evaluation
Högl verwies darauf, dass das aktuelle Bundeswehrmandat für Mali am 31. Mai endet. Es bleibe also "nur wenig Zeit" für die Evaluation. Über die mögliche Weiterführung müsse "sorgfältig und zügig" entschieden werden. "Grundsätzlich halte ich einen Einsatz in der Sahelzone, um dort die Länder zu stabilisieren und zu unterstützen, für sehr sinnvoll und richtig", sagte Högl.
Jedoch müssten solche Einsätze von der jeweiligen Regierung vor Ort "auch gewünscht und gewollt sein". Nötig seien daher "klare Aussagen von der malischen Regierung, wie es mit den beiden Einsätzen weitergehen soll". Die malische Militärjunta hatte zuletzt unter anderem Überflugrechte für die internationalen Truppen im Land verweigert.
Nicht "auf Teufel komm raus" in Mali bleiben
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, mahnt zur Vorsicht. Die Bundeswehr werde sicher nicht "auf Teufel komm raus" in Mali bleiben. "Hektisch das Land zu verlassen, ist allerdings auch nicht ratsam", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Nötig sei daher eine Strategie "für den Fall, dass wir zu dem Schluss kommen, dass wir unsere Soldatinnen und Soldaten nicht mehr in dem Land lassen wollen."
Zum Verhalten der malischen Regierung sagte Strack-Zimmermann, offensichtlich solle Europa "durch bewusste Störfeuer provoziert werden". Dies sei "irritierend, weil wir ja seinerzeit von der damaligen Regierung eingeladen worden sind, um im Land für Stabilität zu sorgen". Es müsse jetzt schnell geklärt werden, welche Motive dahinter steckten.
Generalinspekteur sieht wachsende Gefahren
Auch der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, sieht beim größten Auslandseinsatz im westafrikanischen Mali deutlich wachsende militärische und politische Gefahren. "Wir haben dort eine Regierung, die wir als nicht demokratisch legitimiert verstehen. Dass diese erst in fünf Jahren Wahlen abhalten will, ist für uns ein untragbarer Zustand. Ein "Weiter so" kann es so nicht geben", sagte Zorn – Deutschlands ranghöchster Soldat – der Deutschen Presse-Agentur.
In Mali hatte es in den vergangenen zwei Jahren zwei Militärputsche gegeben. Im August 2020 hatten Militärs unter Führung von Oberst Assimi Goïta den damaligen Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta gestürzt. Im Mai 2021 putschte die Militärjunta dann erneut. Goïta setzte die zivile Spitze der Übergangsregierung ab und ernannte sich selbst zum Übergangspräsidenten. Beide Umstürze wurden international scharf kritisiert.
Die Militärregierung bemüht sich derzeit, die Macht von Junta-Chef Goïta zu stärken. Das Kabinett beschloss am Freitagabend, das Amt des Vizepräsidenten in der von Goïta angeführten Übergangsregierung abzuschaffen. Laut der Junta geht es darum, "Doppelarbeit zu vermeiden" und die Minister für Verteidigung und Sicherheit zu stärken. Faktisch festigt Goïta damit seine Machtposition.
- Nachrichtenagenturen Reuters, AFP und dpa