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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Krieg in der Ost-Ukraine Polizei ermittelt jetzt direkt gegen den Kreml
Wie weit geht die Unterstützung Russlands für die ukrainischen Separatistengebiete? Polizeiermittler veröffentlichen neue Beweise. Sie nehmen die russische Regierung ins Visier.
Im Zuge der Ermittlungen um den Abschuss der Passagiermaschine MH17 über der umkämpften Ost-Ukraine legt das internationale Polizeiteam neue Beweise vor, die auf eine direkte Verwicklung der russischen Regierung deuten. Demnach seien die Verbindungen zwischen der Führung der Separatisten und Russland laut Zeugenaussagen enger und intensiver als bisher bekannt. Die Kontakte gingen deutlich über militärische Hilfe hinaus. Das wäre eine Sensation, weil Russland vehement bestreitet, die Separatisten militärisch zu unterstützen oder sie zu steuern.
Putin-Berater kündigte Verstärkung an
Als zusätzlichen Beleg veröffentlichte das "Joint Investigation Team" unter anderem mitgeschnittene Telefonate. Auf ihnen ist demnach beispielsweise Wladislaw Surkow zu hören, ein enger Berater von Kremlchef Wladimir Putin. Er scheint dem vorübergehenden Anführer der Separatistenrepublik, Alexander Borodai, Truppenverstärkungen anzukündigen: "Am Samstag werden sie schon Richtung Süden aufbrechen, um kampfbereit zu sein."
In einem weiteren Telefonat mit einem Unbekannten führt Borodai aus: "Nun, Ihre Pläne sind weitreichend. Meine nicht. Ich führe Befehle aus und beschütze die Interessen eines einzigen Staats, der Russischen Föderation. Das ist der Kernpunkt." In einem anderen Telefonat berichtet er offenbar ebenfalls über vom russischen Verteidigungsministerium entsandte Soldaten.
Befehlskettte aus dem Kreml?
Die neuen Beweise legen eine Befehlskette aus dem Kreml in die Separatistengebiete nahe. Alle Verdächtigen befinden sich derzeit in Russland. Die Ermittler wollen nun herausfinden, von wem genau die Rebellen kontrolliert und kommandiert wurden. Bereits im Juli hatte die niederländische Justiz vier Russen – ehemalige Geheimdienstler und Elitesoldaten – als Hintermänner des Abschusses der MH17 angeklagt und sucht sie seitdem mit internationalen Haftbefehlen.
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Russland dementiert bislang jede Beteiligung an dem Abschuss 2014 oder an den übrigen Kämpfen in der Ost-Ukraine – will die Verdächtigen aber auch nicht ausliefern. Die Ermittler in den Niederlanden rufen Zeugen weiterhin auf, sich zu melden. Beim Abschuss der Maschine starben alle 298 Menschen an Bord. Beim Konflikt in der Ost-Ukraine starben nach Einschätzung der Vereinten Nationen bis Jahresbeginn fast 13.000 Menschen.
- Joint Investigation Team: Mitteilung vom 14. November 2019
- mit Material der Nachrichtenagentur dpa