Unruhen in Hongkong Tumult im Parlament: Lam muss Rede abbrechen
Sie lachten, tobten und spotteten: In Hongkong haben Abgeordnete eine Ansprache der Regierungschefin gestört. Lam gab schließlich auf – und fand einen anderen Weg, um ihre jährliche Regierungserklärung abzugeben.
Nach lautstarken Störungen durch Abgeordnete hat Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam am Mittwoch ihre jährliche Regierungserklärung abgebrochen und die Rede per Videoaufzeichnung präsentiert. Mehrere Parlamentarier unterbrachen Lam immer wieder durch Rufe und Hohngelächter.
Sie gab daraufhin auf und griff auf eine Aufzeichnung der Rede zurück. Darin erklärte Lam, in den vergangenen vier Monaten habe es mehr als 400 Kundgebungen in der Finanz- und Wirtschaftsmetropole gegeben.
Anhaltende Gewalt und verbreiteter Hass schadeten den Grundwerten der Stadt, sagte Lam. Ihre Regierung werde am Prinzip "Ein Land, zwei Systeme" festhalten. Rufe nach einer Unabhängigkeit der chinesischen Sonderverwaltungszone werde sie nicht tolerieren.
Die Proteste verlaufen längst nicht mehr friedlich
Seit Monaten gehen immer wieder Zehntausende Menschen in Hongkong auf die Straße und demonstrieren gegen Lams Regierung und für Demokratie. Sie werfen Lam zu viel Nähe zur Führung in Peking vor. Wiederholt kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei.
Die Kundgebungen hatten im Juni als Widerstand gegen einen Gesetzentwurf für Auslieferungen Beschuldigter an die Volksrepublik China begonnen. Der Entwurf wurde zwar inzwischen zurückgezogen. Doch die Demonstranten sehen auch allgemeine Freiheiten gefährdet, die Hongkong momentan noch genießt.
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Hongkong, eine ehemalige britische Kolonie, wurde im Jahr 1997 an China übergeben. Allerdings behielt die Metropole eine gewisse Autonomie, weswegen Hongkong als marktwirtschaftliches System im sozialistischen China bestehen darf. Um diese Eigenständigkeit fürchten die Demonstranten inzwischen. Ihre Proteste richten sich auch gegen die Regierung in Peking.
- Nachrichtenagentur Reuters