Presseschau zu Angriffen auf Tanker "Die Stunde der Konsequenzen wird kommen"
Wer steckt hinter den Angriffen auf Öltanker? Welche Folgen drohen? Der Vorfall am Golf von Oman beschäftigt die Presse. Die Überblick.
Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt zu dem Vorfall am Golf von Oman: "Angriffe auf die Freiheit der Seefahrt und die Sicherheit von Handelsschiffen erfordern eine entschlossene internationale Reaktion. (...) Der UN-Sicherheitsrat wäre der richtige Platz, ein starkes Signal zu setzen, auch weil ein steiler Anstieg der Ölpreise weltweit Turbulenzen verursachen würde. Die Hoffnung, dass er ausgerechnet hier zur Handlungsfähigkeit zurückfindet, ist allerdings gering. Auch denkbar wäre es, international Geleitschutz oder verstärkte Patrouillen zu organisieren, ein Modell, das sich bei der Bekämpfung der Piraterie bewährt hat."
Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" kommentiert: "Gerade weil Irans direkte oder indirekte Täterschaft so naheliegt, ist es allerdings ebenso denkbar, dass seine arabischen Erzfeinde hinter dem Spiel mit dem Feuer stecken: Um Iran anzuprangern und die schon eingeleitete Rückkehr amerikanischer Truppen zu forcieren – mit dem schönen Nebeneffekt steigender Ölpreise. Selbst wenn aber Washington recht hat und die Spur tatsächlich nach Iran führt, bleibt die Frage, wer die Angriffe dort befohlen hat."
Im t-online.de-Tagesanbruch heißt es: "Wer auch immer hier zuschlägt, tut das mit feinem Kalkül, fast schon mit Augenmaß. Denn das zumindest ist erkennbar: Noch sind es Nadelstiche, die dem Verkehr auf dieser strategisch so bedeutsamen Route versetzt werden. Auch wenn sie diesmal schon etwas tiefer ins Fleisch gegangen sind. Eine schrittweise Eskalation ist hier im Gange, ein Spiel mit dem Feuer. Will jemand Krieg? Würde man einen militärischen Schlagabtausch so anzetteln?" (mehr hier)
Die "Hessische Niedersächsische Allgemeine" fragt: "Ist der erste Reflex der richtige? Für US-Sicherheitsberater John Bolton ist der Iran der Hauptverdächtige. Für den aggressivsten Falken im Trump-Lager gilt das Teheraner Regime als Inkarnation des Bösen. Noch aber ist unklar, was genau geschehen ist und wer hinter den Attacken steckt. Schuldzuweisungen verbieten sich deshalb zum jetzigen Zeitpunkt. Zudem ist Iran nicht gleich Iran. Es gibt Moderate um Präsident Hassan Rohani. Und es gibt Hardliner um den geistlichen Führer Ajatollah Khamenei. Vor allem seinen Revolutionsgarden werden sogenannte niedrigschwellige Militäraktionen zugetraut, bei denen sich die Täter nicht ermitteln lassen. In einem solchen Ruf stehend demonstrieren sie nach innen die Zähigkeit des Regimes. Zugleich fällt es den äußeren Feinden schwer, darauf militärisch zu reagieren. Wenn die Täterfrage ungeklärt bleibt, lässt sich kein Gegenschlag rechtfertigen. Der US-Falke muss also stillhalten. Es ist nicht gesagt, dass er das lange schafft."
Zur Verschärfung der Spannungen zwischen den USA und dem Iran schreibt die Londoner "The Times": "Die gute Nachricht ist, dass es Gespräche mithilfe von Vermittlern gibt, selbst wenn die USA und der Iran nicht direkt miteinander reden. (...) Auch Deutschland, die Schweiz und der Oman haben versucht, Kommunikationskanäle zwischen Teheran und Washington einzurichten. Zusammen mit anderen Unterzeichnern unterstützt Großbritannien weiterhin den – wenngleich fehlerhaften – Atomdeal mit dem Iran. Doch letztendlich kann diese Krise nur dadurch überwunden werden, dass die USA und der Iran eine Vereinbarung erreichen. Im Moment erscheint das sicherlich weiter entfernt denn je. Die unmittelbare Herausforderung besteht darin, eine weitere Eskalation zu vermeiden."
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Die italienische Tageszeitung "Corriere della Sera" meint: "Seit gestern ist die geopolitische Partie am Persischen Golf noch explosiver und auch noch mysteriöser geworden. (...) Trump scheint mit dem Iran das wiederholen zu wollen, was ihm mit Nordkorea bislang nicht gelungen ist: Ich stranguliere dich mit Sanktionen und du musst mit mir verhandeln. (...) In einem Gewirr von Interessen, das das Öl und damit die ganze Welt betrifft, wird die Wahrheit darüber, wer (den Angriff auf zwei Öltanker) provoziert hat, (...) gezwungenermaßen an die Oberfläche kommen müssen. Und so wird die am meisten gefürchtete Stunde kommen, die der Konsequenzen."
- Nachrichtenagentur dpa
- Eigene Auswertung