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Ukraine-Krise: Gibt der Merkel-Putin-Gipfel neue Hoffnung auf Frieden?


Nach dem Dreiergipfel
Neue Hoffnung auf Frieden in der Ukraine?

Von reuters, dpa
Aktualisiert am 06.02.2015Lesedauer: 4 Min.
Angela Merkel und François Hollande am Freitagabend im Gespräch mit Wladimir Putin.Vergrößern des Bildes
Angela Merkel und François Hollande am Freitagabend im Gespräch mit Wladimir Putin. (Quelle: Reuters-bilder)

Russlands Präsident Wladimir Putin, Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Francois Hollande haben ihr Moskauer Treffen zur Ukraine-Krise ohne konkrete Vereinbarung beendet, sich russischen Angaben zufolge aber zu einer weiteren Telefonkonferenz verabredet. Diese soll voraussichtlich am Sonntag stattfinden. Die Gespräche seien "inhaltsreich und konstruktiv" gewesen, sagte sowohl der Kremlsprecher Dmitri Peskow als auch Kanzleramtssprecher Steffen Seibert.

Merkel und Hollande hätten den Kreml bereits verlassen und seien auf dem Weg zum Flughafen.

Letzte Chance auf Frieden?

Alle Seiten sind entsetzt über den eskalierenden Konflikt mit den prorussischen Separatisten in der Ostukraine und den täglich neuen Schreckensmeldungen. Insgesamt sind schon mehr als 5500 Menschen ums Leben gekommen. Auch während des Treffens wurde in der Ost-Ukraine gekämpft.

Der Dreier-Gipfel gilt als so etwas wie die letzte Chance auf Frieden. Wenn Angela Merkel und François Hollande in Moskau nichts erreichen, so hieß es aus Expertenkreisen, wird der Ukraine-Konflikt wohl weiter eskalieren. Und es könnten Waffen an Kiew geliefert werden, was viele im Westen derzeit noch ablehnen.

Merkel hatte vor ihrer Reise nach Moskau allerdings vor zu hohen Erwartungen an ihre Initiative gewarnt, die in diplomatischen Kreisen als der letzte Versuch gilt, einen noch größeren Krieg an den Rändern Europas zu vermeiden.

"Hollande und ich wollen uns mit ganzer Kraft für ein Ende des Blutvergießens einsetzen", sagte Merkel vor dem Abflug nach Moskau. Hollande sagte: "Jeder weiß, dass der erste Schritt ein Waffenstillstand sein muss", sagte er. "Aber das ist nicht genug, wir brauchen eine umfassende Einigung." Dies wurde offenbar noch nicht erreicht.

Telefonkonferenz und Aktionsplan angekündigt

Auf der Grundlage eines Vorschlags von Merkel und Hollande werde nun aber an einem gemeinsamen Dokument zur Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zur Lösung des Konfliktes gearbeitet, teilte der Sprecher der Bundesregierung mit. Dabei würden Vorschläge des ukrainischen wie auch des russischen Präsidenten einfließen. Am Sonntag soll in der angekündigten Telefonkonferenz, zu der neben den drei Politikern auch der ukrainische Staatschef Petro Poroschenko eingeladen ist, weiter beraten werden.

Das nie vollständig umgesetzte Minsker Abkommen vom September sieht unter anderem eine sofortige Waffenruhe zwischen ukrainischen Soldaten und prorussischen Separatisten sowie den Rückzug schwerer Waffen von einer Demarkationslinie zwischen den Konfliktparteien vor.

"Historischer Besuch"

Als erst Merkel und kurz nach ihr Hollande gegen 18.00 Uhr Ortszeit (16.00 Uhr MEZ) auf dem Regierungsflughafen Wnukowo-2 gelandet waren, sprachen russische Kommentatoren von einem historischen Besuch. "Frau Kanzlerin ist mit deutscher Pünktlichkeit gelandet", hieß es. Sie wolle zwar nicht über Nacht bleiben, müsse sich aber wohl auf lange Verhandlungen mit Wladimir Putin einstellen.

Die anschließenden Gespräche über eine Waffenruhe für den Donbass liefen unter sechs Augen an einem Dreier-Tisch. Die Mienen waren ernst, ganz anders als beim Besuch der beiden einen Tag vorher in der Ukraine. Dort hatte man sich schlicht gefreut, dass die beiden eine Friedensinitiative gestartet haben.

Merkel gegen militärische Lösung

Schon vor ihrer Abreise hatte Merkel in Berlin gesagt: "Wir sind davon überzeugt, dass es keine militärische Lösung dieses Konfliktes geben wird. Wir wissen aber auch, dass es völlig offen ist, ob es uns gelingt, eine Waffenruhe zu erreichen durch diese Gespräche."

Merkel betonte, Hollande und sie seien "keine neutralen Vermittler". Sie verträten europäische Interessen: "Es geht um Frieden, die europäische Friedensordnung, um ihre Aufrechterhaltung. Und es geht um die freie Selbstbestimmung von Völkern (...). Wir tun das, was wir glauben, was in dieser Stunde unsere Aufgabe ist: nämlich alles zu tun, um dem Blutvergießen ein Ende zu bereiten."

Und dann stellte sie noch einmal klar, dass sie nicht, wie es in einem Medienbericht hieß, über Grenzen verhandele: "Als deutsche Bundeskanzlerin werde ich nie über den Kopf eines anderen Landes hinweg - in diesem Fall der Ukraine - mich mit irgendwelchen territorialen Fragen beschäftigen. Das schließt sich aus."

Zugeständnisse für russisch geprägte Gebiete nötig

Gleichwohl gehen viele Beobachter in Kiew und in Moskau davon aus, dass es einen Frieden in der Ukraine wohl nur geben kann, wenn es für den russisch geprägten Donbass Zugeständnisse gibt. Im Gespräch sind eine Feuerpause mit einer neuen Waffenstillstandslinie sowie Autonomierechte für die von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiete.

Das ist die russische Linie. Putin hatte zuletzt in einem Brief an Poroschenko - wie schon im September - den Abzug schwerer Waffen und die Schaffung einer entmilitarisierten Zone verlangt. Zudem fordern die Russen direkte Verhandlungen der von ihnen unterstützten Separatisten mit der prowestlichen ukrainischen Regierung in Kiew. Poroschenko hatte dies bisher abgelehnt. Vorrangiges Ziel der Aufständischen ist es, Kiew zu einem Ende der Wirtschaftsblockade gegen den Donbass zu bewegen. In der Region herrscht eine humanitäre Katastrophe.

Allerdings zweifeln die Russen weiter daran, dass Poroschenko tatsächlich Herr der Lage ist und echte Macht hat, um eine Friedensinitiative durchzusetzen. Das Lager der politischen Falken in Kiew, das eine militärische Lösung des Konflikts fordert, gilt als extrem stark. Vor allem diese Kräfte hoffen auf Waffen aus den USA und anderen Nato-Staaten, um gegen die Separatisten vorzugehen.

US-Präsident Barack Obama traue vor allem Merkel die richtige Verhandlungsstrategie mit Putin zu, heißt es in deutschen Diplomatenkreisen. Ihr Nein zu Waffenlieferungen an das ukrainische Militär habe derzeit Gewicht. Für den Fall aber, dass die neue Friedensdiplomatie scheitere, könnten die USA ihren eigenen Weg gehen wollen. Und möglicherweise würde der EU-Rat nächste Woche dann auch über neue Sanktionen sprechen.

Treffen nützt derzeit vor allem Putin

Viele Male hat Merkel versucht, Putin in Vier-Augen-Gesprächen zum Einlenken zu bewegen. Ohne Erfolg. Zu dem Moskauer Treffen habe Putin Merkel und Hollande bei einem ihrer jüngsten Krisen-Telefonate eingeladen, sagt Berater Juri Uschakow. Die russischen Staatsmedien dürften das einmal mehr als Punktsieg für Putin ausschlachten. Der Konfrontationskurs mit dem Westen beschert dem ihm hohe Popularitätswerte in den Umfragen.

Bei den Gesprächen in Moskau soll es zudem um einen möglichen Einsatz von Blauhelmsoldaten der Vereinten Nationen gehen, die eine Waffenruhe überwachen könnten. Experten arbeiteten bereits an einem entsprechenden Vorschlag, heißt es im Außenministerium. Damit würde der Konflikt in der Ostukraine "eingefroren". Der Politologe Dmitri Trenin vom Carnegie Center hält dies für die "beste Option", um das Blutvergießen zu stoppen. "Ein Scheitern der Diplomatie und US-Waffen für die Ukraine würden zu einer Kollision Russlands mit der Nato führen", warnt der Experte. Im Klartext bedeutet das: Krieg.

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