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So heimtückisch tötet Polonium-210


Strahlenkrankheit
So heimtückisch tötet Polonium-210

Von Cinthia Briseño

06.11.2013Lesedauer: 3 Min.
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Vorsicht, radioaktiv: Kleinste Mengen Polonium-210 genügen, um zu töten (Quelle: Reuters-bilder)
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Es war ein Attentat wie in einem Thriller: Auf rätselhafte Weise erkrankte 2006 der russische Ex-Spion Alexander Litwinenko und siechte qualvoll dahin. Die Haare fielen ihm aus, er wurde immer schwächer, es kam zu Blutungen. Am 23. November starb er schließlich in einem Londoner Krankenhaus - an einer "hohen Dosis" Polonium-210.

Auch bei Jassir Arafat spielte das Gift vermutlich eine Rolle. Schweizer Wissenschaftler haben Poloniumspuren in seinen Rippen, im Becken und im Erdreich um sein Grab gefunden. 18fach über dem Normalwert sollen sie liegen.

Alphastrahlung wird leicht abgeschirmt

Polonium-210 ist eines von 25 Isotopen des chemischen Elements Polonium. In geringsten Mengen kommt es in der Natur vor: Sowohl im menschlichen Körper ist es zu finden als auch in der Luft, Erde oder in Tabak. Aufgrund seiner chemischen Eigenschaften ist das Isotop instabil und zerfällt - mit anderen Worten: Polonium-210 ist radioaktiv.

Bei der Strahlung, die Polonium abgibt, handelt es sich um die Alphastrahlung. Diese besteht aus Elementarteilchen und ist normalerweise ungefährlich, wenn sie von außen auf den Körper trifft. Die menschliche Haut genügt als Barriere, um die Alphastrahlung abzuschirmen. Auch für jenen, der das Polonium-210 etwa in einem Glasfläschchen transportiert, besteht deshalb keine Gefahr.

Zellstrukturen werden zertrümmert

Anders ist es, wenn Polonium-210 in den Körper gelangt - entweder über das Essen, über Getränke oder durch Einatmen. Dann entfaltet die Strahlung ihre zerstörerische Wirkung. Je nach Dosis langsam binnen Wochen oder schnell binnen Tagen.

Zwar wird ein großer Teil des aufgenommenen Poloniums direkt wieder ausgeschieden. Doch über den Blutstrom erreicht der Rest verschiedene Gewebe und Organe. Dort hat die Alphastrahlung eine so große Energie, dass sie Zellstrukturen geradezu zertrümmert. Zudem schädigt sie die DNA. Ist das Erbgut zu schwer beschädigt, stirbt die Zelle ab. Vor allem bei jenen Zellen, die sich schnell teilen macht sich das als erstes bemerkbar - etwa bei Knochenmarks- oder Darmzellen.

Haarausfall und Blutungen aus Mund oder Nase

Ein Prozess kommt in Gang, der als gefährliche Strahlenkrankheit bekannt ist. Meist fängt es mit Schwindel und Kopfschmerzen an. Später kommen Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Müdigkeit hinzu. Auch Jassir Arafat soll seiner Witwe zufolge 2004 als 75-Jähriger und gesunder Mann nach einer Mahlzeit über Übelkeit geklagt haben. Vier Wochen später, am 11. November, war er tot.

Im weiteren Verlauf der Strahlenkrankheit treten unkontrollierte Blutungen etwa aus Nase, Mund oder Rektum auf, es kommt zu Haarausfall und Blutarmut. Im schlimmsten Fall kollabiert der Körper: Koma, Kreislaufversagen und ähnliche dramatische Auswirkungen können den Tod bringen. Bei weniger hohen Dosen sind Leber- und Blasenkrebs, Leukämie und ähnlich schwere Erkrankungen die Folge.

Geringe Halbwertszeit

Nach Angaben des Bundesinstituts für Strahlenforschung (BfS) reicht weniger als 0,1 Mikrogramm (Millionstel Gramm) Polonium-210 für einen tödlichen Giftanschlag aus. Gleichwohl: Nur wenige Länder können es mit Hilfe eines Nuklearreaktors herstellen. Schätzungen zufolge werden weltweit gerade einmal hundert Gramm pro Jahr produziert. Wie hoch die Polonium-210-Menge bei Arafat gewesen sein könnte, die ihn vermutlich tötete, ist vollkommen unklar.

Am einfachsten lässt sich Polonium-210 im Körper über Urinproben nachweisen. Etwas aufwendiger ist der Nachweis über Stuhlproben. Doch im menschlichen Körper beträgt die Halbwertszeit von Polonium-210 nur 50 Tage. Das heißt, nach 50 Tagen ist die Hälfte der aufgenommenen Menge zerfallen.

18fach erhöhter Wert bei Arafat

Ob die gefundenen Poloniumspuren im Körper und im Grab von Arafat genügen, um eindeutig zu beweisen, dass er damit vergiftet wurde, ist deshalb nach wie vor ungewiss. Die Menge an Polonium-210, die natürlich im Körper und im Boden vorkommt, beträgt lauf BfS 60 Becquerel. Unklar ist, ob sich der 18fach erhöhte Wert in den Untersuchungsergebnissen der Schweizer Wissenschaftler darauf bezieht.

Laut "Guardian" sind selbst sie mit einer endgültigen Aussage vorsichtig. In ihrem Prüfungsbericht heißt es: Die Resultate "unterstützen moderat die These, dass der Tod die Folge der Vergiftung mit Polonium-210 war".

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