Für 1,5-Grad-Ziel Staaten müssen Klimaschutzbemühungen versiebenfachen
Die Klimaschutzpläne der Weltgemeinschaft reichen nicht aus, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Wie ein Bericht der Vereinten Nationen zeigt, steuert die Erde derzeit auf eine deutlich stärkere Erwärmung zu.
Kurz vor Beginn der UN-Klimakonferenz in Glasgow hat die UNO einen alarmierenden Bericht über die aktuelle Klimapolitik der Weltgemeinschaft veröffentlicht: Die Staaten müssen demnach ihre Klimaschutzbemühungen zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels versiebenfachen. Mit den derzeitigen nationalen Klimaschutzplänen lasse sich der Treibhausgasausstoß bis 2030 nur um 7,5 Prozent reduzieren, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Bericht des UN-Umweltprogramms (Unep).
Um die Erderwärmung wie im Pariser Klimaabkommen vereinbart auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen, sei jedoch eine Verringerung um 55 Prozent – also des rund Siebenfachen – notwendig. Selbst für das 2-Grad-Ziel wäre demnach eine Reduktion um 30 Prozent erforderlich.
"Acht Jahre Zeit"
"Um eine Chance zu haben, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, haben wir acht Jahre Zeit, um die Treibhausgasemissionen fast zu halbieren", erklärte Unep-Exekutivdirektorin Inger Andersen. "Die Welt muss aufwachen und sich der drohenden Gefahr bewusst werden, der wir als Spezies gegenüberstehen."
Der Unep-Bericht "Emissions Gap Report" ermittelt alljährlich die Lücke zwischen den zu erwartenden Emissionen und den Werten, die für eine Erreichung der Pariser Klimaziele notwendig sind. Die internationale Gemeinschaft hatte sich Ende 2015 in Paris darauf verständigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst aber auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen.
Drohende Erwärmung von 2,7 Grad
Die Unterzeichnerstaaten haben sich mit dem Pariser Klimaabkommen verpflichtet, alle fünf Jahre neue, ambitioniertere nationale Klimaschutzbeiträge (NDC) zur Reduzierung des Treibhausgasausstoßes vorzulegen. Doch laut Unep steuert die Welt mit den von rund 120 Staaten vorgelegten Plänen auf eine Erwärmung von 2,7 Grad in diesem Jahrhundert zu.
Die Corona-Pandemie habe 2020 zwar zu einem "beispiellosen" Rückgang der globalen Emissionen um 5,4 Prozent geführt, heißt es in dem Bericht. Doch selbst dieser Einschnitt reiche nicht aus, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.
Die Weltgemeinschaft muss demnach ihre Emissionen von Kohlendioxid oder seinem Äquivalent in anderen Treibhausgasen bis 2030 jährlich um 28 Milliarden Tonnen verringern. Zum Vergleich: Allein die Kohlendioxid-Emissionen werden im Jahr 2021 voraussichtlich bei 33 Milliarden Tonnen liegen.
"Bei weitem nicht ausreichend"
Anne Ohloff, Mitautorin des Berichts, sieht zwar "einige Fortschritte" seit dem Pariser Abkommen. So würden durch die neuen Klimaziele der Staaten bis 2030 vier Milliarden Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr eingespart. "Aber das ist natürlich bei weitem nicht ausreichend", betonte sie. "Insgesamt sind wir sehr weit von dem Punkt entfernt, an dem wir sein sollten."
Würden alle Staaten ihre Netto-Null-Emissionsziele vollständig umsetzen, könnte laut dem Unep-Bericht die Erderwärmung mit einer 66-prozentigen Wahrscheinlichkeit auf 2,2 Grad beschränkt werden. Insgesamt haben 49 Länder, die für rund die Hälfte der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, Netto-Null-Emissionen zugesagt. Die Unep kritisiert jedoch, deren Pläne seien "vage und spiegeln sich nicht in den NDCs wider".
Methan-Emissionen verringerbar
In dem diesjährigen Unep-Bericht wurde insbesondere die Rolle von Methan, einem der stärksten Treibhausgase, in der Klimakrise unter die Lupe genommen. Dabei kamen die Experten zu dem Schluss, dass sich mit bereits existierender Technologie und nur geringen oder gar keinen Kosten die vom Menschen verursachten Methan-Emissionen um 20 Prozent pro Jahr verringern ließen.
Der Unep-Bericht wurde wenige Tage vor der UN-Klimakonferenz COP26 veröffentlicht, die als entscheidend für die Erreichung der Pariser Klimaziele gilt. Vom 31. Oktober an verhandeln die Regierungen im schottischen Glasgow darüber, wie sie die Ziele des Abkommens konkret einhalten können.
- Nachrichtenagentur AFP