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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Intellektueller Jeremy Rifkin "Die fossile Ökonomie kollabiert vor unseren Augen"
Die Welt von Öl und Gas bricht zusammen, so oder so, sagt Jeremy Rifkin. Entweder die radikale Wende beginnt oder die Katastrophe folgt. Aber es gibt Grund zur Hoffnung.
Dass die Erderhitzung eine ernsthafte Bedrohung ist, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Dass die Menschheit aufhören muss, fossile Energieträger zu verfeuern, ist auch noch bekannt. Aber wie eine neue Gesellschaft danach aussehen kann, da mangelt es an Ideen und Visionen.
Jeremy Rifkin hat eine: die Vision eines globalen Green New Deals, einer ganz neuen, datengetriebenen, politisch anders gesteuerten Zukunft. Und er hat auch eine überraschende Begründung dafür, dass Öl und Gas auch wirtschaftlich keine Zukunft haben.
Rifkin, 74, ist Publizist, Aktivist, Politikberater, Buchautor, vielleicht müsste man auch sagen: Weltintellektueller. Nicht immer streng wissenschaftlich, aber begnadet als Erzähler, kühn als Vordenker und viel gehört als Berater. Am liebsten schreibt er große Bücher über große Themen. Mit seiner Beratungsfirma arbeitet er mit mehreren Gemeinden in Frankreich, den Niederlanden und Luxemburg am Umbau der Gesellschaft für das, was er dritte industrielle Revolution nennt.
Der Berufsvisionär empfängt zum Interview in einem Hotel nahe dem Brandenburger Tor. Draußen zieht eine Gruppe von Aktivisten der "Extinction Rebellion" vorbei. Drinnen breitet Rifkin das große Panorama aus.
Herr Rifkin, wie steht es um das Klima – und den Menschen?
Die Erde erhitzt sich, dadurch ändern sich Wasserzyklen auf diesem Wasserplaneten, das führt zu Starkregen, Schneestürmen, Dürren. Die Folgen des Klimawandels werden immer sichtbarer. Die machen Angst und das sollten sie auch. Kinder fragen Eltern, ob sie selbst noch Kinder haben werden.
Dass sich deshalb die Gesellschaft ändern muss, sagen viele – Sie sagen außerdem, dass die fossile Wirtschaft sowieso zusammenbrechen wird, aus ökonomischen Gründen.
Ja, wir brauchen einen globalen Green New Deal, denn die fossile Ökonomie kollabiert vor unseren Augen.
Tut sie das? Ist mir bisher nicht aufgefallen.
In diesem Jahr 2019 fielen die Kosten für Solaranlagen und Windanlagen, die so groß sind, dass sie Strom ins allgemeine Netz einspeisen, unter die Kosten für Erdgasanlagen. Erneuerbare Energien sind schon lange viel günstiger als Kohle und Atomenergie, aber jetzt sogar das! Und die Kosten werden weiter sinken. Die Fixkosten für Anlagen fallen und fallen und die Betriebskosten sind extrem niedrig – die Sonne schickt keine Rechnung.
Woher kommt diese Entwicklung?
Deutschland hat dazu viel beigetragen, als es das Ziel mit durchgesetzt hat, EU-weit 20 Prozent Erneuerbare bis 2020 zu schaffen. Das hat den Ausbau der Erneuerbaren extrem beschleunigt. Der Markt hat reagiert. Die Kosten sanken. China zog nach. Die Kosten sanken weiter. Das ändert die Grundlagen der fossilen Gesellschaften.
Führen Sie das gern aus. Was ändert sich genau?
Weltweit gibt es Billionen Dollar an sogenannten gestrandeten Anlagewerten – Raffinerien, Pipelines, Pumpen. Das Zeug verliert jetzt schon an Wert, weil Investoren vor allem in die Zukunft schauen. Die Bank "Citigroup" hat das als erste aufgeschrieben. Da entsteht die größte Blase aller Zeiten. Neue Anlagen werden gebaut, aber die werden sich nicht amortisieren können.
Erneuerbare Energien werden immer günstiger, aber der Ausbau geht langsam voran. Und der Marktanteil ist immer noch extrem gering.
Es ist nicht so wichtig, wie groß ein Marktführer ist – wichtig ist, wie schnell ein Herausforderer wächst. Darauf schauen Investoren. Als elektrisches Licht begann, Gaslaternen zu verdrängen, war der Kipp-Punkt ein Marktanteil von drei Prozent: Da verschoben sich die Investitionen, die Gaslaternen hatten verloren.
Und das passiert jetzt wieder?
Wir schätzen, dass der Kipp-Punkt für Solar und Wind bei 14 Prozent Marktanteil liegt: Da beginnen sich die Investitionen zu verlagern. Deutschland ist darüber hinweg. In den USA werden wir diese Schwelle wohl 2023 erreichen, global wohl um 2028. Dann ist Game Over für die fossile Industrie. Man kann dann immer noch Kohlekraftwerke und Pipelines bauen, aber die werden sich nicht lohnen. Der Markt hat gesprochen.
Gut, nehmen wir an, dass alles stimmt, was Sie sagen – was, wenn die Politik nicht zuhört?
Sie haben den wunden Punkt entdeckt. Märkte erschaffen keine Infrastruktur. Regierungen erschaffen Infrastrukturen. Wenn die Regierungen nicht an jedem Ort der Welt die Infrastruktur revolutionieren, hängen wir alle in der Luft.
Was dann?
Dann kollabiert die fossile Industrie trotzdem, aber die neue Wirtschaft kann sich nicht verbreiten. Das wollen wir nicht erleben.
Wenn Sie sagen, die fossile Industrie kollabiert trotzdem, nehmen Sie aber an, dass zumindest ein relevanter Akteur in das Neue so viel investiert, dass die Preise weiter fallen. Ist das China? Und ist Ihr Buch auch ein Appell an die USA, aufzuwachen?
Ja, China und auch die EU sind viel weiter. Ich arbeite eng mit der chinesischen Führung zusammen, deren Fünfjahresplan integriert diese Analyse im Kern und dort kennen die Profis auch alle diese Ideen.
Wie lange haben wir Ihrer Ansicht nach, um eine neue Infrastruktur aufzubauen?
Die Grundzüge einer solchen Infrastruktur müssen wir in zehn Jahren haben – glücklicherweise können wir annehmen, dass das geht, weil es in der ersten industriellen Revolution 30 Jahre dauerte und in der zweiten 20 Jahre.
Dafür braucht es dann einen globalen Green New Deal. Wie stellen Sie sich den politisch vor?
Nicht so, wie eine romantische Neuauflage des New Deals von 1932, wie ihn sich die US-Demokraten vorstellen, von denen ich viele bewundere. Die Bundesregierung hat damals zentral Leute eingestellt und Projekte gesteuert – diesmal wird das nicht gehen.
Wie dann?
Es wird auf Steuerung auf der regionalen und lokalen Ebene ankommen. Nationale Regierungen müssen die Geschichte dazu liefern, das große Bild, und alles zusammenfügen und angleichen.
Wie sieht denn dieses große Bild aus?
Dazu müsste ich etwas ausholen, darf ich?
Bitte.
Es gab in der Geschichte etwa sieben große wirtschaftliche Paradigmenwechsel und sie haben eines gemeinsam: Sie traten auf, als Neuerungen in drei zentrale Technologien zusammenflossen und eine neue Infrastruktur erschufen. Erstens neue Kommunikationsmöglichkeiten; zweitens neue Energiequellen; drittens neue Mobilitätsformen und Transportmöglichkeiten. Wenn Änderungen auf diesen drei Gebieten zusammenfallen, ändern sie die raumzeitliche Orientierung von Gesellschaften. Sie ändern die Steuerungsformen der Politik. Sie ändern die Geschäftsmodelle. Sie ändern auch die Narrative und Weltsicht.
Erklären Sie das mal an einem Beispiel.
Die erste industrielle Revolution wurde möglich, weil man in Großbritannien dampfbetriebenes Drucken und das Telegraphensystem erfand – das war die kommunikative Revolution. Dann kam die Dampflokomotive – was den Transport und die Mobilität revolutionierte. Beides möglich gemacht durch die Dampfmaschine und Kohle. Die zweite industrielle Revolution in den USA in den 1920ern wurde möglich durch Elektrifizierung, das Telefon und später das Fernsehen, das Auto vom Fließband und all das befeuert durch das Erdöl aus Texas. Highways entstanden, Telefonnetze, Vorstädte.
Und jetzt, in der dritten industriellen Revolution, wie Sie sagen, sieht das große Bild wie aus?
Wir müssen dafür sorgen, dass das Kommunikationsinternet, das Energieinternet erneuerbarer Energien und ein Mobilitätsinternet aus Elektro- und Brennstoffzellenfahrzeugen verschmelzen, ausgestattet mit Sensoren, verbunden über das Internet der Dinge und mit den Menschen zu einem globalen neuronalen Netz, als Nervensystem der ökologischen Gesellschaft. Das sagt aber keiner so, es fehlt Erzählung, das Narrativ, der Überbau. Ohne Überbau endet man mit tausend unverbundenen Pilotprojekten, aber nicht in einer neuen Wirtschaft.
Nehmen wir an, nationale Regierungen wären willens und in der Lage, diesen Überbau zu liefern: Welche Politiken muss eine nationale Regierung umsetzen?
Das allerwichtigste ist der Aufbau von intelligenten, leistungsfähigen Energienetzen. Bestimmt 90 Prozent der Kosten muss der Staat übernehmen. Dazu kommt der Abbau von fossilen Subventionen, eine CO2-Steuer, Förderung für den Aufbau von erneuerbaren Energien, Speichertechnologien und robusten Datenzentren, damit im Fall von Naturkatastrophen und Cyberterrorismus nicht alles zusammenbricht. Insgesamt mache ich im Buch 23 Vorschläge.
Wie sollen Staaten diese Ausgaben finanzieren?
Die Transformation mit Steuergeld zu finanzieren, wie es die deutsche Regierung will, ist absurd. Es gibt da draußen Billionen Euro, die neue Anlagemöglichkeiten suchen. Der Schlüssel sind die Pensionsfonds. Die sind der größte Haufen von Kapital auf der Welt. Die vereinen global 41 Billionen Dollar – und sie haben gesehen, was in der Kohleindustrie passierte. Die Unternehmen gingen pleite, das Ersparte der Arbeiter war weg und die Arbeiter waren wütend. Jetzt suchen diese Pensionsfonds neue Anlagemöglichkeiten jenseits der fossilen Industrie. Die sitzen auf all dem Geld – und wissen nicht wohin damit!
Was müsste man tun, damit sie wissen, wohin?
Man braucht grüne Banken, die grüne Anleihen ausgeben. Würde es in Deutschland grüne Banken geben, würden die Pensionsfonds sie mit Geld bewerfen. Die brauchen Projekte, die skalieren, nicht zwei Busse in der einen Stadt und einen Radweg in der nächsten Stadt. Ich würde sagen: Alle 16 Bundesländer sollten grüne Banken gründen und grüne Anleihen ausgeben, die für den Aufbau einer neuen Infrastruktur genutzt werden. Und sie sollten das am besten morgen früh machen.
Es gibt die Idee in Deutschland, Kleinsparern überdurchschnittliche Zinsen zu garantieren, wenn sie so etwas tun.
Nun, die großen Fonds werden niedrige Renditen akzeptieren, weil sie Planungssicherheit wollen, während da draußen die fossile Industrie zusammenbricht.
Nehmen wir weiter an, Regierungen zapfen dieses Kapital an und bauen die Infrastruktur aus: Dann kommen die lokalen und regionalen Regierungen ins Spiel?
Die Wirtschaft der ersten industriellen Revolution brachte starke Nationalstaaten und nationale Ökonomien, die zweite industrielle Revolution brachte starke Nationalstaaten und eine globalisierte Wirtschaft und die dritte industrielle Revolution wird wegen ihrer verteilten Infrastruktur die Glokalisierung bringen. In der fossilen Welt war alles zentralisiert, auch weil fossile Energien so teuer sind. Die Unternehmen mussten sich anpassen und die Politik auch. Das Energieinternet ist verteilt, das Kommunikationsinternet auch. In der neuen Ökonomie muss man Netzwerkeffekte nutzen, sich vernetzen, kooperieren. Wir brauchen in Europa Tausende von kleinen und mittleren High-Tech-Unternehmen und -Kooperativen. Deshalb ist eine andere Art der politischen Steuerung unausweichlich!
Wie stellen Sie sich die vor?
Jede Community, jede Stadt, jede Gemeinde, jede Region muss sich einen Widerstandsmodus als Normalität angewöhnen. In Katastrophenfällen arbeiten alle gesellschaftlichen Gruppen, Unternehmen, Organisationen, Regierungen zusammen, keine Regierung kann das allein. So einen Modus müssen wir institutionalisieren, nicht nur, weil Naturkatastrophen häufiger werden.
Klingt herausfordernd.
Es ist herausfordernd, aber möglich. Das wissen wir, weil es schon Beispiele gibt. In Frankreich sollte ich mit meiner Organisation helfen, eine alte Industrieregion im Norden im Sinne der dritten industriellen Revolution umzubauen. Ich sollte einen Plan machen und sagte: Auf keinen Fall, ein Plan wird im Regal verstauben. Sie müssen alle gesellschaftlichen Gruppen zusammenbekommen, dann melden Sie sich wieder.
Und?
Die Regionalregierung kam wirklich wieder, aber ich sagte: Ich mache immer noch keinen Plan. Ihre Regierung muss mehr tun, sie muss echte Zusammenarbeit bewirken, Tausende Menschen zusammenbringen. Sie muss 300 Menschen für ein Jahr zu einer Versammlung von Gleichberechtigten zusammenführen, in der auch Kinder sitzen. Wer nur zu seinem Vorteil arbeitet, fliegt raus. Wenn Sie das haben, dann machen wir einen Plan. Sie haben es gemacht. Und siehe da, es funktioniert. Da entsteht ein ganz neuer Geist, die Leute denken an die Zukunft. Sie übernehmen Verantwortung. In Luxemburg und den Niederlanden gibt es so etwas auch.
Klingt nach einer ganz neuen Form von Politik, nach einer Abkehr vom Zentralismus, von der Dominanz der Nationalstaaten – das bedeutet: Die müssen Kontrolle abgeben. Nicht sehr populär, würde ich vermuten, besonders in autoritären Staaten wie in China.
Das stimmt. Keine Regierung mag das, auch die großen Akteure mögen es nicht, weil sie Kontrolle verlieren. In China sind es außerdem vor allem Staatskonzerne, die fossile Industrien kontrollieren. Aber am Ende geht es nur so.
Wir beginnen allerdings diesen Prozess in einer Staatenwelt, also reden wir noch mal über Deutschland. Wie bewerten Sie deutsche Klimapolitik?
Ich bin ein großer Fan von Angela Merkel. Deutschland hat irres Glück mit seinen Parteien, mit den Grünen, die Druck machten, Gott sei Dank, mit den Sozialdemokraten und der CDU, die sich bewegt haben. Ohne diese drei Parteien gäbe es weltweit keine Bewegung. Die Energiewende ist insgesamt ziemlich gut gelungen.
Das war die Bewertung der Zeit vor zehn und mehr Jahren. Wie sieht es in jüngerer Vergangenheit aus?
Der Kohlekompromiss ist ein interessanter Versuch, mit 40 Milliarden einen gerechten Übergang von Kohle in die neue Zeit zu schaffen. Das war echte Führung von Merkels Regierung. Die ganze Welt schaut auf dieses Experiment! Auch das Gesetz zum schnelleren Ausbau eines intelligenten Netzes ist wichtig. Jetzt kommt das Aber: Das Klimapaket reicht nicht.
Das deutete sogar die Kanzlerin an. Aber mehr sei nicht möglich, sagte sie. Die Politik hat offenbar mehr Angst vor Gelbwestenprotesten, die es eventuell geben könnte, als vor den Folgen der Erderhitzung oder vor den realen Protesten von Millionen.
Eine CO2-Steuer ist nötig, aber man muss die Einnahmen zu einem Großteil direkt wieder zurückgeben an die Menschen, jeden Monat. Am besten so gewichtet, dass die Ärmsten mehr bekommen. Die kriegen dann teilweise sogar mehr zurück, als sie durch steigende Preise zahlen. Das schiebt den ganzen Druck auf die fossile Industrie. Das funktioniert. Das ist fair. Es hätte keine Gelbwesten gegeben, wenn Macron sich daran gehalten hätte.
In Deutschland wurde dieses Modell diskutiert, das Umweltministerium hatte gleich drei Gutachten eingeholt. Die Regierung hat sich dagegen entschieden.
Das wusste ich nicht. Das ist Wahnsinn! Wieso?
Das Hauptargument der Gegner war, dass eine CO2-Steuer keine Lenkungswirkung haben könne, wenn das Geld komplett wieder ausgezahlt wird.
Aber das ergibt überhaupt keinen Sinn! Es geht doch nicht um die Menschen, sondern die Industrie, auf die Druck ausgeübt wird. Die CO2-Steuer wird dafür sorgen, dass die fossile Industrie schrumpft, weil es immer teurer wird, CO2 auszustoßen. Ich wiederhole mich: Das hätte funktioniert. Und es wäre fair gewesen.
Meine Vermutung ist: Wenn Menschen überhaupt über eine neue, grüne Gesellschaft nachdenken, stellen sie sich die so vor wie die heutige, nur mit Elektroautos statt Verbrennern. Ihre Vision – lokal, vernetzt, datengetrieben – ist sehr anders. Ist das die einzig denkbare, oder nur eine mögliche?
Ich glaube, es ist die einzige Vision, die funktionieren kann, weil sie auf der Entwicklung der neuen Infrastruktur von Kommunikation, Energie, Mobilität aufbaut. Wir kennen nur diese und sie kann uns in eine Welt ohne Treibhausgasemissionen bringen.
Daran glauben Sie wirklich?
Ja, alles, was ich hier erzähle, hat schon einmal irgendwie funktioniert! Technisch und ökonomisch ist es möglich. Wir können die nötige Infrastruktur in Grundzügen in zehn oder zwölf und die volle in 20 Jahren aufbauen. Deshalb sage ich, es gibt keine Entschuldigung! Aber dazu muss sich alles zusammenfügen. Der Pfad ist rasiermesserdünn. Die Frage ist, ob wir das Bewusstsein schaffen.
Und, was glauben Sie? Schaffen wir das?
Ich habe den Eindruck, dass das Gefühl zu wachsen beginnt, dass wir eine Familie sind. Jetzt brennt der Amazonas, und der französische Präsident ruft: Hier brennt die Lunge unseres Planeten! Das ist das neue globale Verständnis des Menschen als eine Art, das vor allem auch die Jugend lebt. Während der brasilianische Präsident sagt, der Amazonas sei sein souveränes Territorium. Das ist das alte Bewusstsein und es ist immer bereit gewesen, gegen das Neue in den Krieg zu ziehen.
Sie reden sehr wohlwollend von der protestierenden Jugend.
Als alter Mann, der sich seit 45 Jahren mit Umweltfragen beschäftigt, kann ich sagen: Ich bin so beglückt! Diese jungen Leute wecken mit gewaltlosem Widerstand die ganze Welt auf. Was die jungen Leute tun, gab es in der Geschichte der Menschheit noch nie – das ist die erste planetare Revolte einer Generation! Da sind Millionen auf der Straße und bald werden Hunderte Millionen demonstrieren, eine ganze Generation eben. Das verändert alles. Zum ersten Mal verstehen die jungen Menschen, dass sie zu einer bedrohten Art gehören, zum Homo Sapiens.
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Bedroht durch sich selbst.
Ja, der Mensch hat das sechste Massenaussterben der Erdgeschichte ausgelöst. Wir sind dabei, in achtzig Jahren rund die Hälfte der Tierarten zu verlieren, schneller als je zuvor. Jetzt bedroht es ihn selbst, auch der Mensch ist vom Aussterben bedroht. Wenn wir es nicht schaffen, uns als Einheit zu begreifen, bricht Chaos aus, dann bricht die Zivilisation zusammen. Selbst die Superreichen haben in einer erhitzten Welt keinen Ort, an dem sie sich verstecken können.
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