Fast 47 Prozent der Stimmen "Trump Brasiliens" liegt nach dem ersten Wahlgang vorn
Die brasilianischen Wutbürger haben gesprochen: Der Rechtsextremist Jair Bolsonaro geht als klarer Sieger aus dem ersten Wahlgang hervor. In der Stichwahl trifft er auf den Nachfolger des noch immer beliebtesten Politikers des Landes: Lula da Silva.
Der Rechtspopulist Jair Bolsonaro hat die erste Runde der Präsidentenwahl in Brasilien klar gewonnen. Der Ex-Militär erhielt 46,70 Prozent der Stimmen, wie das Wahlamt am Sonntag nach der Auszählung fast aller Wahlurnen mitteilte. An zweiter Stelle lag Fernando Haddad von der linken Arbeiterpartei mit 28,37 Prozent der Stimmen. Die beiden Bestplatzierten treffen in drei Wochen in der Stichwahl aufeinander.
Der linke Bewerber Ciro Gomes kam auf 12,52 Prozent, der Mitte-Rechts-Kandidat Geraldo Alckmin auf 4,83 Prozent. Für Henrique Meirelles, Wunschkandidat des amtierenden Staatschefs Michel Temer, stimmten sogar nur 1,21 Prozent der Wähler.
Der Ex-Militär Bolsonaro spricht öfter abfällig über Minderheiten und lobt die Militärdiktatur (1964–1985). Angesichts der ausufernden Kriminalität kommen die Forderungen Bolsonaros, genannt "Trump Brasiliens", nach einer Politik der harten Hand bei vielen Wählern gut an. "Er wird den Banditen geben, was sie verdienen: Kugeln", sagte Cássio Freire, der mit Dutzenden anderen Anhängern von Bolsonaro zu dessen Haus in Rio de Janeiro gekommen war.
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Lula durfte nicht antreten
São Paulos früherer Bürgermeister Haddad ging für die linke Arbeiterpartei PT von Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva ins Rennen. Zunächst wollte der wegen Korruption zu zwölf Jahren Haft verurteilte Lula selbst antreten, dann aber untersagte ein Gericht die Bewerbung des noch immer populären Politikers. Haddad ist zwar nicht so charismatisch wie sein politischer Ziehvater, ein bisschen von seinem Glanz fällt aber auch auf ihn ab.
Viele stimmten wohl auch für Haddad, um den Rechtspopulisten Bolsonaro zu verhindern. "Ich habe Haddad gewählt", sagte der 20-jährige Rafael de Jesus nach seiner ersten Wahl in São Paulo. "Nicht, dass ich ihn gut finde, aber er ist der am wenigsten Schlechte."
Die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas steckt in einer tiefen Krise. Zahlreiche Politiker sind in Korruptionsskandale verwickelt, die Wirtschaft läuft nur schleppend und die Gewalt nimmt immer weiter zu. Über 60.000 Menschen wurden im vergangenen Jahr getötet – in den Favelas liefern sich Drogenbanden und die Sicherheitskräfte regelmäßig stundenlange Schießereien.
Das Land ist tief gespalten
Fast religiös ist die Verehrung vieler armer Brasilianer für Ex-Präsident Lula und seine Arbeiterpartei, die sie mit milliardenschweren Sozialprogrammen aus der bittersten Armut geholt haben. In der Mittel- und Oberschicht hingegen herrscht tiefes Misstrauen gegen die Linken, die sich in den Boomjahren selbst die Taschen füllten.
Bolsonaro stellt sich als Anti-System-Kandidat dar, der mit dem Politzirkus nichts zu tun hat. "Ich werde den Saustall Brasília ausmisten", versprach der Hauptmann der Reserve. Dabei ist der 63-Jährige selbst ein Insider: Seit fast drei Jahrzehnten mischt er in der Politik mit, saß für neun verschiedene Parteien im Parlament. Allerdings wurde er bislang nie mit den großen Korruptionsskandalen in Verbindung gebracht.
- AFP, dpa