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Zwei Tweets von Donald Trump und die G7 liegen in Scherben


Gipfel-Eklat aus dem Nichts
Zwei Trump-Tweets und die G7 liegen in Scherben

dpa, Martin Bialecki

Aktualisiert am 10.06.2018Lesedauer: 4 Min.
Donald Trump verlässt den G7-Gipfel: Noch niemand hatte da geahnt, dass es zum großen Eklat kommen würde.Vergrößern des Bildes
Donald Trump verlässt den G7-Gipfel: Noch niemand hatte da geahnt, dass es zum großen Eklat kommen würde. (Quelle: Sean Kilpatrick/The Canadian Press/ap-bilder)

Der G7-Gipfel endet dank Donald Trump mit einem großen Knall. Der US-Präsident, dessen Land die Gipfeltreffen einst mitinitiierte, hat erneut gezeigt, was er unter Diplomatie versteht.

Der Gipfel in Kanada ist lange zu Ende, da holt Donald Trump den Hammer raus. Alle Delegationen sind aus La Malbaie abgereist, die Pressekonferenzen gehalten, mühsam hatten sich die G7 zu einer gemeinsamen Erklärung durchgerungen - da platzt dem US-Präsidenten in der Air Force One der Kragen. Einmal mehr schreibt Trump Geschichte auf Twitter: Längst auf dem Weg nach Asien, zieht er stocksauer die Unterstützung des Dokuments zurück. Was ist passiert?

In zwei wuchtigen Tweets gibt der Amerikaner dem Gastgeber des G7 die Schuld, Kanadas Premier Justin Trudeau. Ein falsches Statement habe der nach dem Gipfel abgegeben, nachdem er sich zuvor so bescheiden und demütig gegeben habe. Unehrenhaft sei das und schwach, poltert Trump. Mit ihren Zöllen reagierten die USA doch nur auf die Handelspolitik Kanadas! Einmal mehr stellt er sein Land als Opfer dar.

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Ist das der Bruch der G7? Spaltung in G6 plus eins?

Trump ist ein extrem empfindlicher Mann, er lässt sich buchstäblich von niemandem etwas sagen. Da darf Kanadas smarter Premier ihm nicht sagen, er lasse sich nicht herumschubsen. Trump will, dass nach seinen Regeln gespielt wird – und nur nach seinen. Wer das nicht tut, den trifft des Dünnhäutigen Blitz. Und wenn es, wie hier, auf dem Flug nach Singapur ist. Dort will Trump am Dienstag Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un treffen. Seine Anhängerschaft setzt auf nichts weniger als den Friedensnobelpreis für ihren Meister.

Mit diesem Eklat treibt Trump den schon zuvor gesetzten Keil noch tiefer in die G7. Er stößt sie in eine völlig ungewisse Zukunft. Die Gruppe großer Industriestaaten befindet sich dank des wütenden Amerikaners auf unkartiertem Gelände. Es gibt keine Notfallpläne für diese Situation.

Die USA als geplündertes Sparschwein?

Dieser ganze Gipfel, er wirkte schon zuvor wie eine monumentale Hülle. Irgendwie festgefahren die Rituale und Zeremonien, das betont kraftvolle Händeschütteln, die bunten Flaggen vor traumblauem Wasser, das "Familienfoto". Drinnen aber kam diese Familie rasch vom Wir zum Ihr und Ich, und es muss richtig zur Sache gegangen sein – lange bevor Trump dann schließlich der große Kragen platzte.

Einen nach dem anderen, schreibt die "New York Times", habe sich Trump zur Brust genommen und geklagt, wo genau das jeweilige Land die USA ausnehme oder blockiere. Mancher Gescholtene habe ziemlich zurückgekeilt, schreibt das Blatt. In seiner abschließenden Pressekonferenz wählte Trump für sein Land – die größte Volkswirtschaft der Erde – das Bild eines "Sparschweins", das von allen ausgenommen werde, aber damit sei jetzt mal Schluss.

Wie selten zuvor düpierte der Amerikaner seine Partner. Vor dem Gipfel spreizte er sich, überhaupt zu kommen, auf dem Gipfel schenkte er Europäern und Kanadiern ein, am Ende klingelte er das Treffen satte fünf Stunden vor dem Ende ab und stieß markige Drohungen aus, während drinnen noch um Formulierungen gerungen wurde. Dann entschwand er, um Stunden nach Gipfelende den finalen Punkt zu setzen. Mehr Drama geht nicht.

Zukunft der Gipfeltreffen auf der Kippe

Trudeau, wiewohl sanft lächelnd, war nach Ende des Gipfels in der Tat deutlich geworden. Er hatte keinen Hehl aus Meinungsverschiedenheiten mit dem südlichen Nachbarn in Washington gemacht, war inhaltlich hart geblieben: Das mit den Zöllen, das gehe so nicht. Er dürfte stellvertretend für viele gesprochen haben. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte sich nach dem Gipfel dagegen deutlich zahmer gegeben als zuvor. Macron sah tatsächlich eine "Beruhigung" der G7. Nun, er ist Gastgeber der Gruppe im nächsten Jahr im schönen Biarritz – wenn es den Club dann noch gibt.

Trump hat diesen Gipfel dominiert wie niemand anders. Magnet aller Aufmerksamkeit, Bestimmer jeder Agenda, auch diesen Gipfel hat er eingeschmolzen in die große Reality Show, zu der er Politik umformt. Ob er seinen Vorschlag ernst meint, Russland wieder in eine Gruppe der G8 zu holen, weiß man nicht. Es wird bis auf weiteres eh nichts werden, weiß doch zunächst niemand, was nach der annullierten Unterstützung der USA für die Abschlusserklärung nun passieren soll.

Gleichwohl wird sich die G7 fragen müssen, ob die Zukunft dieses Formats tatsächlich darin bestehen kann, sich einmal im Jahr rituell in malerischer Abgeschiedenheit ihrer selbst zu vergewissern. In einigen Berichten klang Sympathie dafür an, dass Trump das langweilt.

Trump macht Jahrzehnte der Verständigung zunichte

Am St. Lorenz Strom sind parallele Universen zutage getreten. In einem davon agiert Trump. Die Europäer beschworen dagegen die Gemeinsamkeit, wussten in diesem Moment der Wahrheit aber nicht so recht, wie sie diesen gestalten sollen. Ihnen bleibt erstmal nur Schadensbegrenzung.

Nach 70 Jahren westlicher Allianz bringen anderthalb Jahre Trump Europa nahe heran an ein fundamentales Eingeständnis. Dass eintritt, was man schon länger befürchtet: Es könnte vielleicht schiefgehen mit diesen USA. Man ist sich sehr fremd geworden. Da mochte Trump, noch in Kanada, die Beziehungen zu den anderen Lenkern noch so sehr als "perfekt" beschreiben.

Trump geht weiter seinen Weg von Tag zu Tag. Eine irgendwie größere Landkarte gibt es nicht. Die gemeinsame Erklärung der G7, sie wollte noch zudecken, was innerlich zerbröselt: Was ist ein wiederholtes Bekenntnis gegen Protektionismus im wirklichen Leben wert, wenn ein Handelskrieg droht? Manchmal klaffen die Welten weit auseinander. Reporter, die mit Trump nach Asien reisen, beschrieben den Flug aus Kanada bei der Zwischenlandung auf Kreta als "weitgehend ereignislos".

Verwendete Quellen
  • dpa
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