Vergifteter Ex-Spion Experten bestätigen britische Erkenntnisse zum Nervengift
Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen hat die Identität des Giftes im Fall des früheren russischen Doppelagenten Sergei Skripal bestätigt. Deutschland fordert Aufklärung von Russland.
Russland gerät nach dem Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergei Skripal immer weiter in die Defensive: Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen bestätigt in ihrem Bericht die Erkenntnisse britischer Ermittler, ohne dabei jedoch explizit Russland zu nennen. Die britische Regierung macht Moskau für den Giftanschlag vom 4. März verantwortlich – Russland weist jede Verantwortung zurück und beschuldigt andere.
Blutproben bestätigen bisherige Untersuchungen
Bei einer Untersuchung von Blutproben von Skripal und seiner Tochter Julia seien die "Untersuchungsergebnisse Großbritanniens in Bezug auf die Identität der toxischen Chemikalie bestätigt" worden, erklärte die OPCW in einem in London vorgelegten Kurzbericht.
Das Auswärtige Amt begrüßte in einer Stellungnahme zu den Ergebnissen, dass "Großbritannien die OPCW von Beginn an eingebunden hat und für ein größtmögliches Maß an Transparenz sorgt". Der Sprecher des Auswärtigen Amts bekräftigte erneut: "Großbritannien hat uns, basierend auch auf der chemischen Analyse der verwendeten Substanz, detailliert dargelegt, weshalb die Verantwortung Russlands sehr wahrscheinlich ist und es keine plausible alternative Erklärung gibt."
Für den 18. April ist auf Bitten Großbritanniens eine Sondersitzung des OPCW-Exekutivrats einberufen worden. "Russland ist nun aufgerufen, endlich eine konstruktive Rolle einzunehmen und die offenen Fragen zu beantworten", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts.
Skripal und seine Tochter waren vor knapp sechs Wochen bewusstlos auf einer Parkbank im südenglischen Salisbury gefunden worden. Nach Angaben der britischen Regierung waren sie mit dem in der früheren Sowjetunion produzierten Kampfstoff Nowitschok vergiftet worden. London bezichtigt Moskau als Drahtzieher des Anschlags. Der Kreml weist dies zurück. Der Fall löste eine diplomatische Krise aus.
Julia Skripal lehnt Kontakt zu Russland ab
Julia Skripal ist nach Wochen im Koma offenbar auf dem Wege der Besserung und hat das Krankenhaus verlassen. Kontakt zur russischen Botschaft lehnte sie in einer Stellungnahme ab. Sie sei sich des "freundlichen Angebots" bewusst, verzichte aber darauf. Auch mit ihrer Cousine wünsche sie keinen Kontakt.
"Ihre Meinungen und Einschätzungen sind nicht meine und nicht die meines Vaters", erklärte Skripal. Die Cousine hatte unter anderem behauptet, die Skripals hätten wahrscheinlich eine Fischvergiftung erlitten. Beobachter nehmen an, dass sie vom Kreml für Propagandazwecke instrumentalisiert wird.
Sergei Skripal hatte früher für den russischen Militärgeheimdienst GRU gearbeitet und dem britischen MI6 Informationen weitergeleitet. 2004 flog er auf. Er wurde in Russland zu 13 Jahren Lagerhaft verurteilt. Bei einem Gefangenenaustausch kam er 2010 nach Großbritannien.
Hinweis: In einer früheren Version dieses Artikels und des dazugehörigen Videos hatten wir unter Berufung auf die Nachrichtenagentur AFP geschrieben, die OPCW habe die russische Herkunft des Giftes bestätigt. Das ist so nicht korrekt. Die Organisation bestätigte die Erkenntnisse der britischen Ermittler. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.
- AFP, dpa
- Zusammenfassung des Skripal-Berichts der OPCW