Einkesselung ukrainischer Soldaten Selbst russische Blogger widersprechen Wladimir Putin

Moskau spricht von einer Einkesselung ukrainischer Truppen in Kursk – doch Kiew und Experten widersprechen. Die Beweise sind nicht auf Putins Seite.
Das US-Analyseinstitut Institute for the Study of War (ISW) hat keine Belege dafür gefunden, dass russische Truppen eine größere Anzahl ukrainischer Soldaten in der Region Kursk oder anderswo an der Front eingekesselt haben. Dennoch behauptete Russlands Präsident Wladimir Putin bei einer Pressekonferenz am 13. März, dass ukrainische Truppen in Kursk "isoliert" seien und es für kleinere Einheiten "unmöglich" sei, sich aus ihren Stellungen zurückzuziehen.
Putin sagte zudem am 14. März bei einer Sitzung des russischen Sicherheitsrats, dass russische Truppen nicht näher spezifizierte ukrainische Einheiten in Kursk "blockiert" hätten. Der ukrainische Generalstab wies diese Darstellung zurück und erklärte, dass Russland gezielt Falschinformationen über eine angebliche Einkesselung verbreite, um die politische und mediale Wahrnehmung zu beeinflussen. Laut der ukrainischen Militärführung haben sich die eigenen Truppen auf neue Verteidigungsstellungen zurückgezogen und sind nicht von russischen Kräften eingeschlossen.
Selbst russische Militärblogger zweifeln an Putins Darstellung
Auch russische Militärblogger haben Putins Darstellung bislang nicht einhellig übernommen, berichtet das ISW in seinem Bericht vom Freitag. Zwar hätten einige Blogger am 12. und 13. März geschrieben, dass russische Truppen eine unbestimmte Anzahl ukrainischer Soldaten in einem nicht näher genannten Gebiet in Kursk eingekesselt hätten – andere veröffentlichten jedoch Karten, die zeigen, dass ukrainische Einheiten weiterhin Rückzugswege in Richtung der benachbarten Region Sumy haben.
Mindestens ein russischer Blogger hat laut ISW-Bericht am 12. März explizit Zweifel an den Berichten über eine Einkesselung geäußert. Ein anderer kritisierte dem Bericht zufolge, dass es der russischen Armee an der Fähigkeit fehle, mit motorisierten Einheiten ins ukrainische Hinterland vorzustoßen.
Bereits im Oktober 2024 hatte Putin behauptet, dass russische Truppen 2.000 ukrainische Soldaten in Kursk eingekesselt hätten. Das ISW konnte jedoch weder durch Geolokalisierungen noch durch Aussagen russischer Militärblogger eine Bestätigung für diese Behauptung finden. Zudem ignoriert Putin in seinen Aussagen, dass der ukrainische Frontvorsprung in Kursk direkt an die russisch-ukrainische Grenze grenzt und ukrainische Truppen weiterhin über von Kiew kontrollierte Grenzabschnitte verfügen.
Auch Trump verbreitet Putins Behauptung
Zusätzlichen politischen Zündstoff erhielt das Thema durch eine Äußerung des US-Präsidenten Donald Trump. Dieser schrieb am Freitag auf seiner Social-Media-Plattform "Truth Social", russische Truppen hätten "Tausende" ukrainische Soldaten vollständig umzingelt, offenbar mit Bezug auf die Region Kursk. Trump rief Putin dazu auf, deren Leben zu verschonen.
Putin griff diese Aussage in der Sitzung des russischen Sicherheitsrats auf und erklärte, dass Russland das "Leben und eine anständige Behandlung" ukrainischer Soldaten garantieren werde – jedoch nur, wenn sie sich ergeben. Zudem wiederholte er unbelegte Behauptungen, dass ukrainische Truppen in Kursk Verbrechen an russischen Zivilisten begangen hätten, und bezeichnete den ukrainischen Vorstoß in der Region als "Terrorismus".
Beobachter werten Putins Äußerungen als gezielte Ablenkung von seiner Ablehnung des jüngsten US-amerikanisch-ukrainischen Waffenstillstandsangebots am Donnerstag. Gleichzeitig versucht der Kremlchef, sich als besonnener Staatsmann darzustellen, der auf internationaler Ebene gesprächsbereit ist – ein Narrativ, das auch auf mögliche Verhandlungen mit Trump abzielen könnte.
- understandingwar.org: "Russian Offensive Campaign Assessment, March 14, 2025" (Englisch)