Asylbewerber in Deutschland Afghanische Flüchtlinge sollen für Russland gearbeitet haben
Mindestens zwei afghanische Asylbewerber sollen in Deutschland für den russischen Geheimdienst gearbeitet haben. Das zeigt eine neue Recherche.
Mehrere Männer mit Verbindungen zu einer russischen Sabotageeinheit leben als afghanische Flüchtlinge in Deutschland. Das zeigen gemeinsame Recherchen des "Spiegel" und der russischen Investigativplattform "The Insider". Einer der Männer, ein 27-jähriger Afghane, reiste im vergangenen Frühjahr aus Russland nach Deutschland ein und lebt nun als abgelehnter Asylbewerber in Brandenburg.
Ein zweiter Verdächtiger hält sich seit Sommer 2023 ebenfalls als abgelehnter Asylbewerber in Niedersachsen auf. Beide Männer können wegen eines Abschiebungsverbots für Afghanistan nicht ohne Weiteres zurückgeführt werden. Den Recherchen zufolge waren sie offenbar Teil einer Operation des russischen Militärgeheimdiensts GRU zur Destabilisierung Afghanistans.
Russland warb Menschen gezielt in Afghanistan an
Agenten Moskaus sollen spätestens ab 2015 Helfer in Afghanistan angeworben und später mit russischen Visa oder Papieren ausgestattet haben. Farbkopien der Reisepässe der beiden Flüchtlinge tauchten in einem geleakten Datensatz auf, der auf E-Mails eines beteiligten GRU-Offiziers beruht. Ein dritter Afghane aus dem Netzwerk wurde im April nahe der polnischen Grenze von der Bundespolizei an der Einreise gehindert – sein Aufenthaltsort ist unbekannt.
Die drei Männer sind mutmaßlich Rekruten des sogenannten Kopfgeldprogramms des GRU, das westliche Sicherheitsbehörden bestätigten. Ziel war es, die Zentralregierung in Kabul durch Unterstützung bewaffneter Gruppen zu schwächen. Der Datensatz sowie Reise- und Telefondaten untermauern die Existenz dieses Programms.
Zusätzlich werden die Erkenntnisse von Aussagen dreier ehemaliger Spezialisten des afghanischen Nachrichtendienstes NDS gestützt. Vor der Machtübernahme durch die Taliban 2021 soll der Kreml über Jahre hinweg den bewaffneten Kampf gegen die Zentralregierung und US-amerikanische Truppen unterstützt haben – insbesondere durch Prämien für Terroranschläge. Mehr als ein Dutzend Mittelsmänner Moskaus dienten dabei als Kuriere, Finanzagenten oder Nachrichtenmittler.
Erste Hinweise bereits 2020
Die "New York Times" berichtete bereits 2020 über US-Geheimdiensterkenntnisse zu diesem Programm. Dem Bericht zufolge bot eine Einheit des Dienstes Taliban-Kämpfern heimlich Preisgelder für getötete afghanische und US-Soldaten an. Die Recherchen von "Spiegel" und "The Insider" legen nahe, dass zur Verschleierung von Zahlungen Tarnfirmen genutzt wurden, die vordergründig mit Edelsteinen handelten.
Nach Verhaftungen 2019 in Afghanistan wurden einige lokale Unterstützer zunächst inhaftiert, später jedoch freigelassen und nach Russland gebracht. Dort erhielten sie falsche Identitäten und neue Papiere – eine gängige Praxis zum Schutz verdienter Agenten bei russischen Diensten. In den letzten zwei Jahren machten sich mindestens drei Verdächtige auf den Weg nach Deutschland.
Unklar bleibt bislang, ob diese Männer freiwillig nach Deutschland kamen oder gezielt von der GRU eingeschleust wurden.
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- spiegel.de: "Afghanische Flüchtlinge sollen für russischen Militärgeheimdienst gearbeitet haben" (kostenpflichtig)