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Israels Siedlungspolitik im Westjordanland: Verbündete kritisieren Pläne


Neue Pläne im Westjordanland
Israel stellt die Geduld seiner Verbündeten auf die Probe

Von t-online, lmk, mam

07.03.2024Lesedauer: 4 Min.
Benjamin NetanjahuVergrößern des Bildes
Benjamin Netanjahu (Archivbild): Israels Ministerpräsident erteilte ähnlichen Plänen für den Gazastreifen eine Absage. (Quelle: Abir Sultan/AP/dpa/dpa)
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Die israelische Regierung will ihre völkerrechtswidrige Siedlungspolitik im Westjordanland weiter vorantreiben. Verbündete des Landes fühlen sich vor den Kopf gestoßen.

Israels Regierung hat Medienberichten zufolge den Bau von rund 3.500 Wohnungen in Siedlungen im besetzten Westjordanland genehmigt. Die zuständige Behörde habe Bauplänen in drei Siedlungen in der Nähe von Jerusalem zugestimmt, berichteten mehrere israelische Medien. Insgesamt seien 3.476 neue Wohneinheiten genehmigt worden, meldete die Zeitung "Haaretz". Die israelischen Siedlungen im Westjordanland sind nach internationalem Recht illegal.

Die Genehmigung erfolgt laut den Berichten als Reaktion auf einen palästinensischen Terroranschlag vor rund zwei Wochen auf einer Autobahn zwischen Jerusalem und der Siedlung Ma'ale Adumim. Nach Angaben von Sanitätern wurde dabei mindestens ein Israeli getötet. Mehrere Menschen seien teils schwer verletzt worden. Die drei bei dem Anschlag getöteten Täter waren dem israelischen Inlandsgeheimdienst zufolge Palästinenser.

Die völkerrechtswidrige Siedlungspolitik der israelischen Regierung wird seit Jahren scharf kritisiert. Im Krieg gegen die Terrororganisation Hamas im Gazastreifen stellt Israel mit den neuen Plänen nun erneut den Rückhalt seiner westlichen Verbündeten auf die Probe. Diese kritisieren das Vorhaben scharf.

"Gravierender Verstoß gegen das Völkerrecht"

Die EU fordert Israel nachdrücklich auf, die Entscheidung rückgängig zu machen, wie ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell am Donnerstag mitteilte. Die Ausweitung der Siedlungen stehe völlig im Widerspruch zu den laufenden Bemühungen, Spannungen abzubauen, was vor den bevorstehenden religiösen Feierlichkeiten Ramadan, Pessach und Ostern besonders wichtig sei, betonte der Sprecher.

Zuvor hatte sich auch das Auswärtige Amt kritisch zu dem Siedlungsvorhaben geäußert. "Die israelische Politik des Siedlungsbaus in den besetzten palästinensischen Gebieten stellt einen gravierenden Verstoß gegen geltendes Völkerrecht dar und untergräbt jegliche Bemühungen um eine Zweistaatenlösung", erklärte ein Sprecher am Mittwoch in einer Mitteilung. Man verurteile jede Form terroristischer Gewalt aufs Schärfste – Terrorismus könne aber keine Rechtfertigung dafür sein, den illegalen Siedlungsbau weiterzubefördern.

USA: Siedlungspolitik schwächt Israels Sicherheit

US-Außenminister Antony Blinken äußerte sich Berichten der "Washington Post" zufolge am Freitag zu den Siedlungsplänen der israelischen Regierung. Er sagte auf einer Pressekonferenz in Argentinien, dass diese "im Widerspruch zum Völkerrecht" stünden. "Unsere Regierung lehnt die Ausweitung der Siedlungen weiterhin entschieden ab", so der Außenminister. "Unserer Einschätzung nach schwächt dies die Sicherheit Israels nur – es stärkt sie nicht."

Der Sprecher des Weißen Hauses, John Kirby, unterstützte Blinken. Die Siedlungen für illegal zu erklären, teile die Biden-Regierung mit früheren US-Regierungen – ausgenommen der von Donald Trump. "Wir bekräftigen lediglich die grundlegende Schlussfolgerung, dass diese Siedlungen nicht mit dem Völkerrecht vereinbar sind", sagte er. "Dies ist eine Position, die in einer Reihe republikanischer und demokratischer Regierungen konsequent vertreten wurde – wenn es eine Regierung gibt, die inkonsistent ist, dann war es die vorherige."

Israel hatte 1967 unter anderem das Westjordanland und Ostjerusalem erobert, wo heute mehr als 700.000 Siedler inmitten von rund drei Millionen Palästinensern leben. Die Palästinenser fordern die Gebiete für einen eigenen Staat – mit Ostjerusalem als Hauptstadt. Die Vereinten Nationen betrachten die Siedlungen als großes Hindernis für eine Friedensregelung, weil sie kaum noch ein zusammenhängendes Territorium für die Palästinenser bei einer möglichen Zweistaatenlösung zulassen würden. Der UN-Sicherheitsrat forderte Israel Ende 2016 zu einem Siedlungsstopp in den besetzten Palästinensergebieten einschließlich Ostjerusalems auf. Dem kam Israel nicht nach.

Rechte Politiker forderten, Siedlungsbau voranzutreiben

Die Forderung nach einer Fortsetzung des illegalen Siedlungsbaus als Reaktion auf den Anschlag auf der Autobahn kam zuvor unter rechtsextremen Politikern des Landes wie Finanzminister Bezalel Smotrich auf. Er forderte nach dem Anschlag den Bau von mehr als 3.000 zusätzlichen Wohnungen im Westjordanland. Allein in Ma'ale Adumim sollen der "Haaretz" zufolge nun 2.452 neue Wohnungen entstehen.

Smotrich verfolgt damit einen alten Kurs. In der Vergangenheit schreckte er nicht davor zurück, ähnliche Pläne auch für den Gazastreifen in Erwägung zu ziehen. Zusammen mit dem Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, sagte er vor wenigen Wochen, er stelle sich die Zukunft Gazas nach dem Krieg ohne die meisten palästinensischen Einwohner vor. Stattdessen wollen sie in den Gebieten weitere Siedlungen bauen.

Mit Blick auf den Gazastreifen erteilte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu etwaigen Plänen jedoch eine Absage. Er stellte zuletzt klar, dass Israel "keine Absichten hat, Gaza langfristig zu besetzen oder seine Zivilbevölkerung zu vertreiben". Offiziell bleibt das Schicksal der palästinensischen Bevölkerung nach dem Gazakrieg damit unklar. Weder das erweiterte Sicherheitskabinett Israels noch dessen Kriegskabinett haben sich bislang offiziell zu der Frage geäußert, was mit der palästinensischen Bevölkerung geschehen soll, wenn der Krieg vorbei ist.

Israels Verteidigungsminister Joav Gallant widerspricht den Siedlungsplänen seiner rechten Koalitionspartner jedoch. Es werde "keine zivile [israelische] Präsenz in Gaza geben", heißt es in einem Plan zur Zukunft Gazas, den er Anfang Januar vorstellte. Demnach solle Gaza von Palästinensern regiert werden – Israel behalte allerdings die Sicherheitskontrolle. Ob es dabei bleiben wird, ist unklar. Die kleineren rechten Parteien sind für Netanjahus Regierung durchaus relevant. Der Ministerpräsident ist auf ihre Gunst angewiesen. Doch auch das Vertrauen seiner Verbündeten will Netanjahu nicht verspielen.

Seit dem tödlichen Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober geht Israels Armee im Gazastreifen gegen diese vor. Nach Angaben der dortigen Gesundheitsbehörde der Hamas sind seitdem mindestens 30.800 Palästinenserinnen und Palästinenser durch israelische Angriffe getötet worden. Unterschiede zwischen Terroristen und Zivilisten werden dabei nicht gemacht. International regt sich mittlerweile scharfe Kritik an dem Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen, da die humanitäre Lage für die Zivilbevölkerung vor Ort immer prekärer wird. Mehrere Länder, darunter auch die USA, haben daher damit begonnen, Hilfsgüter aus der Luft über dem Gebiet abzuwerfen.

Verwendete Quellen
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