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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Tuvalu wird im Meer untergehen Australien überrascht mit Flüchtlings-Deal
Australien ist für seine harte Linie in der Asylpoltik bekannt. Premierminister Albanese hat jetzt eine Ausnahme für "Klima-Asyl" angekündigt – und schafft direkt Tatsachen.
Asylpolitik heißt für Australien Abschreckung. Geflüchtete, die mit Booten nach Down Under einzureisen versuchen, werden in Lagern interniert. Eines davon befindet sich auf Nauru, einer 4.500 Kilometer von der Küste Australiens entfernt liegenden Insel. Die Mitte-Links-Regierung unter Führung der sozialdemokratischen Labor-Partei in Canberra stimmte Anfang des Jahres für eine Fortführung dieser Abschreckungspolitik, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete.
Seit dem vergangenen Freitag kommen allerdings versöhnlichere Signale aus der Pazifikregion. Australiens Premierminister Anthony Albanese einigte sich mit Kausea Natano, dem Premierminister des Südseearchipels Tuvalu, auf einen Flüchtlingsdeal. Laut diesem sichert Australien die Aufnahme von Klimaflüchtlingen zu. Der Inselstaat wird wegen des steigenden Meeresspiegels in den kommenden 100 Jahren untergehen.
Premiere: Australien schließt ersten Klima-Flüchtlingsdeal
Konkret hat Canberra zugesichert, 280 Menschen aus Tuvalu pro Jahr aufzunehmen und ihnen ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu gewähren. Insgesamt wird der Inselstaat von rund 11.000 Menschen bewohnt. Experten schätzen, dass das Archipel nur noch etwa 100 Jahre über Wasser liegt. Danach wird Tuvalu infolge des steigenden Meeresspiegels überschwemmt. Mit dem nun vorgelegten Plan würde es fast 40 Jahre dauern, bis alle Bürger des Staates nach Australien umgesiedelt sind.
Albanese sprach von dem "bedeutendsten Abkommen zwischen Australien und einem pazifischen Inselstaat aller Zeiten". Natano bezeichnete den Schritt als "Meilenstein". Das Abkommen wurde bei einem Treffen der pazifischen Inselstaaten auf den Cookinseln im Südpazifik unterzeichnet. Es ist das erste Mal, dass Australien einem Staat aufgrund der Bedrohung durch den Klimawandel Aufenthalts- oder Staatsbürgerrechte zusichert.
In dem Abkommen wird Australien auch ein Vetorecht bei Sicherheitsvereinbarungen, die Tuvalu mit anderen Staaten schließt, zugesichert. Das berichtete der Nachrichtensender ABC. Die USA haben bereits ähnliche Vereinbarungen mit anderen sinkenden Pazifikstaaten getroffen, darunter Palau und die Marshallinseln. Dabei geht es stark um wirtschaftliche Unterstützung im Gegenzug für militärischen Zugang zu strategischen Meeresgebieten.
Klimawandel: Deshalb steigt der Meeresspiegel
Tuvalu ist Teil des Commonwealth of Nations. Der lose Staatenbund, der eine Art Nachfolge des British Empire darstellt, zeichnet sich durch die Treue zur britischen Krone aus. Statuten oder gar eine Verfassung, wie bei anderen Bündnissen, gibt es nicht. Oberhaupt des Bundes ist der britische Monarch – derzeit König Charles III. Der Großteil der Staaten besteht aus ehemaligen britischen Kolonien, auch das Vereinigte Königreich selbst ist Teil des Bundes, wie die "Augsburger Allgemeine" schreibt.
Von dem steigenden Meeresspiegel ist allerdings nicht nur Tuvalu bedroht. Auch diese Staaten müssen in den nächsten Dekaden um ihre Existenz fürchten:
- Kiribati
- Malediven
- Marshallinseln
- Palau
- Salomonen
- Tokelau
- Vanuatu
Auch in Deutschland sind Inseln durch den steigenden Meeresspiegel gefährdet. Die Nordseeinsel Memmert könnte sogar ganz von den Wassermassen überflutet werden. Der Anstieg des Meeresspiegels ist eine Folge des menschengemachten Klimawandels.
Der Anstieg hat zwei Gründe: Zum einen steigen die Ozeane durch eine Erhöhung der Wassertemperatur und der damit verbundenen Ausdehnung an. Hinzu kommt, dass Gletscher und Eisschilde schmelzen und daher mehr Wasser in die Meere fließt. Im Mittel erwarten Forschende, dass der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 weltweit um 30 bis 60 Zentimeter ansteigen wird.
Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Erderwärmung deutlich unter 2 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter gehalten wird. Andernfalls könnte der Anstieg bis zu 110 Zentimeter betragen. Selbst wenn man alle Emissionen direkt einstellen könnte, würde der Meeresspiegel noch für mehrere Hundert Jahre weiter ansteigen. Dafür ist die Trägheit des Klimasystems verantwortlich, wie das Deutsche Klima Konsortium in seinem Bericht Zukunft der Meeresspiegel schreibt.
- faz.net: "Australien setzt Abschreckung fort"
- tagesspiegel.de: "Aufnahme von Klimaflüchtlingen: Weicht Australien seine harsche Asylpolitik wirklich auf?"
- augsburger-allgemeine.de: "Diese Länder sind Commonwealth-Mitglieder 2023"
- kreiszeitung.de: "Meeresspiegel steigt: Diese Insel in der Nordsee wird untergehen"
- deutsches-klima-konsortium.de: "Zukunft der Meeresspiegel"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa