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Bei Selenskyj-Besuch: Kanada ehrt ehemaligen ukrainischen SS-Kollaborateur


Applaus für Nazi-Kollaborateur
Trudeau: Falsche Ehrung war "zutiefst peinlich"

Von t-online, lec

Aktualisiert am 26.09.2023Lesedauer: 3 Min.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisiert die Entscheidung seines kanadischen Amtskollegen Justin Trudeau deutlich (Archivbild).Vergrößern des Bildes
Kanadas Premierminister Justin Trudeau und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (Archivbild): Der Vorfall hat auch internationale Konsequenzen für Kanada. (Quelle: UPI Photo/imago-images-bilder)

In Anwesenheit des ukrainischen Präsidenten wurde im kanadischen Unterhaus versehentlich ein ehemaliger ukrainischer Nazi-Kollaborateur geehrt. Russland hat die falsche Ehrung bereits ausgenutzt.

Der kanadische Premierminister Justin Trudeau hat den Besuch eines ukrainischen Mannes, der im Zweiten Weltkrieg kämpfte, im kanadischen Parlament am vergangenen Freitag als "zutiefst peinlich" für Kanada bezeichnet. Der 98-jährige Yaroslav Hunka hatte Beifall für seinen Dienst erhalten, nachdem der Sprecher des Unterhauses, Anthony Rota, ihn einen "Helden" genannt hatte. Anwesend war auch eine ukrainische Delegation um Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj.

Erst nach dem Besuch von Hunka stellte sich heraus, dass er nicht wie angenommen gegen die Nazis gekämpft hatte, sondern als Teil einer Waffen-SS-Division auf der Seite Nazideutschlands an Kriegshandlungen beteiligt gewesen war. Seiner Division wird zudem vorgeworfen, polnische und russische Zivilisten getötet zu haben. Diese Taten konnten vor einem Kriegstribunal allerdings nicht bestätigt werden.

Der Sprecher des kanadischen Unterhauses Rota beteuerte anschließend, dass er nichts von Hunkas Nazi-Verbindungen gewusst habe und entschuldigte sich für seinen Fehler, ihn in das kanadische Unterhaus eingeladen zu haben. Premierminister Trudeau sagte Reportern am Montag, es sei "extrem beunruhigend, dass so etwas passiert ist". Der Vorfall sei "zutiefst peinlich" für das kanadische Parlament und somit für alle Kanadier.

Parlamentssprecher will "volle Verantwortung" übernehmen

Auf einer Aufnahme, die den Vorfall zeigt, ist zu sehen, wie Hunka auf der Tribüne des Unterhauses sitzt. Rota deutet auf ihn und nennt ihn "einen ukrainischen und einen kanadischen Helden", dem er für seinen Dienst danken wolle. Daraufhin bricht im Unterhaus tobender Applaus aus. In einer Erklärung am Sonntag erklärte Rota dann: "Ich habe im Anschluss [an die Sitzung im Parlament] weitere Informationen erhalten, die dazu geführt haben, dass ich meine Entscheidung [Hunka zu ehren] bedauere."

"Niemand – weder meine Kollegen im Parlament noch die ukrainische Delegation – hatte Kenntnis über meine Ansprache, bevor ich sie tätigte", führte Rota in seiner Erklärung aus. Demnach sei die Initiative, Hunka zu ehren, seine eigene Entscheidung gewesen, da es sich bei dem früheren Soldaten um einen Einwohner seines Wahlkreises handle. Zudem wolle sich Rota besonders bei allen jüdischen Gemeinden in Kanada und weltweit aufrichtig entschuldigen: "Ich übernehme die volle Verantwortung für mein Handeln", beendete er seine Stellungnahme.

Am Montag entschuldigte sich Rota persönlich bei seinen Kollegen. Einige Oppositionspolitiker fordern nun jedoch seinen Rücktritt; der Vorfall sei ein "unverzeihlichen Fehler". Premierminister Trudeau hingegen verlangte von seinem Parteikollegen Rota nicht, sein Amt zu räumen. Außerdem wies Trudeaus Büro Vorwürfe zurück, wonach es zu einem privaten Treffen zwischen ihm und Hunka gekommen sei.

Internationale Konsequenzen für Kanada

Laut dem britischen Nachrichtensender BBC könnte die Ehrung von Hunka auch geopolitische Folgen für Kanada haben. Der polnische Botschafter in Kanada habe bereits eine Entschuldigung dafür gefordert, dass das kanadische Parlament "solche Schurken weißwasche".

Zudem deutete Trudeau am Montag an, dass Russland den Vorfall nutzen werde, um sein Narrativ – die vermeintliche Denazifizierung der Ukraine – weiter zu befeuern. Kremlsprecher Dmitri Peskow bezeichnete die Ehrung von Hunka bereits als "empörend".

"Ich denke, es wird wichtig sein, dass wir uns gemeinsam gegen russische Desinformation zur Wehr setzen und unsere uneingeschränkte Unterstützung für die Ukraine fortsetzen", richtete Trudeau am Montag einen Appell an das kanadische Parlament.

Verwendete Quellen
  • bbc.com: "Trudeau calls praise for Nazi-linked veteran 'deeply embarrassing'" (englisch)
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