Kämpfe im Sudan UN befürchten mehr als 800.000 Flüchtlinge
Der Sudan droht im Bürgerkrieg zu versinken, die UN warnen vor einer humanitären "Katastrophe". Bald könnte es fast eine Million Flüchtlinge geben.
Bei einem Andauern der Kämpfe im Sudan dürften nach Einschätzung der Vereinten Nationen (UN) mehr als 800.000 Menschen in die Nachbarländer flüchten. "Ohne eine rasche Lösung dieser Krise werden wir erleben, dass weitere Menschen auf der Suche nach Sicherheit und grundlegender Unterstützung zur Flucht getrieben werden", sagte der stellvertretende UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Raouf Mazou, am Montag in Genf.
Der Koordinator der Vereinten Nationen (UN) für humanitäre Angelegenheiten im Sudan, Abdou Dieng, sagte, die humanitäre Krise könne in eine "totale Katastrophe" münden. UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths, der am Dienstag im Sudan erwartet wird, sprach von einer bereits "katastrophalen" Lage.
Allein eine halbe Million Sudanesen könnte fliehen
"In Beratungen mit allen betroffenen Regierungen und Partnern kommen wir auf eine Planungszahl von 815.000 Menschen, die in die sieben Nachbarländer flüchten könnten", sagte Mazou. Darunter seien neben 580.000 Sudanern mehr als 200.000 Menschen, die sich bereits als Flüchtlinge im Sudan aufhielten. Bisher seien 73.000 Menschen in die Nachbarländer geflüchtet. Das nordostafrikanische Land grenzt an Ägypten, Libyen, den Tschad, die Zentralafrikanische Republik, Südsudan, Äthiopien und Eritrea.
In dem nordostafrikanischen Land mit rund 46 Millionen Einwohnern kämpfen die Streitkräfte unter Führung von De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan seit dem 15. April gegen die Milizen seines Stellvertreters Mohammed Hamdan Daglo, der die "Rapid Support Forces" (RSF) anführt. Die beiden Generäle hatten die Führung des Sudans einst durch gemeinsame Militärcoups übernommen, nun bekämpfen sie sich. International wachsen Befürchtungen, dass der Sudan in einen Bürgerkrieg versinken und die ganze Region destabilisieren könnte.
Trotz Waffenruhe: Erneut schwere Gefechte im Sudan
Am Montag gab es laut Medien- und Augenzeugenberichten erneut schwere Gefechte zwischen Regierungstruppen und paramilitärischen Einheiten in Khartum und der angrenzenden Stadt Omdurman. Es wurden Luftangriffe und Schüsse gemeldet – unter anderem auch in der Nähe des Präsidentenpalasts. Dabei hatten noch am Sonntag beide Seiten eine Waffenruhe, die am Abend ausgelaufen war, zunächst um 72 Stunden verlängert. Eine wirkliche Feuerpause wurde seit Beginn des Konflikts von beiden Seiten jedoch nicht eingehalten.
Am Wochenende hatten mehrere Hilfsorganisationen mitgeteilt, humanitäre Hilfsgüter in den Sudan zu schicken. Denn in dem Land sind seit Ausbruch der Kämpfe zwischen Armee und Milizen zahlreiche Lager mit humanitären Hilfsgütern geplündert worden. Die Vorräte gingen zur Neige, sagte UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths am Sonntag.
Auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat rund acht Tonnen medizinischer Hilfsgüter aus Jordanien nach Port Sudan geflogen. Geliefert wurden unter anderem Betäubungsmittel, Verbände und chirurgisches Material. Damit könnten Tausende Menschen mit Schussverletzungen versorgt werden, teilte das IKRK mit.
UN: Schnellstmöglich wieder Nothilfe leisten
Auch das UN-Welternährungsprogramm (WFP) kündigte an, seine Nothilfeprogramme schnellstmöglich wieder aufnehmen zu wollen. Kurz nach Ausbruch der Gewalt im Sudan vor rund zwei Wochen hatte das WFP seine Arbeit eingestellt, nachdem mehrere Mitarbeiter durch die Kämpfe ums Leben gekommen waren.
Nach Angaben des sudanesischen Ärztekomitees sind viele Krankenhäuser infolge der Gefechte nicht mehr funktionstüchtig. Zudem fehle es an Medikamenten, medizinischen Gütern und Blutkonserven. Nach Angaben der Behörden haben die Kämpfe bereits mehr als 500 Menschen das Leben gekostet, fast 5000 sind verletzt worden. Die tatsächliche Zahl dürfte allerdings deutlich höher liegen.
- Nachrichtenagentur dpa