Überraschender Schritt Schottische Regierungschefin Sturgeon verkündet Rücktritt
Seit mehr als acht Jahren steht sie an der Spitze der schottischen Regierung. Doch nun hat Nicola Sturgeon überraschend ihren Rücktritt angekündigt.
Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon hat überraschend ihren Rücktritt angekündigt. Nachdem sie einen solchen Schritt vor wenigen Wochen noch ausgeschlossen hatte, sagte Sturgeon bei einer Pressekonferenz am Mittwoch, sie fühle, "dass die Zeit jetzt gekommen ist".
Sie könne zwar noch einige Monate weiter kämpfen, aber ihr Amt nicht mehr mit der nötigen Energie ausführen, sagte sie weiter. Zuvor hatten die Sender BBC und Sky News am Mittwoch unter Berufung auf Regierungsquellen über eine entsprechende Absicht berichtet.
Die Anführerin der Schottischen Nationalpartei (SNP) steht seit mehr als acht Jahren an der Spitze der Regierung in Edinburgh, die längste Amtszeit eines Regierungschefs in Schottland. Sie will im Amt bleiben, bis ihre Partei einen Nachfolger bestimmt hat.
Sturgeon: Corona-Jahre waren hart
In der kurzfristig einberufenen Pressekonferenz erklärte sie, dass sie die Entscheidung für ihren Rücktritt aus Liebe zu Schottland getroffen. Die vergangenen Jahre seien eine große Belastung gewesen. Schottland in der Corona-Pandemie zu führen, sei das härteste, was sie jemals getan hätte. "Ich hatte sicher nicht den härtesten Job in dieser Zeit, aber sehr viel Verantwortung." Erst jetzt habe sie festgestellt, wie deutlich diese Belastungen sich physisch und mental bei ihr ausgewirkt hätten.
Sturgeon hatte das Amt von Vorgänger Alex Salmond nach dem gescheiterten Unabhängigkeitsreferendum übernommen. Sie selbst hat sich auch seitdem immer wieder für die Unabhängigkeit Schottlands ausgesprochen.
Will sich weiter für schottische Unabhängigkeit einsetzen
Das Oberste Gericht Großbritanniens hatte im November ein schottisches Gesuch nach einer erneuten Volksabstimmung über die Trennung vom Vereinigten Königreich abgelehnt. Sturgeon wollte im Oktober 2023 ein erneutes Unabhängigkeitsreferendum abhalten lassen. Die Schotten hatten bereits 2014 über einen Austritt aus dem seit drei Jahrhunderten bestehenden gemeinsamen Königreich mit England und Wales abgestimmt. Damals setzten sich die Gegner einer Unabhängigkeit mit 55 zu 45 Prozent der Stimmen durch.
In ihrem Statement betonte sie, dass sie zwar ihr Amt abgebe, sich aber nicht aus der Politik zurückziehen wolle. Eines ihrer Herzensthemen sei weiterhin die schottische Unabhängigkeit und sie wolle sich weiter dafür einsetzen.
"Enormer Verlust"
Sturgeon begründete den Wunsch nach einer erneuten Abstimmung mit dem Ausgang des Brexit-Referendums im Jahr 2016, bei dem eine deutliche Mehrheit der Schotten gegen den inzwischen erfolgten Austritt Großbritanniens aus der EU gestimmt hatte.
Der SNP-Abgeordnete Stewart McDonald bezeichnete Sturgeons bevorstehenden Rückzug am Mittwoch als "enormen Verlust". Das Engagement der scheidenden Regierungschefin für Schottland sei "unübertroffen".
Kritiker warfen Sturgeon vor, nach der Ablehnung eines erneuten Referendums durch das Oberste Gericht keine überzeugende Strategie zum Thema Unabhängigkeit entwickelt zu haben.
Sturgeon hatte Selbstbestimmungsgesetz verabschiedet
Sturgeon war auch wegen ihres Einsatzes für die Rechte von trans Personen in die Kritik geraten. Ihre Regierung hatte im Dezember ein Gesetz verabschiedet, das es Menschen einfacher machen soll, ihr Geschlecht selbst zu bestimmen. Die britische Regierung in London blockierte das Gesetz aber mit dem Argument, dass es negative Auswirkungen auf landesweite Gleichstellungsgesetze haben könnte.
Trotz der Kritik an ihrer Person hatte Sturgeon vor gut drei Wochen noch betont, dass sie ihr Amt als Regierungschefin weiter ausüben wolle. Sie sei "noch lange nicht" bereit, zurückzutreten, sagte sie damals der BBC. In der Pressekonferenz betonte sie nun hingegen, schon seit längerer Zeit über den Rücktritt nachzudenken.
- Nachrichtenagentur dpa
- Pressekonferenz von Nicola Sturgeon am 15.02.2023
- bbc.com: "Nicola Sturgeon to resign as Scotland's first minister" (englisch)