Die Ereignisse der Nacht Selenskyj fordert weitere Sanktionen – Gefechte im Donbass
Ein Analyst sieht in zwei Monaten eine Chance für eine ukrainische Gegenoffensive. Präsident Selenskyj fordert weitere Sanktionen gegen Russland. Im Donbass wird weiter gekämpft. Ein Überblick.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj pocht auf weitere Strafmaßnahmen des Westens gegen Russland. Das sechste Sanktionspaket der europäischen Staaten müsse beschleunigt werden, sagte das Staatsoberhaupt in einer Videobotschaft, die in der Nacht zum Sonntag veröffentlicht wurde. Darüber habe er zuletzt auch mit Italiens Regierungschef Mario Draghi gesprochen. Viele westliche Staaten haben bereits beispiellose Strafmaßnahmen gegen Russland verhängt.
"Die Situation im Donbass ist äußerst schwierig", sagte Selenskyj. Die russische Armee versuche, die Städte Slowjansk und Sjewjerodonezk im Osten des Landes anzugreifen. "Die Streitkräfte der Ukraine halten diese Offensive zurück." Jeder Tag, an dem "unsere Verteidiger" Pläne Russlands durchkreuzten, sei ein konkreter Beitrag auf dem Weg zum Sieg. Aber Selenskyjs mahnte auch: "Wir müssen noch weiter kämpfen."
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Andauernde Kampfhandlungen in Donezk und Luhansk
Das ukrainische Militär berichtete in der Nacht zum Sonntag von andauernden Kämpfen in den Gebieten Donezk und Luhansk im Osten des Landes. Dort seien am Samstag neun Angriffe russischer Truppen abgewehrt worden. Im Laufe des Tages seien fünf Panzer, vier Artilleriesysteme und eine Drohne zerstört worden, teilte die ukrainische Armee mit. Russland setzt laut dem Lagebericht entlang der gesamten Front Kampfflugzeuge, Raketenwerfer und Panzer ein.
Im Gebiet Saporischschja im Süden der Ukraine hat die dortige Verwaltung nach eigenen Angaben vermehrt Flüge russischer Drohnen beobachtet. Das russische Militär habe die Luftaufklärung verstärkt, hieß es. Zudem seien Kolonnen von Militärfahrzeugen gesichtet worden. Saporischschja liegt nordwestlich der inzwischen von Russland eingenommenen ukrainischen Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer.
Erneut Zivilisten getötet
Einmal mehr machte die Ukraine Russland für den Tod von sieben Zivilisten in dem von Regierungstruppen kontrollierten Teil der Region Donezk verantwortlich. Der Gouverneur des Gebiets, Pawlo Kyrylenko, schrieb im Nachrichtenkanal Telegram, allein im Ort Lyman seien drei Menschen getötet worden. Er äußerte sich zunächst nicht zu den genauen Umständen. In dem von Russland besetzten Gebiet Cherson im Süden beschuldigte die dortige Verwaltung wiederum die ukrainischen Streitkräfte, am Samstag drei Zivilisten in dem Ort Biloserka getötet und zehn verletzt zu haben. Diese Angaben ließen sich nicht überprüfen.
Will Putin Flüchtlingskrise auslösen?
Der langjährige deutsche Botschafter in Russland, Rüdiger von Fritsch, wirft Moskau vor, die durch den Ukraine-Krieg verursachte globale Versorgungskrise und die dadurch drohenden Fluchtbewegungen als Mittel der Kriegsführung zu nutzen. "Wladimir Putin versucht gezielt, Hungerkrisen im Nahen Osten und in Nordafrika zu erzeugen", sagte von Fritsch im Berliner "Tagesspiegel" (Sonntagsausgabe) über den russischen Staatschef. Deshalb hindere Russland die Ukraine am Getreide-Export und bombardiere sogar Getreidesilos.
First Lady Olena Selenska im Interview
Wolodymyr Selenskyj und seine Frau haben ein seltenes TV-Interview gegeben. Bei einer Tasse Tee berichtete die First Lady über die Nacht, in der Russland Angriff begann und welche Auswirkungen der Krieg auf ihre Familie hat. Lesen Sie hier mehr.
Analyst: Chance für ukrainische Gegenoffensive
Der ukrainische Blogger und politische Analyst Arestovich Alexey Nikolaevich sieht massive Probleme beim Nachschub russischer Truppen. Auf Facebook und auf seinem YouTube-Kanal spricht er davon, dass der Kreml nicht schnell genug Truppen an die gesamte Front bringen könne. Russland fürchte ukrainische Gegenschläge und versuche deshalb, westliche Waffenlieferungen zu unterbinden. Er sieht in ein bis zwei Monaten die ukrainische Armee so weit ausgestattet, dass sie eine erfolgreiche Gegenoffensive starten könne.
Polen verstimmt wegen Warten auf deutsche Panzer
Aus Polen werden Vorwürfe laut, dass Deutschland einen Ringtausch platzen lassen könne. Mit diesem sollten alte polnische Panzer, die an die Ukraine geliefert wurden, durch Leopard-Panzer ersetzt werden. Offenbar wird aber über das entsprechende Modell gestritten. Lesen Sie hier mehr darüber.
Gefangenenaustausch möglich
Aussagen des prominenten russischen Außenpolitikers Leonid Sluzki zufolge ist ein möglicher Austausch der in Mariupol gefangen genommenen ukrainischen Kämpfer gegen den prorussischen Politiker Viktor Medwedtschuk im Gespräch. "Wir werden die Möglichkeit eines Austauschs von Medwedtschuk gegen die Asow-Kämpfer prüfen", sagte Sluzki am Samstag der Agentur Interfax zufolge.
In den vergangenen Tagen haben sich in Mariupol mehr als 2400 ukrainische Soldaten ergeben. Sie hatten sich zuvor wochenlang in den Bunkeranlagen des Asow-Stahlwerks verschanzt und die Hafenstadt gegen die russischen Besatzer verteidigt.
Wohl Ausländer unter Kriegsgefangenen aus Stahlwerk
Nach Angaben der prorussischen Separatisten sind unter den im Stahlwerk gefangen genommenen Kämpfern auch 78 Frauen. Der Chef der Donezker Separatisten, Denis Puschilin, sagte am Samstagabend der russischen Staatsagentur Tass zufolge, es seien auch Ausländer in russische Gefangenschaft gekommen. Eine Zahl nannte er nicht. Selenskyj hatte neben seinen Landsleuten auch Ausländer zum Kampf gegen Russland aufgerufen.
Das bringt der Tag
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bricht am Sonntag zu seiner ersten Afrika-Reise seit seinem Amtsantritt vor knapp einem halben Jahr auf. Er will dabei auch über die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf den Kontinent sprechen.
Afrika ist unter anderem von den im Zuge des Kriegs drastisch steigenden Getreidepreisen betroffen, die eine Ernährungskrise ausgelöst haben. Nach dem Senegal als erster Reisestation will Scholz den Niger und Südafrika besuchen.
- Nachrichtenagenturen dpa, Reuters und AFP