Ereignisse der Nacht Schnelles Treffen mit Putin? "Wird so nicht passieren"
Während die Ukraine ihre Handelsbeziehungen mit Russland beendet, fordert Präsident Selenskyj erneut ein Embargo gegen russisches Öl. Im Donbass kommen Zivilisten ums Leben. Ein Überblick.
Wegen des russischen Angriffskriegs hat die Ukraine ein komplettes Handelsembargo gegen Russland verhängt. "Das ist die juristische Verankerung der faktischen Einstellung der Handelsbeziehungen mit der Russischen Föderation vom 24. Februar", sagte Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko gemäß dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk am Samstag. Die Regierung schätzt die Verluste Moskaus aus dem Boykott auf umgerechnet rund 5,5 Milliarden Euro. Ein Teilimportstopp für russische Waren gilt bereits seit 2015. Kiew transportiert aber weiter täglich mehr als 100 Millionen Kubikmeter russischen Erdgases nach Westen.
Embed
Der ukrainische Präsident forderte, andere Länder müssten ihre Handelsbeziehungen in ähnlichem Maße zurückfahren. Dabei müsse man etwa den Import von russischem Öl stoppen: "Wenn die Tyrannei eine Aggression gegen alles gestartet hat, worauf der Frieden in Europa ruht, müssen wir sofort handeln", appellierte Wolodymyr Selenskyj in einer am Samstagabend veröffentlichten Videobotschaft.
Schnelles Treffen zwischen Selenskyj und Putin unwahrscheinlich
Ein baldiges Friedensabkommen scheint aktuell eher unwahrscheinlich zu sein. Ein Treffen zwischen Selenskyj und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hält die ukrainische Seite jedenfalls kurzfristig für nicht realistisch. "Zu sagen, dass sie sich in einer Woche, in zwei Wochen treffen werden – nein, das wird so nicht passieren", sagte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak am Samstag im ukrainischen Fernsehen. Kiew bereite sich zunächst auf Kämpfe im Donbass vor. Danach habe die Ukraine "eine stärkere Verhandlungsposition" für ein mögliches Präsidententreffen.
Die Ukraine bestehe weiter auf starke Sicherheitsgarantien und zahle dafür einen sehr hohen Preis, so Podoljak. "Ja, es ist hart, wir verlieren jeden Tag Menschen und Infrastruktur. Aber Russland muss sich von seinen imperialen Illusionen befreien." Wie lange dies dauern werde, spiele keine Rolle. "Der Präsident der Ukraine wird in Verhandlungen gehen, wenn wir absolut klare Positionen dafür haben."
Keine Fortschritte in Verhandlungen
Der ukrainische Chefunterhändler bei den Verhandlungen mit Russland, David Arachamija, sagte, es gebe keine greifbaren Fortschritte. Für Kiew bleibe die territoriale Einheit eine rote Linie. "Wir werden keine Gebiete aufgeben, und wir werden nichts anerkennen", erklärte Arachamija mit Blick auf die 2014 von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim und die ostukrainischen "Volksrepubliken" Luhansk und Donezk. Putin hatte beide als unabhängige Staaten anerkannt und danach einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen.
Von einem längeren Konflikt scheint auch die Nato auszugehen. Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte dem "Sunday Telegraph", das Verteidigungsbündnis stelle sich künftig auf eine ständige Militärpräsenz an den Ostgrenzen ein. "Was wir jetzt sehen ist eine neue Realität, eine neue Normalität für die europäische Sicherheit." An diese "neue Realität" müsse sich das Verteidigungsbündnis nun längerfristig anpassen. Dafür sei ein "Reset" notwendig. Er erwarte Entscheidungen dazu beim Nato-Gipfel in Madrid Ende Juni, so Stoltenberg.
Stoltenberg: Mehr Präsenz im Osten
Vor der russischen Invasion in die Ukraine am 24. Februar habe die Nato-Präsenz an der Ostflanke des Bündnisgebiets aus einer relativ kleinen Truppe zur Abschreckung bestanden. Diese Präsenz solle nun zu einer größeren Truppe umgebaut werden, die sich verteidigen könne, sagte Stoltenberg der Zeitung. "Wir müssen sicherstellen, dass wir in einer gefährlicheren Welt weiterhin in der Lage sind, alle Bündnispartner der Nato zu schützen und zu verteidigen."
Unterdessen wurden durch Beschuss in der Region Donezk ukrainischen Angaben zufolge mindestens fünf Zivilisten getötet und fünf weitere verletzt. Die örtliche Militärverwaltung machte Russland dafür verantwortlich. Auch im nordöstlichen Gebiet Charkiw habe die russische Artillerie am Samstag Siedlungen beschossen, teilten ukrainische Behörden mit. Dabei seien mindestens zwei Menschen getötet und ein Mensch verletzt worden. Ukrainische Kräfte hätten bei Angriffen auf russische Truppen am Samstag unter anderem 80 Soldaten getötet sowie drei Panzer und je ein Flugzeug und einen Hubschrauber zerstört. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.
Nach Erkenntnissen des britischen Geheimdienstes gibt es nach dem russischen Abzug aus dem Norden der Ukraine Beweise, dass nicht am Kampfgeschehen beteiligte Menschen auf unverhältnismäßige Weise zur Zielscheibe geworden sind. Es gebe Massengräber, Geiseln seien als menschliche Schutzschilde gebraucht und zivile Infrastruktur vermint worden, teilte das britische Verteidigungsministerium in der Nacht zum Sonntag bei Twitter mit.
- Nachrichtenagentur dpa, AFP und Reuters