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Nach Parlamentswahl in Ungarn: Jetzt muss die EU Orbán Grenzen setzen


Nach Parlamentswahl in Ungarn
Jetzt muss Europa ihn dort treffen, wo es wehtut

  • David Schafbuch
Meinungvon David Schafbuch

04.04.2022Lesedauer: 3 Min.
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Überraschend deutlich: Orbans Fidesz-Partei gewinnt Wahlen in Ungarn. (Quelle: reuters)

Überraschend deutlich hat Viktor Orbán die Parlamentswahl in Ungarn für sich entschieden. Seine Politik missachtet an vielen Stellen demokratische Spielregeln. Das darf die EU nicht mehr hinnehmen.

Wie Viktor Orbán die Welt sieht, wurde nach seinem Wahlsieg wieder deutlich. Trotz enormer Anstrengungen seiner "Feinde" könne er in seine fünfte Amtszeit als Ministerpräsident in Ungarn gehen, sagte der 58-Jährige.

Die Feindesliste des Rechtspopulisten liest sich folgendermaßen: die Linke in Ungarn, die internationale Linke, die Europäische Union, das "Imperium" des Milliardärs George Soros, die internationalen Medien und auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Der hatte Orbán zuletzt kritisiert, weil er weiter gute Kontakte in den Kreml hält und sich trotz des russischen Angriffskrieges nicht entschieden von Putin distanziert.

Auch Orbán dürfte am Sonntag Kenntnis von den Bildern des Kriegsverbrechens in Butscha gehabt haben. Doch eine geschmacklose Spitze gegen die Ukraine konnte er sich trotz der zahlreichen toten Zivilisten nicht verkneifen.

Autokraten und Populisten brauchen einfache Feindbilder, die scheinbar nur sie allein in Schach halten können. In Orbáns Welt kämpft er gegen die Bürokraten der EU, den vermeintlichen "Gender-Wahnsinn" der Linksliberalen oder verhindert, dass sein Land im Gegensatz zu seinen ukrainischen Nachbarn in einen Krieg gezogen wird. Die Wahlergebnisse dürften ihn bestärken, den Kurs fortzusetzen. "Voll unter Testosteron" werde die Fidesz-Politik sein, prophezeite der Politologe Andras Biro-Nagy.

Staat jahrelang umgebaut

Das Votum ist eindeutig. Den Willen des ungarischen Volkes gilt es zu respektieren. Den Weg dorthin allerdings nicht.

Jahrelang hat Orbán den Staat umgebaut, um andere politische Kräfte weitestgehend kleinzuhalten. Vielleicht mag der gemeinsame Kandidat der Opposition, Péter Márki-Zay, nicht der geeignete Herausforderer gewesen sein, um ihn aus dem Amt zu drängen. Dass er allerdings mit ungleichen Waffen antreten musste, ist unbestritten: Márki-Zay war es etwa kaum möglich, in den vielen staatsnahen Medien aufzutauchen.

Trotz des eindeutigen Votums könnte es sein, dass eine ähnliche große Chance für einen Wechsel an der Regierungsspitze nun lange nicht mehr kommen wird. Seine Niederlage musste der Herausforderer allein auf der Bühne mit seiner Familie erklären. Vertreter der sechs Parteien, die ihn zuvor unterstützt hatten, waren nicht mehr zu sehen. Ob die Opposition gegen Orbán in Zukunft ihre Kräfte noch einmal bündeln wird, ist ungewiss.

Brüssel hat zu lange zugesehen

Die Verfassung schnitt Orbán in den vergangenen Jahren so auf sich und seine Partei zu, dass er auch bei dieser Wahl deutliche Vorteile hatte. 53 Prozent der Stimmen bedeuten im Orbán-Ungarn eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Die Verfassung dürfte bald noch stärker die Handschrift des Ministerpräsidenten tragen – und genau das sollte die EU nicht mehr hinnehmen.

Die EU mag zu Orbáns liebsten Feinden zählen: Doch auch der Ministerpräsident weiß, dass sein Land in den vergangenen Jahren zu den größten Nettoempfängern von EU-Geldern gehörte – und gleichzeitig zu den größten Sorgenkindern, was die Achtung rechtsstaatlicher Prinzipien angeht.

Die EU-Kommission muss nun endlich den Druck auf Ungarn erhöhen – und Orbán dort treffen, wo es wehtut. Heißt: Solange er seinen autokratischen Kurs weiterfährt, darf das Geld aus Brüssel nicht mehr so leicht nach Budapest fließen. Mit dem sogenannten Rechtsstaatlichkeits-Mechanismus hat die EU-Kommission eine entsprechende Waffe.

Streng genommen hätte es ein deutliches Stoppschild schon vor Jahren gebraucht. Eine Tatsache, die für das Verhalten gegenüber Viktor Orbán genauso gilt wie gegenüber Wladimir Putin.

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