Laut russischer Zeitung Gazprom prüft angeblich Lieferstopp von russischem Gas
Rubel oder Euro? Im Streit um die russischen Gaslieferungen sendet der Staatskonzern Gazprom neue Alarmsignale. Die EU-Kommission geht derweil mit einer Razzia gegen den Konzern vor.
Mitten im Streit um das passende Zahlungsmittel für die russischen Gaslieferungen nach Europa stiftet der russische Gazprom-Konzern weitere Unsicherheit in der russischen Presse.
Die russische Zeitung "Kommersant" berichtet, dass der Gazprom-Konzern die Optionen eines Lieferstopps in "unfreundliche Länder" prüfen und die Konsequenzen eines solchen Stopps evaluieren wolle. Damit bezieht sich das Medium auf Insider.
"Kommersant" galt früher als eine kritische russische Tageszeitung. 2010 attackierten Unbekannte den "Kommersant"-Journalisten Oleg Kaschin vor seiner Haustür und verletzten ihn schwer. Er hatte zuvor immer wieder die Demokratiemängel in Russland thematisiert.
Zeitungsinhaber hat Verbindungen zu Gazprom
Mittlerweile hat das Medium mehrfach den Besitzer gewechselt. Mit der Übernahme durch den Oligarchen Alischer Usmanow 2018 soll die Zeitung ihre Unabhängigkeit verloren haben.
Der ursprüngliche Chefredakteur wanderte nach Israel aus, viele weitere Journalisten verließen das Blatt. Usmanow ist ein russischer Unternehmer in der Metallbranche und Manager einer Tochterfirma des Konzerns Gazprom.
Unabhängige Informationen sind rar
Seit dem Beginn des russischen Krieges in der Ukraine hat sich die Presse- und Meinungsfreiheit in Russland weiter verschlechtert. Demonstranten gegen den Krieg werden auf der Straße festgenommen. Mit der "Nowaja Gaseta" hat die bekannteste unabhängige Zeitung in Russland vor Kurzem den Betrieb ausgesetzt. Informationen abseits der Kremlpropaganda sind mittlerweile rar.
Im Streit um die russischen Gaslieferungen tauchen aktuell verschiedene Signale auf. So hatte Bundeskanzler Olaf Scholz noch am Mittwoch mitgeteilt, Putin habe ihm in einem Interview zugesichert, dass Deutschland sein Gas weiterhin in Euro zahlen könne.
Putin trifft sich mit Zentralbank und Gazprom
Die Umwandlung in russischen Rubel würde in diesem Fall auf Seiten der Gazprom-Bank erfolgen. Warum es für Putin so wichtig ist, Gaslieferungen gegen Rubel zu fordern, lesen Sie hier.
Vor einer Woche hatte Kremlchef Wladimir Putin angekündigt, russisches Gas an westliche Staaten künftig nur noch gegen Rubel zu verkaufen – nun will Putin sich mit Vertretern des Gasriesen Gazprom und der Zentralbank über konkrete Schritte beraten.
EU-Kommission durchsucht Gazprom-Büro
Doch nicht nur Putin sendet entsprechende Signale: Die EU-Kommission hat in Deutschland die Büros von mehreren Unternehmen aus dem Gassektor durchsucht. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters soll die Kommission auch das Büro von Gazprom durchsucht haben.
Die Kommission gehe dem Verdacht nach, dass die Unternehmen gegen Wettbewerbsregeln verstoßen und ihre Marktmacht missbraucht haben könnten, teilte die Kommission am Donnerstag mit.
- Eigene Recherche
- "Kommersant": "Europa bereitet sich darauf vor, ohne russisches Gas zu bleiben" (Russisch)
- Mit Material der Nachrichtenagenturen Reuters und dpa