Telefonat mit Wladimir Putin Macron: "Das Schlimmste steht noch bevor"
Frankreichs Präsident hat wenig Hoffnung auf Frieden. Nach einem Telefonat mit Wladimir Putin teilt Emmanuel Macron mit: Der Kremlchef will die gesamte Ukraine unter seine Kontrolle bringen. Ein Überblick.
Nach Einschätzung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron steht im russischen Krieg gegen die Ukraine das Schlimmste noch bevor. Das verlautete aus dem Élyséepalast nach einem Telefonat Macrons mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Putin sei "sehr entschlossen, das gesamte Land zu kontrollieren". Der Kreml erklärte seinerseits im Anschluss an das Gespräch, Russland werde den Kampf "kompromisslos fortsetzen".
In dem Telefonat drohte Putin nach Kreml-Angaben, weitere Forderungen an die Ukraine zu stellen. Putin habe betont, dass die Ziele der militärischen "Spezialoperation", wie Russland den Krieg bezeichnet, in jedem Fall erreicht werden. Zuvorderst gehe es um die Demilitarisierung der Ukraine und deren neutralen Status, bekräftigte der Kreml am Donnerstag.
Russland verstärkte indes die Luftangriffe auf Ziele in der Ukraine. Nach Angaben ukrainischer Behörden gab es Tote und Verletzte. Laut der Vereinten Nationen sind inzwischen mehr als eine Million Menschen auf der Flucht. Delegationen Russlands und der Ukraine trafen sich am Donnerstag ein zweites Mal zu Verhandlungen im Westen von Belarus.
Das erste Treffen am Montag war ohne greifbare Ergebnisse geblieben. Am achten Kriegstag sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow: "Wir sind gesprächsbereit, aber wir werden unsere Operation fortsetzen." Putin hatte am 24. Februar den Angriff auf die Ukraine angeordnet.
Paris: Putin in Gespräch "neutral und klinisch"
Nach Angaben aus Paris sei das eineinhalb Stunden dauernde Gespräch auf Initiative Putins zustande gekommen. Es ist das dritte Telefonat der beiden Präsidenten seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar. Das Gespräch sei "ernsthaft und schwierig" gewesen, allerdings habe es keinen hitzigen Schlagabtausch gegeben. Putin habe sich vielmehr "auf neutrale und klinische Weise" ausgedrückt.
Trotz Widerständen und Hindernissen werde Putin sich kaum davon abbringen lassen, seinen Plan bis zum Ende zu verfolgen, hieß es aus Paris. Dennoch habe man Hinweise, dass die verhängten EU-Sanktionen Wirkung zeigten. Die Sanktionen werde man weiter verstärken und vervollständigen.
Macron zu Putin: "Du erzählst Märchen"
Macron habe Putin gemahnt, zivile Opfer zu vermeiden. Darauf habe der russische Präsident eine formelle Antwort gegeben, ohne sich jedoch dazu zu verpflichten. Putin habe ohnehin bestritten, dass russische Soldaten Kiew angegriffen haben und dass es zivile Opfer gegeben habe. "Du erzählst Märchen, du suchst nach Vorwänden", habe Macron Putin gesagt. Er habe ihn aufgefordert, "sich nicht in die Tasche zu lügen".
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Der Kreml behauptete, Putin verfolge weiterhin das Ziel, die Ukraine zu "entnazifizieren". "Wir reden über eine Demilitarisierung und einen neutralen Status für die Ukraine, damit sie niemals Russland bedrohen kann", habe Putin laut einer Kreml-Mitteilung in dem Telefonat gesagt. Zudem habe er kritisiert, dass die Ukraine jahrelang gegen die Vereinbarungen des Friedensplanes von Minsk verstoßen und der Westen nichts dagegen unternommen habe.
Selenskyj gibt sich weiterhin kämpferisch
Macron hatte am Vorabend angekündigt, dass er mit Putin im Gespräch bleiben wolle, um eine Ausweitung des Konfliktes zu verhindern. Er ist der letzte westliche Staatschef, der seit Beginn der Invasion direkten Kontakt mit Putin hat. Die beiden Präsidenten duzen sich weiterhin.
Macron hatte nach dem Gespräch mit Putin auch erneut mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert, mit dem er nach Angaben des Élysées ebenfalls in ständigem Kontakt steht. Der gab sich weiter kämpferisch. "Sie werden hier keinen Frieden haben, sie werden hier kein Essen haben, sie werden hier keine ruhige Minute haben", sagte er in einer Videobotschaft.
- Nachrichtenagenturen afp und dpa