Pandemie Corona, nej tak! - Dänemark lässt Beschränkungen hinter sich
Kopenhagen (dpa) - Als eines der ersten Länder Europas hat Dänemark am Dienstag praktisch alle Corona-Beschränkungen aufgehoben.
Im nördlichsten deutschen Nachbarland gelten bis auf vereinzelte Einreiseregeln keine Einschränkungen mehr - trotz einer nach wie vor sehr hohen Zahl an Neuinfektionen und einer Sieben-Tage-Inzidenz von knapp 4800.
Die Maskenpflicht gehört nun bis auf Weiteres ebenso der Vergangenheit an wie das Vorzeigen von Impf-, Genesungs- und Testnachweisen per Corona-Pass. Großveranstaltungen wie Konzerte und Fußballspiele können nun ohne Teilnehmerbegrenzungen über die Bühne gehen. Discos und andere Einrichtungen des Nachtlebens dürfen ebenfalls wieder öffnen. Zeitliche Beschränkungen für den Verkauf von Alkohol etwa in Kneipen gibt es nicht mehr.
Keine "gesellschaftskritische Krankheit" mehr
Grundlage für all das ist die Entscheidung, Covid-19 in Dänemark nicht mehr als "gesellschaftskritische Krankheit" einzustufen. Die umfassende Aufhebung von Beschränkungen inmitten hoher Neuinfektionszahlen - wie passt das zusammen? Tatsächlich könne dies merkwürdig oder paradox wirken, hatte Ministerpräsidentin Mette Frederiksen bei der Bekanntgabe der Entscheidung vergangene Woche gesagt. Die Zahl, auf die man schaue, sei jedoch die, wie viele nach einer Infektion ernsthaft erkrankten. Diese Kurve sei nun gebrochen.
Gesundheitsminister Magnus Heunicke mahnte am Dienstag aber auch: "Corona verschwindet nicht mit den Beschränkungen aus der Gesellschaft." Man müsse weiterhin aufeinander Acht geben, vor allem auf Anfällige und Ältere. Nahezu alle neuen Corona-Fälle in Dänemark gehen mittlerweile auf die Omikron-Variante zurück - und das wird durchaus positiv gesehen. Denn trotz der vielen Neuinfektionen ist die befürchtet schwierige Lage in den Krankenhäusern und vor allem auf den Intensivstationen ausgeblieben.
Die Dänen haben zwei Erklärungen dafür: mildere Krankheitsverläufe bei Omikron-Infektionen und die im Land sehr hohen Impfzahlen. Mehr als vier Fünftel der Gesamtbevölkerung von knapp sechs Millionen Menschen verfügen über den Impf-Grundschutz gegen Covid-19. 60 Prozent haben auch schon ihre Auffrischdosis erhalten. Der Impfstoff habe sich als "Superwaffe" erwiesen, sagte Frederiksen. Die Zahlen der Neuinfektionen und der Krankenhauseinlieferungen haben sich voneinander entkoppelt.
Kaum jemand trägt mehr Maske
"Wir sind durch die kritische Phase durch", so Frederiksen. "Wir sagen "Auf Wiedersehen" zu den Beschränkungen und "Willkommen" zu dem Leben, das wir vor Corona kannten." Die große Willkommensfeier blieb in der kalten Nacht zum Dienstag aus. Auch am verregneten Vormittag gab es in der Hauptstadt Kopenhagen keine größeren Jubelszenen, trotzdem war vieles anders: Läden in der Innenstadt hatten die meisten Corona-Hinweise entfernt, Masken trug kaum jemand mehr.
In der Fußgängerzone des Städtchens Aabenraa (Apenrade) nahe der Grenze zu Deutschland war von der Aufhebung noch wenig zu spüren. Bei Nieselregen und Kälte bummelten nur wenige durch Straßen und Geschäfte. Ganz weg waren die Deutschen auch in den vergangenen Monaten nicht. Die Direktorin von Business Aabenraa, Helle Malene Kjølsen Olsen, verspricht sich jedoch weiteren Zuwachs. "Ich hoffe, dass viele Deutsche die Gelegenheit nutzen, ohne Restriktionen die Geschäfte, Restaurants und Discos wieder zu besuchen."
Ob nun weniger Dänen zum Einkaufen nach Schleswig-Holstein kommen, muss sich zeigen. Auf den Parkplätzen vor Supermärkten in Flensburg standen am Dienstag weiter Autos mit dänischen Kennzeichen. Viele Dänen aus der Grenzregion werden vermutlich weiterhin Maskenpflicht und weitere Beschränkungen in Kauf nehmen, um in Deutschland günstiger einkaufen zu können.
Dänemark hatte im September schon einmal alle Beschränkungen aufgehoben. Dann stiegen die Neuinfektionszahlen aber wieder, weshalb die Restriktionen wieder eingeführt wurden. Am Dienstag lag die Zahl bei mehr als 45.000 neuen Fällen. Vereinzelte Einreiseregeln vor allem für Ungeimpfte bleiben bestehen. Krankenhäuser und Pflegeheimen sollen von Besuchern zudem den Gebrauch von Masken und Corona-Pass verlangen, um Schutzbedürftige und Ältere zu schützen.