Präsident beantwortet Fragen Putin will seinen Nachfolger selbst aussuchen
In einem als "Bürgerstunde" deklarierten Live-Interview hat Russlands Präsident Wladimir Putin sich zur Wahl seines Impfstoffs und zu einem möglichen Ende seiner Amtszeit geäußert.
Mehr als drei Monate nach seiner Impfung hat der russische Präsident Wladimir Putin nun doch gesagt, mit welchem Impfstoff er sich hat impfen lassen. Er habe den russischen Impfstoff Sputnik V erhalten, sagte Putin am Mittwoch bei der im Staatsfernsehen übertragenen Sendung "Der direkte Draht". "Die Impfung ist ungefährlich", sagte Putin und betonte, dass es keine ernsthaften Nebenwirkungen gebe. Bisher hatte der 68-Jährige stets abgelehnt, den Namen des Impfstoffs zu nennen.
Zugleich behauptete Putin, dass das Vakzin besser sei als andere Impfstoffe. "Gott sei Dank, gibt es bei uns keine solchen tragischen Situationen nach der Impfung wie nach der Verabreichung von Astrazeneca und Pfizer", sagte Putin.
Russland steht im Westen immer wieder in der Kritik, dort entwickelte Vakzine schlecht zu reden. Im Gegensatz zu westlichen Impfstoffen hat Sputnik V bisher keine Zulassung der Weltgesundheitsorganisation oder der EU. Das Vakzin ist inzwischen in mehr als 60 Ländern zugelassen. Russland selbst erlaubt keine westlichen Impfstoffe.
Putin verteidigt regionale Impfpflicht
Russland kämpft seit Mitte des Monats mit einem Anstieg der Corona-Infektionen, der auf die Ausbreitung der deutlich ansteckenderen Delta-Variante und die schleppende Impfkampagne zurückgeführt wird. Putin sagte dazu im Interview, es habe immer schon Menschen gegeben, die Impfungen grundsätzlich ablehnten.
Solche Impfskeptiker seien "zahlreich" und das "nicht nur in unserem Land, sondern auch im Ausland", so Putin. Die Menschen sollten aber nicht "auf Leute hören, die davon nichts verstehen und Gerüchte verbreiten, sondern auf Experten", mahnte der Kreml-Chef. Die Folgen einer Corona-Infektion könnten bei Ungeimpften "sehr ernst" sein.
Auf die Bürgerfrage, ob er einen erneuten landesweiten Corona-Lockdown befürworte, antwortete Putin in seiner Fragestunde, die Regionalbehörden ordneten stattdessen Schutzmaßnahmen wie eine Impfpflicht an. Zugleich erteilte er einer landesweiten Corona-Impfpflicht eine Absage: "Ich unterstütze Pflichtimpfungen nicht."
Putin zu Ende seiner Amtszeit: "Natürlich kommt die Zeit"
In der Live-Sendung im Staatsfernsehen sagte Putin, der vor mehr als 20 Jahren erstmals gewählt wurde, außerdem, dass er den Zeitpunkt seiner Machtübergabe selbst bestimmen und dann auch einen Nachfolger empfehlen will. "Natürlich kommt die Zeit. Und ich hoffe, dass ich sagen kann, dass dieser oder jener Mensch meiner Meinung nach würdig ist, solch ein wunderbares Land wie unsere Heimat Russland zu führen." Er sehe als seine Verantwortung, eine Empfehlung zu geben. Das laufe so in jedem Land der Welt.
Zugleich wies der Kremlchef die Aussage eines Zuschauers zurück, dass ihm die Macht von Vorgänger Boris Jelzin in die Hand gelegt worden sei. "Jelzin hat mir die Macht nicht übergeben", sagte Putin. Er sei nach dessen Rücktritt in der Nacht zum 1. Januar 2000 lediglich Interimspräsident gewesen und danach zum Staatsoberhaupt gewählt worden. Das hätten die Bürger Russlands so entschieden.
Kritiker werfen Putin immer wieder vor, als damaliger Regierungschef Jelzins Schwäche ausgenutzt zu haben. Zusammen mit Freunden aus der gemeinsamen Zeit in der St. Petersburger Stadtverwaltung habe er die Macht ergriffen.
Der Kremlchef hatte im vergangenen Jahr durch eine Verfassungsänderung den Weg freigemacht, dass er bis 2036 regieren kann. Voraussetzung wäre, dass Putin zu den Wahlen 2024 und 2030 wieder antritt und gewählt wird. Ursprünglich erlaubte die Verfassung nur zwei Amtszeiten hintereinander.
- Nachrichtenagentur dpa