Opposition vermutet Wahlbetrug Armenien: Premier sticht Putin-Freund bei Wahl klar aus
Der Krieg mit dem Nachbarn Aserbaidschan erschütterte Armenien im vergangenen Jahr. Protesten gegen Premier Paschinjan waren die Folge. Doch bei der Parlamentswahl konnte sich dieser nun behaupten.
Bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Armenien hat der massiv unter Druck geratene Regierungschef Nikol Paschinjan seine Macht behauptet. Laut dem vorläufigen Ergebnis erreichte seine Partei Bürgervertrag 53,92 Prozent der Stimmen. Sie landete damit deutlich vor dem Block Armenien von Paschinjans schärfsten Herausforderer Robert Kotscharjan, der auf 21,04 Prozent kam. Paschinjan erklärte am Montag, seine Partei werde im Parlament über eine Mehrheit verfügen und erneut eine Regierung bilden – "angeführt von mir". Ex-Präsident Kotscharjan zweifelte dagegen den Ausgang der Wahl vom Sonntag an.
Paschinjan hatte die Wahl vorgezogen, nachdem er zunehmend in die Kritik geraten war. Gegner machten den seit 2018 amtierenden Ministerpräsidenten verantwortlich für den Ausgang des sechswöchigen Kriegs gegen Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach im vergangenen Jahr. Die Kämpfe endeten mit einem von Russland vermittelten Waffenstillstand, der Aserbaidschan die Kontrolle über Gebiete zurückgab, die es in einem Krieg Anfang der 1990er-Jahre verloren hatte. Während Aserbaidschan sich als Sieger feierte, sah sich Paschinjan im eigenen Land zunehmend mit Rücktrittsforderungen und Straßenprotesten konfrontiert.
Kotscharjan zweifelt Wahlergebnis an
Mit der Neuwahl wollte der 46-Jährige die politische Krise beenden. Meinungsumfragen hatten jedoch auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen seiner Partei und dem Block Armenien hingedeutet. Die nun präsentierten Ergebnisse wertet Kotscharjans Bündnis laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax als Widerspruch zu "den Prozessen des öffentlichen Lebens, die wir in den vergangenen acht Monaten beobachtet haben".
Es habe 319 Berichte über Unregelmäßigkeiten bei der Wahl gegeben, meldete die Agentur RIA. Die Zentrale Wahlkommission CEC erklärte nach Angaben von Interfax, die Abstimmung sei weitgehend im Einklang mit den rechtlichen Normen abgelaufen. CEC-Beobachter hätten die Wahl als offen und fair eingestuft.
Auch die OSZE sieht keine Anhaltspunkte für Manipulationen. Der Wahlkampf sei fair und frei gewesen. Es seien in einer polarisierten Umgebung die freiheitlichen Grundrechte der Wähler geachtet worden, sagte die norwegische Beobachterin Kari Henriksen von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am Montag in der armenischen Hauptstadt Eriwan. Die OSZE-Beobachter betonten, die Behörden hätten die Abstimmung am Sonntag professionell im Einklang mit internationalen Recht gemanagt. Die OSZE-Beobachter meinten, es liege in der Hand der armenischen Behörden, gemeldete Verstöße zu untersuchen. Das amtliche Endergebnis soll in einer Woche vorliegen.
- Nachrichtenagenturen dpa, Reuters