Nach Urteil in der Türkei "Welt"-Journalist Deniz Yücel will in Berufung gehen
Deniz Yücel wurde in Abwesenheit von einem Gericht in Istanbul wegen des umstrittenen Vorwurfs der "Terrorpropaganda" zu fast drei Jahren Haft verurteilt. Den Schuldspruch will der Journalist nun anfechten.
Der "Welt"-Journalist Deniz Yücel hat nach dem umstrittenen Urteil gegen ihn in der Türkei angekündigt, in Berufung zu gehen. "Wir werden natürlich Revision einlegen. Wir haben zehn Tage Zeit dafür, das werden wir ausnutzen", sagte Yücel am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP. Er werde solange vor Gericht weiter streiten, bis das "rechtswidrige Urteil" gegen ihn aufgehoben sei, sagte Yücel.
Yücel wurde in Abwesenheit von einem Gericht in Istanbul wegen des umstrittenen Vorwurfs der "Terrorpropaganda" zu einer Haftstrafe von zwei Jahren, neun Monaten und 22 Tagen verurteilt. Vom Vorwurf der "Volksverhetzung" wurde er hingegen freigesprochen.
Yücel: Türkische Justiz ist miserabel
Yücel bezeichnete das Urteil als "erbärmlich", da das Strafgericht eine Entscheidung des türkischen Verfassungsgerichts aus dem vergangenen Jahr nicht berücksichtigt habe. Das oberste Gericht der Türkei hatte damals Yücels Inhaftierung für rechtswidrig erklärt. Er wisse nicht, ob sich das Strafgericht aus eigener Entscheidung über das Verfassungsgericht hinweggesetzt oder ob es eine Anweisung aus Ankara gegeben habe. "Der Fall hat gezeigt, wie erbärmlich, wie miserabel es um die türkische Justiz bestellt ist", sagte Yücel.
Nach Aussagen des Journalisten will die türkische Justiz ein weiteres Strafverfahren gegen ihn eröffnen. Darin werde ihm vorgeworfen, dass er die Türkei und ihre Symbole verunglimpft habe. Die Justiz berufe sich dabei auf seine Einlassung vor Gericht, als er sich schriftlich verteidigte, sowie auf einen seiner Artikel für die "Welt" mit dem Titel "Der Putschist".
Yücel lebt derzeit in Deutschland
Im Gespräch gab Yücel an, dass ihm das Urteil trotz der langen Zeit, die seit seiner Inhaftierung in der Türkei verstrichen ist, nahe gegangen sei. "Dass mich die Sache so aufwühlen würde, hat mich ziemlich überrascht. Das hätte ich nicht nach der langen Zeit gedacht. Denn ich bin ja hier in Freiheit", sagte Yücel mit Blick auf sein Leben in Deutschland. "Ich denke, es liegt daran, dass durch dieses Urteil diese lange Kette von Unrecht nicht geendet ist, sondern sich nun weiter fortsetzt."
Yücel arbeitete als Auslandskorrespondent für die "Welt" in der Türkei, bis er am 14. Februar 2017 wegen seiner Artikel festgenommen wurde. Die Vorwürfe gegen ihn bezogen sich unter anderem auf ein Interview Yücels mit einem Anführer der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Der Journalist kam erst nach einem Jahr in Untersuchungshaft im Februar 2018 frei, er verließ daraufhin sofort die Türkei und kehrte nach Deutschland zurück. Seit seiner Freilassung hat der 46-Jährige die Türkei nicht mehr betreten.
- Nachrichtenagentur afp