Panik und Handgreiflichkeiten Spontane Ausgangssperre in der Türkei sorgt für Tumulte
In 31 türkischen Städten herrscht wegen der Coronavirus-Pandemie derzeit eine Ausgangssperre. Diese wurde so kurzfristig verkündet, dass es vielerorts zu chaotischen Szenen kam.
Die türkische Regierung hat wegen der Corona-Krise für dieses Wochenende ein Ausgangsverbot in 31 Städten verhängt. Das beinhaltete auch die größte Stadt des Landes, die Millionenmetropole Istanbul, wie Provinz-Gouverneur Ali Yerlikaya am späten Freitagabend bestätigte. Einem Tweet des Innenministeriums zufolge sind auch die Hauptstadt Ankara sowie die Großstädte Izmir und Antalya betroffen. Das Verbot gelte ab Mitternacht und bis Mitternacht in der Nacht zum Montag, hieß es.
Details zur Regelung waren zunächst unklar – und weil die Maßnahme erst knapp zwei Stunden vor Mitternacht (Ortszeit) verkündet wurde, setzten in Istanbul sofort Panikkäufe ein. In Supermärkten, vor Bäckereien und den typischen kleinen Nachbarschaftsläden bildeten sich sofort lange und oft dicht gedrängte Schlangen. Videos in den sozialen Netzwerken zeigen Szenen, in denen es auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt. So schreibt etwa der Wassersportler Hakan Hatipoğlu zu einem Video mit Handgreiflichkeiten: "Es ist schade. Das ist das Herz von Istanbul."
Istanbuls Bürgermeister kritisiert Kommunikation
Der Oppositionsbürgermeister von Istanbul, Ekrem Imamoglu, kritisierte die kurzfristig und karg kommunizierte Maßnahme. Die Stadtverwaltung sei nicht informiert gewesen. Es sei nicht einmal bekannt, welche Dienstleistungen die Stadt am Samstag anbieten könne.
Details dazu tröpfelten erst nach und nach ein. Innenminister Süleyman Soylu rief der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge zur Ruhe auf. Es gebe keinen Grund für Panikkäufe, unter anderem würden am Samstag die Bäckereien geöffnet sein, die ihre Waren dann ausliefern dürften. Anadolu zufolge sollen auch Kliniken, Apotheken sowie Institutionen und Firmen, die bestimmte öffentliche Dienstleistungen anbieten, offen bleiben. Menschen dürften auch zu Begräbnissen von Verwandten ersten Grades gehen. Unklar blieb zunächst, ob das Gassigehen mit dem Hund erlaubt blieb.
Die Türkei hat bisher rund 47.000 Infektionsfälle gemeldet. Die Zahl der Todesopfer hatte am Freitag die 1.000 überschritten. Für Menschen ab 65 Jahre, chronisch Kranke und unter 20-Jährige galten bereits Ausgehverbote. Die Regierung hat bisher jedoch darauf verzichtet, eine landesweite Ausgangssperre zu verhängen – auch, um die bereits angeschlagene Wirtschaft nicht weiter zu beeinträchtigen. Sie hatte jedoch viele andere Maßnahmen getroffen. Unter anderem wurden Schulen und Universitäten, Cafés und Bars geschlossen und gemeinsame Gebete in Moscheen verboten.
- Nachrichtenagentur dpa
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