Rede vor UN-Vollversammlung Ruhani startet Friedensinitiative für Golfregion ohne USA
New York (dpa) - Nach monatelanger Zuspitzung der Krise in der Golfregion hat der iranische Präsident Hassan Ruhani eine Friedensinitiative gestartet. Die USA will er dabei aber ausgrenzen.
Ruhani lud am Mittwoch in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung alle Anrainerstaaten der strategisch wichtigen Straße von Hormus am Persischen Golf zur gemeinsamen Lösung von Konflikten. Verhandlungen mit US-Präsident Donald Trump lehnte er dagegen ab, solange der seine Sanktionen gegen den Iran aufrecht erhält. "Man verhandelt nicht mit einem Feind, der versucht, Iran mit den Waffen des Elends, des Drucks und der Sanktionen in die Knie zu zwingen."
Ruhanis Plan zielt darauf ab, dass die Länder der Region ohne Einmischung von außen dafür sorgen, dass Krisen gelöst werden. "Wir sind Nachbarn untereinander, nicht Nachbarn der Vereinigten Staaten", sagte er. Die USA seien in Afghanistan, in Syrien und im Irak gescheitert. "So eine Regierung ist offensichtlich nicht in der Lage, kompliziertere Probleme der heutigen Zeit zu lösen."
Die Straße von Hormus verbindet den Persischen Golf mit dem Golf von Oman und zählt zu den wichtigsten Routen der Handelsschifffahrt weltweit. Anrainer der beiden Golfe sind neben den um die Vormacht in der Region konkurrierenden Ländern Iran und Saudi-Arabien der Irak, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait, Oman, Bahrain und Katar. Die Region verfügt über riesige Ölvorkommen. Die meisten der arabischen Länder der Region sind von der Vormachtstellung des sunnitischen Königreichs Saudi-Arabiens abhängig und stehen dem schiitisch geprägten Iran ablehnend gegenüber.
Die US-Regierung bezeichnete Ruhani angesichts der Sanktionen als "Kriminelle", die "gnadenlosen wirtschaftlichen Terror" zu verantworten hätten. Gleichzeitig betonte er, wie ernst die Lage am Golf ist: "Unsere Region ist am Rande des Zusammenbruchs, weil ein einzelner Fehler ein großes Feuer entfachen kann."
Direkte Verhandlungen zwischen dem Iran und den USA sind mit der Rede wieder unwahrscheinlicher geworden. Trump hatte am Vortag in der Generaldebatte noch andere Signale gesetzt. Zwar bezichtigte der US-Präsident den Iran in seiner Rede, im Nahen Osten im "Blutrausch" zu wüten, und drohte der Islamischen Republik mit weiteren Sanktionen.
Insgesamt schlug er aber einen moderateren Ton an als sonst. "Amerika ist bereit, Freundschaft zu schließen mit allen, die aufrichtig Frieden und Respekt anstreben", betonte Trump. Die USA hätten nie an "dauerhafte Feinde" geglaubt. "Wir wollen Partner, keine Gegner." Am Mittwoch verhängte Trump dann ein Einreiseverbot für hochrangige Beamte der Regierung in Teheran und deren unmittelbare Angehörige. In einer Bekanntmachung hieß es, das US-Außenministerium werde bestimmen, auf welche Personen das Verbot konkret zutreffe.
US-Außenminister Mike Pompeo äußerte am Mittwoch die Hoffnung auf ein Ende des Konflikts. "Wir wollen eine friedliche Lösung mit der Islamischen Republik Iran", sagte er. "Am Ende hängt es von den Iranern ab, ob sie diese Entscheidung treffen oder ob sie Gewalt und Hass wählen." Pompeo fügte hinzu: "Wir hoffen, dass wir die Chance bekommen, mit ihnen zu verhandeln und ein Ergebnis zu bekommen, das gut sowohl für sie als auch für die Vereinigten Staaten ist."
Bundesaußenminister Heiko Maas drang noch vor der Rede Ruhanis auf ein baldiges Treffen des iranischen Präsidenten mit Trump. "Wenn niemand einen Krieg will, dann muss er jetzt auch einen Beitrag dazu leisten, und dafür sind Gespräche notwendig und nicht der weitere Aufbau von Spannungen am Golf", sagte der SPD-Politiker. Er wünsche sich, dass ein solches Treffen noch während der Vollversammlung in dieser Woche stattfindet. "Wenn es der Fall wäre, wäre es gut", sagte er. Trump ist noch bis Donnerstag in New York. Ruhani reist nach ihm ab.
Trump hat sich zwar zunächst mehrfach zu einem Treffen ohne Vorbedingungen bereit erklärt, das aber nach den Angriffen auf saudische Öl-Anlagen wieder zurückgenommen. Die Spannungen in der Region hatten durch die Attacken noch einmal erheblich zugenommen.
In New York laufen nun die diplomatischen Bemühungen um eine Entschärfung der Krise auf Hochtouren. Bundeskanzlerin Angela Merkel kam bereits am Dienstag am Rande der Vollversammlung überraschend mit Trump zusammen und traf sich erstmals auch mit Ruhani. Sie sprach sich ebenfalls für ein Gespräch zwischen Trump und Ruhani ohne Vorbedingungen aus.
Deutschland, Frankreich und Großbritannien vollzogen in New York aber auch einen Kurswechsel. In einer gemeinsamen Erklärung schlossen sie sich am Montag der Einschätzung der USA an, dass Teheran für den Angriff auf saudische Ölanlagen verantwortlich ist. Gleichzeitig forderten sie Verhandlungen über ein umfassenderes Abkommen, das auch das iranische Raketenprogramm und die Rolle des Irans in regionalen Konflikten berücksichtigt.
Trotzdem stehen die Europäer wie auch China und Russland weiter zu dem Abkommen. Das bekräftigten die Außenminister der fünf Länder am Mittwoch bei einem Treffen mit ihrem iranischen Kollegen Mohammed Dschawad Sarif. In einer von der EU verbreiteten gemeinsamen Erklärung zeigten sie sich einig, dass das Abkommen weiter eine Schlüsselrolle im Kampf gegen die Verbreitung von Nuklearwaffen spielt.
Sie unterstreichen darin die Bedeutung "der vollständigen und effektiven Umsetzung" der Vereinbarung von 2015, aus der die USA im vergangenen Jahr ausgestiegen sind. Seitdem können die europäischen Vertragsstaaten, aber auch Russland und China, die versprochenen wirtschaftlichen Vergünstigungen wegen der US-Sanktionen nicht mehr bieten. Der Iran fährt seinerseits die Urananreicherung wieder hoch.
Pompeo sieht die westlichen Verbündeten im Umgang mit der Iran-Krise auf US-Kurs einschwenken. "Das ist der Beginn eines Aufwachens angesichts der Wahrheit, dass Iran der Aggressor ist und nicht der Geschädigte", sagte er bei einer Iran-Konferenz am Rande der UN-Generaldebatte zu der gemeinsamen Erklärung der Europäer. Pompeos Sprecherin Morgan Ortagus hatte bereits am Dienstag von einem "massiven diplomatischen Sieg" für die Regierung von US-Präsident Donald Trump gesprochen.