Erste Erklärung seit Jahren Inhaftierter PKK-Chef Öcalan ruft zu Versöhnung auf
Seit 1999 sitzt er auf einer Gefängnisinsel in türkischer Haft: Nun hat PKK-Chef Abdullah Öcalan seine Anwälte nach dem ersten Treffen seit acht Jahren eine Erklärung verlesen lassen.
Aus seiner lebenslangen Haftstrafe heraus hat der Chef der kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan, zu einer "tiefen gesellschaftlichen Versöhnung" in der Türkei aufgerufen. Um die Probleme zu lösen, müsse man sich von "jedweder Polarisierung und Streitkultur" fernhalten und zur Methode der "demokratischen Verhandlung" übergehen. Öcalans Erklärung wurde an diesem Montag von seinen Anwälten verlesen, die den PKK-Chef erstmals nach rund acht Jahren wieder hatten besuchen können. Vier Verteidiger hätten um eine Erlaubnis gebeten, nur zweien sei der Besuch erlaubt worden.
Seit 1999 in Isolationshaft
Das Gespräch habe vergangene Woche Donnerstag auf der Gefängnisinsel Imrali stattgefunden und etwa eine Stunde gedauert, teilten seine Anwälte mit. Der PKK-Führer sitzt seit 1999 auf der Gefängnisinsel im Marmarameer in fast völliger Isolation eine lebenslange Freiheitsstrafe ab. Im Januar hatte er zuletzt Besuch von seinem Bruder erhalten.
- AKP-Niederlage: Wahlbehörde ordnet Neuwahl für Istanbul an
Die PKK kämpft seit 1984 mit Waffengewalt und Anschlägen für einen kurdischen Staat oder ein Autonomiegebiet im Südosten der Türkei. Inzwischen ist die PKK nach eigenen Angaben von der Maximalforderung eines unabhängigen Staates abgerückt.
Öcalan hatte schon in seiner letzten traditionellen Botschaft zum kurdischen Neujahrsfest im März 2015 aus dem Gefängnis heraus zu einem Ende des gewaltsamen Kampfes aufgerufen. Damals führten die PKK und die türkische Regierung Friedensgespräche. Der mehr als zwei Jahre andauernde Versöhnungsprozess scheiterte jedoch im Sommer desselben Jahres. Seitdem geht das türkische Militär wieder verstärkt gegen die Organisation vor. Die PKK und ihre Splitterorganisation TAK verübten zahlreiche Anschläge, unter anderem in Ankara und Istanbul.
Öcalan: Empfindsamkeiten der Türkei berücksichtigen
Öcalan ging nach Angaben der Anwälte auch auf Syrien ein, wo die Kurdenmiliz YPG, die enge Verbindungen zur PKK hat, große Gebiete beherrscht. In dem Kriegsland müsse auf eine friedliche Lösung hingearbeitet werden, hieß es in der verlesenen Erklärung. Dabei müsse man auf die Empfindsamkeiten der Türkei Rücksicht nehmen.
Die Anwälte nannten es "Besorgnis erregend", dass Öcalan rund acht Jahre lang der Kontakt zu seinen Verteidigern verweigert worden sei. "Weder wir noch unser Mandant wissen oder können voraussehen, ob die Anwaltstreffen periodisch fortgesetzt werden", hieß es.
- Flucht nach Griechenland: Erdogan setzt Kopfgeld auf eigene Soldaten aus
- Unions-Kandidat für Europa: Erdogan-Partei wirft Weber Rassismus vor
- Wahlkampf: Erdogan will aus Hagia Sophia eine Moschee machen
Aus Protest gegen die Haftbedingungen Öcalans war die Abgeordnete der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP, Leyla Güven, am 8. November in den Hungerstreik getreten. Zahlreiche Unterstützer schlossen sich der Aktion Güvens an. Nach Angaben der HDP befinden sich zurzeit rund 3.000 Menschen alleine in Gefängnissen im Hungerstreik. Nach Angaben der Anwälte appellierte Öcalan an die Hungerstreikenden, ihre Gesundheit und ihr Leben nicht zu gefährden.
- Nachrichtenagentur dpa