Kontroverse zu Chinas Rekordbrücke 55 Kilometer lange Brücke verbindet Hongkong und Chinas Festland
Das gigantische Brückenprojekt ist nicht nur wegen der hohen Kosten, Korruption und tödlicher Unfälle umstritten. Viele Hongkonger wollen gar nicht so nahe an Chinas Festland rücken.
Überschattet von Kontroversen ist die weltweit größte Meeresbrücke zwischen Hongkong und dem Festland Chinas eröffnet worden. Bei einer Feier in Zhuhai gab Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping am Dienstag persönlich die Superbrücke ab Mittwoch für den Verkehr frei. Das Megaprojekt verbindet die asiatische Wirtschafts- und Finanzmetropole mit dem Spielerparadies Macao und der südchinesischen Sonderwirtschaftszone Zhuhai.
Nach neun Jahren Bauzeit soll die Brücke im Perlflussdelta einen großen Wirtschaftsraum mit Hongkong und der Boom-Provinz Guangdong schaffen. Die frühere britische Kronkolonie Hongkong und die ehemalige portugiesische Enklave Macao werden mit der Anbindung besser in die Volksrepublik integriert, verdeutlichte Chinas Vizepremier Han Zheng die politische Bedeutung. "Es erleichtert den Menschen in allen drei Orten einen größeren Austausch und Handel."
Die Kosten gab die chinesische Regierung mit 120 Milliarden Yuan an, umgerechnet 15 Milliarden Euro. Die 55 Kilometer lange Verbindung besteht aus einer sich schlängelnden Brücke und einem 6,7 Kilometer langen Unterwassertunnel zwischen zwei künstlichen Inseln.
Hongkonger wollen Abstand zum Festland wahren
Nicht nur wegen zwei Jahren Bauverzögerung, Kostenüberschreitungen, mangelnder Transparenz, Korruption und dem Tod von zehn Bauarbeitern allein auf Hongkonger Seite ist das Projekt umstritten. Viele der sieben Millionen Einwohner Hongkongs fürchten genau die von Peking gewünschte stärkere Integration in die Volksrepublik und möchten lieber ihre Insellage und Sonderrolle bewahren.
Seit der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie 1997 an China wird Hongkong in seinem eigenen Territorium mit hoheitlichen Grenzen als chinesische Sonderverwaltungsregion autonom regiert. Nach dem gleichen Modell wird auch die frühere portugiesische Enklave Macao seit ihrer Rückgabe 1999 an China eigenständig verwaltet.
Deutlich kürzere Fahrtzeiten
Die Brücke reduziert die Fahrzeit für Menschen und Fracht in die Volksrepublik um mehrere Stunden. Heute dauert es vom Hongkonger Flughafen bis Zhuhai vier Stunden - künftig werden es 45 Minuten. Vom Hongkonger Containerhafen in das 1,6 Millionen Einwohner zählende Zhuhai soll es künftig statt 3,5 Stunden nur noch 75 Minuten dauern.
Die Brücke soll aber auch helfen, das 13 Millionen Einwohner zählende Shenzhen auf der anderen Seite der Grenze sowie die Provinzhauptstadt Guangzhou mit 14 Millionen Menschen und andere wirtschaftlich blühende Städte in der Region enger mit Hongkong zu vernetzen. Nach der Eröffnung einer neuen Hochgeschwindigkeitsbahn mit Hongkong vor einem Monat ist die Superbrücke der nächste Schritt.
Doch Kritiker sind nicht überzeugt. Viele argumentieren, dass Hongkong sein Geld besser in dringendere soziale Vorhaben in der Stadt gesteckt hätte. "Das ganze Ding ist überflüssig", sagte die oppositionelle demokratische Abgeordnete des Legislativrates, Claudia Mo, die sich auch an den stetig gestiegenen Kosten stößt. "Wir haben Verbindungen zu Lande, zur See und in der Luft, in jeder Weise wie wir wollen. Warum brauchen wir zusätzlich eine Brücke?"lastet werden. Hongkong ist einer der größten Containerhäfen weltweit.
Zufahrt nur mit besonderer Genehmigung
Umstritten ist auch, dass die Brücke mit dem eigenen Auto nur mit besonderen Genehmigungen für einzelne Abschnitte befahren werden kann. Die meisten Reisenden müssen spezielle Busse nehmen, um die Brücke nutzen zu können. Die Reisezeit in das Spielerparadies Macao verbessert sich auch nicht so wesentlich, da es nur eine Stunde mit der Fähre von Hongkong entfernt ist.
Die Regierung in Peking will rund zehn wirtschaftlich blühende Städte im Perlflussdelta wie das 13 Millionen Einwohner zählende Shenzhen auf der anderen Seite der Grenze sowie Guangzhou mit 14 Millionen Menschen enger mit Hongkong vernetzen. Nach der Eröffnung einer neuen Hochgeschwindigkeitsbahn zwischen der Ex-Kronkolonie und China im vergangenen Monat ist die Superbrücke der nächste Schritt.
Doch Kritiker sind nicht überzeugt. Häufig wird argumentiert, dass Hongkong sein Geld besser in die Entwicklung der Hafenstadt oder soziale Vorhaben gesteckt hätte. "Das ganze Ding ist überflüssig", sagte die oppositionelle demokratische Abgeordnete des Legislativrates, Claudia Mo. "Wir haben Verbindungen zu Lande, zur See und in der Luft, in jeder Weise wie wir wollen. Warum brauchen wir zusätzlich eine Brücke?"
Regierung verteidigt Kostenüberschreitungen
Die Hongkonger Regierung verteidigte die Kostenüberschreitungen mit unvorhergesehenen Problemen. Sie nannte als Gründe "komplizierte Bedingungen für den Bau auf hoher See, die Schwierigkeiten in der Konstruktion, der Anstieg der Arbeits- und Materialkosten wie auch die Änderung des Designs und der Konstruktionspläne".
Der Hongkonger Kritiker und Bauingenieur Albert Lai meinte, dass viele dieser Probleme mit besserer Planung und Untersuchung der Baustätten hätten verhindert werden können. Der politische Druck, die Brücke so schnell wie möglich fertigzustellen, habe die Ingenieure "riskant" handeln lassen. Auch habe die Hongkonger Regierung eine all zu "lockere" Haltung gegenüber der Brücke eingenommen, an der die chinesische Seite die Federführung hatte.
Lücken bei Qualität und Sicherheit
Dem Auftragnehmer sei erlaubt worden, zwischendurch das Design und die Bauweise zu wechseln. Auch sei bei Sicherheitsverstößen weggeschaut worden. "Das ist ein großes Ding", sagte Lai. "Der Grund dafür liegt in dem abnehmenden Qualitätsniveau der Regierungsbeamten und zum Teil auch an einem schwächeren Hongkong."
Kritiker sahen auch einen viel zu großen Eingriff in die Natur. Der Bau der Brücke habe die Population des bedrohten und seltenen weißen Delfins in dem Meeresgebiet um 40 Prozent auf nur noch einige Dutzend zurückgehen lassen, berichtete die Delfinschutz-Gesellschaft. Der eher pinkfarbene Delfin ist ein Symbol Hongkongs und war 1997 auch das offizielle Maskottchen für die Rückgabe an China. Jetzt zieht er sich immer weiter aus Hongkongs Gewässern zurück.
- dpa