Freilassung nach 484 Tagen im Live-TV Hamas übergibt weitere Geiseln – auch Vater entführter Kinder
Drei weitere israelische Geiseln sind frei. Die Terrororganisation Hamas hat sie am Samstag dem Roten Kreuz übergeben.
Die Hamas hat im Gazastreifen mit der Freilassung weiterer Geiseln begonnen. In einer Fernseh-Liveübertragung war zu sehen, wie Ofer Kalderon (54) und Jarden Bibas (35) in Chan Junis im Süden des Gazastreifens an Vertreter des Roten Kreuzes übergeben wurden. Nach israelischen Angaben sind sie bereits zurück in Israel. Sie seien vom Roten Kreuz an die israelische Armee übergeben und von Spezialkräften nach Israel gebracht worden, erklärte die Armee.
Später am Vormittag ließ die Hamas auch Keith Siegel am Hafen von Gaza-Stadt frei. Der 65-Jährige wurde ebenfalls zunächst an das Rote Kreuz übergeben.
Auf den Fernsehbildern war zu sehen, wie Kalderon und Bibas von bewaffneten und vermummten Hamas-Terroristen zunächst auf eine Bühne geführt und dann übergeben wurden. Beide Männer waren in militärgrüne Uniformen gekleidet. Anders als bei der vergangenen Geisel-Übergabe war dieses Mal keine große Menschenmenge vor Ort.
Die Männer kommen im Rahmen einer Waffenruhe-Vereinbarung zwischen Israel und der islamistischen Hamas frei. Im Gegenzug sollen 90 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen werden, darunter neun zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilte Gefangene. Zudem soll laut israelischen Medienberichten der wichtige Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und Gaza wieder geöffnet werden.
Die vor 484 Tagen entführten Geiseln sollten nach ihrer Freilassung zunächst zu einem israelischen Militärlager im Süden Israels gebracht werden und dort ihre Familien treffen. Anschließend sollen sie in Krankenhäuser kommen.
Auch Bibas' Frau und Kinder wurden entführt: Sind sie bereits tot?
Die Entführung der Familie Bibas mit ihren zwei kleinen Jungen, einer davon ein Baby, hatte weltweit Entsetzen ausgelöst. Auch die Kinder sowie die Mutter, die neben der israelischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, sind für die Freilassung in der ersten Phase der Vereinbarung vorgesehen. Nun kommt der Vater vor ihnen frei – obwohl Frauen und Kinder Vorrang bei der Freilassung haben sollen.
Die Hamas hatte vor langer Zeit mitgeteilt, dass die Frau und die beiden Jungs bei israelischen Bombardements getötet worden seien. Israel bestätigte ihren Tod – anders als in anderen Fällen – nicht. Es gebe aber große Sorge um das Schicksal der drei, hieß es von offizieller Seite. Die Welt bangt um das Schicksal der drei.
Noch 79 Geiseln im Gazastreifen
Bei der letzten Geiselfreilassung am Donnerstag hatten sich chaotische Szenen abgespielt. Aufnahmen zeigten, wie etwa eine Deutsch-Israelin von vermummten und bewaffneten Islamisten durch eine drängelnde und schreiende Menschenmenge geführt wurden. Viele Palästinenser versuchten dabei auch, die verängstigt aussehende Frau mit ihren Handys zu fotografieren.
Israel drängte nach diesen bedrohlichen Szenen darauf, dass die Staaten, die das Waffenruhe-Abkommen zwischen Israel und der Hamas vermittelt haben, dafür sorgen, dass sich so etwas nicht wiederholt. Die Vermittlerstaaten gaben israelischen Angaben zufolge ihre Zusage für künftig sichere Übergaben der Geiseln.
Nach der Freilassung aller drei Verschleppten werden noch 79 Geiseln im Gazastreifen festgehalten, 35 von ihnen sind israelischen Angaben zufolge tot. Die nächsten Geiseln sollen am kommenden Wochenende freikommen.
Waffenruhe-Deal seit zwei Wochen in Kraft
Das Abkommen über eine Waffenruhe trat am 19. Januar in Kraft. Es sieht vor, dass in einer ersten Phase innerhalb von sechs Wochen 33 Geiseln im Austausch für 1.904 palästinensische Häftlinge freigelassen werden – 15 Geiseln kamen bereits an den vergangenen beiden Wochenenden sowie am Donnerstag frei. Die Hamas teilte zuletzt mit, dass acht der 33 Geiseln tot seien. Um wen genau es sich dabei handelt, ist unklar.
Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen hatten bei ihrem Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 Israelis als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Der Überfall war der Auslöser des Krieges in dem abgeriegelten Küstengebiet, wo seither laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 47.400 Menschen getötet wurden. Die Zahl unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern.
- Nachrichtenagentur dpa