Absprachen und Hightech-Einsatz So penibel planten die Rebellen den Assad-Sturz
Syrische Rebellen haben ein Jahr lang ihre Offensive geplant. Dabei kam auch Hightech zum Einsatz.
Der Sturz des Assad-Regimes in Syrien ist von den beteiligten Rebellengruppen von langer Hand geplant worden. Bereits vor einmal Jahr habe man mit den Vorbereitungen begonnen, sagte der Kommandant der größten Rebellengruppe Hajat Tahrir al-Scham (HTS), Abu Hassan al-Hamwi, dem britischen "Guardian. Er gab erstmals Details der Operation bekannt. Mehrere Rebellengruppen hatten vor wenigen Wochen eine Offensive gegen syrische Regierungstruppen aus mehreren Richtungen begonnen. In kurzer Zeit nahmen sie wichtige Städte ein und eroberten schließlich ohne große Kämpfe Damaskus. Der syrische Diktator Baschar al-Assad floh nach Russland.
Den Planungen vorausgegangen war die Erkenntnis, dass es für eine erfolgreiche Offensive eine geschlossen auftretende Führung brauche, führte al-Hamwi aus. Die Gruppe sei 2019 durch Angriffe von Regierungstruppen geschwächt worden und habe daraufhin verstanden, dass "das größte Problem das Fehlen einer einheitlichen Führung und mangelnde Kontrolle über den Kampf war", sagte er.
Zusammenschluss aus 25 Rebellengruppen
Daraufhin habe die HTS ihre Kontrolle über weitere oppositionelle Gruppen im Nordwesten Syriens verstärkt und ihre Kämpfer im Sinne einer "umfassenden militärischen Doktrin" ausgebildet. Zudem habe die sunnitische Miliz versucht, die oppositionellen und dschihadistischen Milizen in Südsyrien zusammenzubringen, um eine einheitliche Front gegen Assad bilden zu können. Ein Zusammenschluss von Kommandanten aus 25 regierungsfeindlichen Gruppen habe den Kampf gegen Assad von Süden aus angeführt, während die HTS und ihre Verbündeten die Hauptstadt Damaskus von Norden aus angriffen, sagte al-Hamwi.
Die oppositionellen Milizen sahen ihre Chance Ende November gekommen, da die wichtigsten Verbündeten des Assad-Regimes, der Iran und Russland, durch andere Kriege abgelenkt waren. Für die Eroberung von Damaskus musste zunächst Aleppo fallen, wie al-Hamwi im "Guardian" weiter sagte. "Die syrische Revolution hatte ihr Zentrum im Norden", führte er aus. "Wir sind davon ausgegangen, dass wir nach der Befreiung von Aleppo weiter nach Süden vorrücken können."
Der HTS-Kommandant sagte zudem, die Miliz habe versucht, Waffen zu entwickeln und zu benutzen, die etwas gegen die von Russland und dem Iran unterstützten Regierungstruppen ausrichten konnten. "Wir brauchten Aufklärungsdrohnen, Angriffsdrohnen und Kamikazedrohnen", sagte er. Eine spezielle Einheit aus Ingenieuren, Wissenschaftlern und Mechanikern habe daran gearbeitet, führte er aus.
Al-Hamwi verwies insbesondere auf eine "Shahin" (Falke) genannte Kamikazedrohne - also eine Drohne, die beim Aufprall auf ihr Ziel zerstört wird -, die besonders präzise und kraftvoll sei. Sie wurde laut "Guardian" im Zuge der Offensive der Islamisten erstmals gegen Assads Truppen eingesetzt.
Die HTS ist aus der Al-Nusra-Front, dem syrischen Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida hervorgegangen, hat nach eigenen Angaben aber seit 2016 keine Verbindungen mehr zu al-Quaida. Ihr Anführer Mohammed al-Dscholani präsentiert sich moderat. Viele westliche Staaten, darunter die USA, stufen die Miliz dennoch als Terrororganisation ein.
Kämpfer unter der Führung der HTS hatten nach ihrer Großoffensive am Sonntag Damaskus erobert und Assad gestürzt. Damit bereiteten sie der jahrzehntelangen Herrschaft der Assad-Familie ein Ende, die 1971 mit der Machtübernahme von Baschar al-Assads Vater Hafis al-Assad begonnen hatte.
- Nachrichtenagentur afp