Nach Ausrufung des Kriegsrechts Chaos in Korea: Parlament will Präsidenten entmachten
Regierungschaos in Südkorea: Nachdem Präsident Yoon Suk Yeol mit der Ausrufung des Kriegsrechts gescheitert ist, will die Opposition ihn des Amtes entheben. Gewerkschaften drohen mit Streiks.
Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol sieht sich wegen des kurzzeitig von ihm verhängten Kriegsrechts mit Rücktrittforderungen konfrontiert. Die größte Oppositionspartei warf dem konservativen Staatsoberhaupt Verfassungsbruch vor. Am Mittwoch beantragte sie ein Amtsenthebungsverfahren gegen Yoon Suk Yeol.
"Wir haben einen Amtsenthebungsantrag eingereicht, der dringend vorbereitet werden muss", sagten Vertreter von sechs Oppositionsparteien, darunter die größte demokratische Partei DP, bei einer Pressekonferenz. Demnach könnte der Antrag bereits am Freitag zur Abstimmung gestellt werden.
Gewerkschaften drohten mit Streiks. Auch der Chef der Regierungspartei, Han Dong Hoon, übte scharfe Kritik: Er forderte den Präsidenten laut Berichten südkoreanischer Medien auf, sein Verhalten zu erklären und Verteidigungsminister Kim Yong-hyun wegen der "desaströsen Lage" zu entlassen.
Opposition will Strafanzeige erstatten
Medienberichten zufolge wollen nach der kurzzeitigen Verhängung des Kriegsrechts durch den südkoreanischen Präsidenten seine ranghohen Berater geschlossen zurücktreten. Nach Informationen der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap sollen dazu unter anderem der Stabschef des Präsidenten sowie der nationale Sicherheitsberater gehören. Insgesamt wollen demnach zehn ranghohe Berater Yoons zurücktreten.
Die größte Oppositionspartei hatte angekündigt, den Präsidenten wegen Aufruhrs anzeigen zu wollen. "Wir werden Strafanzeige wegen Aufruhrs erstatten", erklärte die Demokratische Partei (DP) am Mittwoch. Diese werde sich gegen Yoon, seinen Innen- und den Verteidigungsminister sowie Schlüsselpersonen aus Armee und Polizei richten. Die DP drohte auch mit einem Amtsenthebungsverfahren, sollte Yoon nicht unverzüglich zurücktreten.
Präsident rief für knapp zwei Stunden Kriegsrecht aus
Yoon hatte in der Nacht zum Mittwoch überraschend das Kriegsrecht ausgerufen und den Beschluss, wohl auf öffentlichen Druck hin, wenige Stunden später wieder aufgehoben.
Yoon hatte zuvor erklärt, seine Maßnahme sei notwendig gewesen, um "antistaatliche Elemente zu eliminieren" und die Verfassung des Landes zu schützen. Diese sei bedroht durch "kommunistische Kräfte Nordkoreas". Als Begründung für die Verhängung des Ausnahmezustands hatte der konservative Staatschef die Rolle der Opposition genannt. Er beschuldigte sie, mit dem Nachbarn Nordkorea zu sympathisieren. Südkorea befindet sich seit dem Ende des Korea-Krieges 1953 formell im Kriegszustand mit dem nördlichen Nachbarn, da der Krieg mit einem Waffenstillstand und nicht mit einem Friedensvertrag endete.
Nordkorea baute in den vergangenen zwei Jahren seine Raketentests deutlich aus und verschärfte seine Rhetorik gegen die USA und Südkorea. Zudem schickte das Land laut Angaben des südkoreanischen Geheimdienstes und des US-Verteidigungsministeriums mehrere Tausend Soldaten nach Russland, wo diese mutmaßlich auf einen Einsatz gegen die Ukraine vorbereitet werden.
- Chaos um Kriegsrecht in Südkorea: Und jetzt?
Seit seiner Wahl im Jahr 2022 befindet sich der Präsident in einem nahezu ununterbrochenen Konflikt mit dem Parlament, in dem die Opposition die Mehrheit stellt. Diese hat inzwischen erklärt, Yoons Ausrufung des Kriegsrechts sei falsch, illegal und verstoße gegen die Verfassung des Landes.
Streit um Haushaltsgesetz
Aktuell befindet sich der Präsident im Streit mit der größten Oppositionskraft über das Haushaltsgesetz für kommendes Jahr. Die Abgeordneten der Opposition hatten vergangene Woche nur eine deutlich abgespeckte Fassung des Haushaltsentwurfs im zuständigen Parlamentsausschuss gebilligt.
Die Opposition hat die Maßnahmen scharf kritisiert. Oppositionsführer Lee Jae Myung bezeichnete das ausgerufene Kriegsrecht laut einem Yonhap-Bericht als "verfassungswidrig" und unbegründet. Panzer und Soldaten mit Gewehren würden bald das Land kontrollieren, sagte Lee laut Yonhap weiter.
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Kritik kam auch aus Yoons Regierung selbst. Der Vorsitzende von Yoons regierender Partei, Han Dong Hoon, bezeichnete das Kriegsrecht laut lokalen Medienberichten als "falsch". Man werde es "gemeinsam mit dem Volk stoppen", sagte Han.
Yoon verteidigte sein Vorgehen: Das Parlament sei "ein Zufluchtsort für Kriminelle geworden, ein Hort für eine legislative Diktatur, die das juristische und administrative System lähmen und unsere liberale demokratische Ordnung stürzen will", sagte er in seiner Ansprache dazu. Er warf der Opposition vor, Gelder für die Kernaufgaben des Staates, wie die Bekämpfung der Drogenkriminalität und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, zusammenzustreichen und damit einen "Zustand des Chaos bei der öffentlichen Sicherheit" zu schaffen.
- apnews.com: "South Korean president declares emergency martial law, accusing opposition of anti-state activities" (englisch) vom 3. Dezember 2024
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP