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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Bürgerkrieg in Syrien Blitzoffensive setzt Assad unter Druck – zweite Front eröffnet
Der Bürgerkrieg in Syrien ist seit Ende November wieder aufgeflammt. Eine animierte Karte zeigt, wo die Rebellen bislang vorgestoßen sind und wie sich die Lage seitdem verändert hat.
Am vergangenen Mittwoch ist es der Dschihadistengruppe Hajat Tahrir al-Scham (HTS) und verbündeten Rebellengruppen gelungen, im Norden Syriens eine überraschende Großoffensive gegen die Regierungstruppen zu starten. Dabei gelang es ihnen, neben zahlreichen Ortschaften auch die Millionenstadt Aleppo nahezu vollständig unter ihre Kontrolle zu bringen.
Derzeit konzentrieren sich die Kämpfe jedoch weiter südlich. Wie die Syrische Beobachtungsstelle mitteilte, kam es im Norden der Provinz Hama zu "heftigen Zusammenstößen", wobei die dschihadistischen Kämpfer auf weitaus größeren Widerstand als in Aleppo getroffen seien.
Kartenanimationen, die Sie hier oder oben im Video sehen, zeigen, wo die Rebellen in den vergangenen Tagen vorgestoßen sind.
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Der Bürgerkrieg in Syrien ist Ende November wieder aufgeflammt.
Eine Karte unabhängiger Krisen- und Kriegsanalysten der Organisation Liveuamap zeigt, wie sich die Lage im Land seitdem verändert hat.
Seit dem 27. November schreitet eine Offensive aufständischer Gruppen gegen das Regime des syrischen Machthabers Baschar al-Assad mit großen Schritten voran.
Am 29. November starteten Kämpfer der islamistischen Gruppe Hajat Tahrir al-Scham, kurz HTS, und verbündete Milizen eine überraschende Offensive auf die Großstadt Aleppo. Unterstützt werden sie dabei von der Türkei, Kämpfer in der Region trugen türkische Herrschaftsabzeichen.
In einer Blitzoffensive nahm die HTS-Miliz die Millionenstadt binnen zweier Tage ein und stürmte unter anderem auch den Palast des syrischen Machthabers Assad.
Mit dem Überraschungsangriff ist es den Rebellen zudem gelungen, ein Dutzend Dörfer in der Region Aleppo unter ihre Kontrolle zu bringen.
Die von der HTS eroberten Gebiete werden hier in Grün dargestellt.
Die syrische Armee gab am 30.11. offiziell ihren Rückzug aus Aleppo bekannt. Machthaber Bashar al-Assad kündigte daraufhin eine Gegenoffensive an.
In der weiter südlich gelegenen Provinz Hama eröffneten die Rebellen am Wochenende eine zweite Front.
Hama ist eine strategisch wichtige Stadt im westlichen Zentrum von Syrien und liegt auf einer Verbindungsstraße zwischen Aleppo im Norden des Landes und der Hauptstadt Damaskus.
Am Sonntag konnten die Milizen bis an den Rand der Stadt vordringen.
Damit kontrollierten die Aufständischen zwischenzeitlich einen Korridor, der von ihrer Hochburg Idlib aus bis an die Stadt Hama heranreichte.
Das syrische Militär wiederum erklärte am Sonntag, dass bewaffnete Verstärkungstruppen in Hama eingetroffen seien und einen Vormarsch in Richtung Norden gestartet hätten. Dieser werde durch intensive Luftangriffe und Artilleriebeschuss unterstützt.
Den Angaben zufolge hat das syrische Militär am Montag Versuche islamistischer Rebellen abgewehrt, weiter in Gebiete nördlich der Stadt Hama vorzudringen. Dabei sei es zu “heftigen Zusammenstößen” gekommen.
Der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge wird das syrische Militär von russischen Kampfflugzeugen und irantreuen Milizen unterstützt.
Während das Hauptaugenmerk derzeit auf der Offensive der HTS-Islamisten liegt, sind in Nordsyrien noch weitere Gruppen aktiv. Allen voran Kurdenmilizen, die den Großteil des Nordostens, aber auch Gebiete im Osten Aleppos kontrollieren. Zudem kämpfen in Nordsyrien von der Türkei unterstützte Milizen, die speziell gegen die Kurden vorgehen.
Derzeit kämpfen zahlreiche Gruppierungen mit unterschiedlichen Interessen in Syrien. Vieles ist nach der Offensive der Opposition noch unklar.
Bei den Kämpfen sollen bereits mehr als 320 Menschen getötet worden sein, darunter Dutzende Zivilisten.
Unterschiedliche Herrschaftsgebiete
Syrien ist derzeit in vier verschiedene Herrschaftsgebiete unterteilt. Der größte Teil des Landes, rund 60 Prozent, wird von Baschar al-Assad kontrolliert. Ein kleiner Zipfel im Nordwesten steht unter Herrschaft der Haiat Tahrir al-Scham, kurz HTS. Unterstützt wird die Gruppe, deren Truppenstärke vom UN-Sicherheitsrat 2022 auf bis zu 15.000 Mann geschätzt wurde, von der türkischen Regierung.
Ebenfalls von der Türkei wird die Syrische Nationale Armee (SNA) unterstützt. Die Türkei war lange die führende Schutzmacht der Opposition. Die SNA ist ein Sammelbecken von etwa 40 islamistischen Rebellengruppen, die vorwiegend im von der Türkei besetzten Norden Syriens aktiv sind. Der Nordosten hingegen wird mehrheitlich von kurdischen Kräften regiert.
- liveuamap.com: Syrien
- mit Informationen der Nachrichtenagenturen Reuters, afp und dpa