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Netanjahu entlässt unbequemen Verteidigungsminister Galant


Nahost-Krieg
Netanjahu entlässt unbequemen Verteidigungsminister Galant

Von dpa
Aktualisiert am 05.11.2024Lesedauer: 3 Min.
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Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat seinen Verteidigungsminister Joav Galant entlassen.(Archivfoto) (Quelle: Shir Torem/POOL FLASH 90/AP/dpa/dpa-bilder)
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Israels Regierungschef Netanjahu hat mitten im Krieg seinen unbequemen Verteidigungsministers Galant entlassen. Ein Sturm der Entrüstung bricht los. Und der wichtigste Verbündete lobt den Geschassten.

Mit einem riskanten Schachzug hat sich Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu seines widerspenstigen Verteidigungsministers Joav Galant entledigt und damit einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Politische Beobachter, die Opposition und Tausende Demonstranten reagierten mit Entsetzen. Diese Entlassung mitten in einem Mehrfrontenkrieg, den Netanjahu immer wieder als Kampf um seine Existenz beschreibt, und kurz vor einem erwarteten weiteren Großangriff des Irans sei "rücksichtslos, spaltend und gefährlich für Israel", lautete der vernichtende Kommentar der Zeitung "Times of Israel".

Entlassung während US-Präsidentenwahl kein Zufall

Dass die Entlassung während der laufenden Präsidentenwahl in den USA kam, sei kein Zufall, schrieb der US-Bürochef der Zeitung Jacob Magid auf der Plattform X. Das zeige, dass Netanjahu einem Rüffel aus Washington aus dem Weg gehen wollte, schrieb Magid unter Berufung auf einen Vertrauten von US-Präsident Joe Biden. Der wichtigste Verbündete Israels sei von dem Schritt völlig überrumpelt worden.

Die Kritik an Netanjahu ist verheerend. Die US-Regierung lobte in einer ersten Reaktion den Entlassenen in höchsten Tönen. Der Nationale Sicherheitsrat des Weißen Hauses erklärte laut "Washington Post", Galant sei ein wichtiger Partner gewesen "in allen Angelegenheiten, die die Verteidigung Israels betreffen". Man werde aber auch "weiterhin mit dem nächsten israelischen Verteidigungsminister zusammenarbeiten", dem bisherigen israelischen Außenminister Israel Katz. Galant galt als wichtiger Verbindungsmann zur Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris.

Galant warnt vor "moralischer Finsternis"

Galant sagte, er sei aus drei Gründen entlassen worden: wegen seiner Forderung nach einer gerechten Verteilung der Verteidigungslasten auch auf die Schultern ultraorthodoxer Männer, wegen der Notwendigkeit, die Geiseln aus dem Gazastreifen zurückzubringen und wegen seiner Forderung nach einer Untersuchung, wie die Hamas Israel am 7. Oktober 2023 überraschen konnte.

Ex-Regierungschef nennt Entlassung "verrrückt"

Der ehemalige israelische Ministerpräsident Naftali Bennett sagte, Israel habe eine "kranke und verrückte Führung". Er schrieb bei X: "Nicht verzweifeln, der Wandel wird kommen!" Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, bezeichnete die Entlassung als besorgniserregend. Oppositionsführer Jair Lapid sprach von einem "Akt des Wahnsinns". Er rief die Israelis zu Protesten auf. "Geht auf die Straße", schrieb auch der Vorsitzende der oppositionellen Arbeitspartei, Jair Golan, auf der Plattform X. In Jerusalem und Tel Aviv folgten sofort Zehntausende dem Aufruf, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur berichtete.

Zuspruch aus dem ultrarechten Lager

Lob bekam Netanjahu hingegen vom rechtsgerichteten Polizeiminister Itamar Ben-Gvir, der schon wiederholt die Entlassung des Verteidigungsministers gefordert hatte. Mit Galant sei es "unmöglich, einen vollständigen Sieg zu erringen", sagte er. Mit dem neuen Verteidigungsminister Israel Katz, der vor allem durch extrem konfrontative Posts in sozialen Medien aufgefallen ist, dürften Gvir und andere ultrarechte Regierungspartner Netanjahus besser zurechtkommen. Galant hatte immer wieder auf einen Deal zur Freilassung der Geiseln im Gazastreifen gedrängt. Kritiker warfen Netanjahu vor, eine solche Vereinbarung vermieden zu haben, um den Zusammenhalt seiner Koalition mit den ultrarechten Partnern nicht zu gefährden.

Galant galt seit langem als unbequem, hat Netanjahu in politischen und militärischen Fragen immer wieder Kontra gegeben. Er unterstützte auch vehement die Bemühungen, mehr ultraorthodoxe Männer für den Wehrdienst zu verpflichten. Noch am Tag seiner Entlassung forderte er, Tausende Ultraorthodoxe einzuziehen. Hätte Netanjahu dem nachgegeben, hätte er seine Koalition mit streng religiösen Parteien gefährdet, die strikt gegen den Wehrdienst sind. Galant wurde da mehr und mehr zu einem Störfaktor für Netanjahu. Katz hingegen wird eher als treuer Weggefährte Netanjahus angesehen, der sich Entscheidungen des Regierungschefs nicht widersetzen wird.

Netanjahu misstraute Galant

Netanjahu begründete die Entlassung mit einem zerrütteten Vertrauensverhältnis. "Obwohl in den ersten Monaten des Krieges Vertrauen herrschte und die Arbeit sehr fruchtbar war, ist dieses Vertrauen zwischen mir und dem Verteidigungsminister in den vergangenen Monaten leider zerbrochen", schrieb er. Galant habe Entscheidungen getroffen und Erklärungen abgegeben, die den Entscheidungen des Kabinetts widersprochen hätten, fügte der Ministerpräsident hinzu.

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Demonstranten in Tel Aviv: "Bibi ins Gefängnis"

In der Mittelmeermetropole Tel Aviv und anderswo gingen spontan Tausende Menschen auf die Straße, um gegen die Entlassung und gegen Netanjahu zu demonstrieren. In Tel Aviv blockierten sie die wichtige Stadtautobahn Ajalon mit brennenden Autoreifen und skandierten "Bibi ist ein Verräter", "Bibi ins Gefängnis" und "kriminelle Regierung", wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur berichtete.

Möglicherweise auch Ablenkung von Skandalen

Demonstranten äußerten die Vermutung, Netanjahu wolle mit der Entlassung Galants auch von dem Skandal um Geheiminformationen ablenken, die von Mitarbeitern im Umfeld seines Büros an die Presse durchgestochen worden waren. Der TV-Sender Channel 12 berichtete am Abend von einer Razzia der Polizei in Netanjahus Büro. Es sei nicht klar, ob diese Durchsuchung mit dem Skandal um Geheimnisverrat oder mit einem weiteren Ermittlungsverfahren im Umfeld des Büros des Regierungschefs zusammenhänge.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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