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Proteste gegen Netanjahu in Washington: Politiker und Mitarbeiter boykottieren Rede


Gewaltätige Proteste in Washington
Netanjahu wittert Einfluss seines Erzfeindes

Von t-online, jha

Aktualisiert am 24.07.2024Lesedauer: 3 Min.
Congress NetanyahuVergrößern des Bildes
Benjamin Netanjahu: Der israelische Premierminister spricht vor dem US-Kongress. (Quelle: J. Scott Applewhite/dpa)

Vor und im US-Kapitol gab es teils gewalttätige Proteste gegen Benjamin Netanjahu. Sie seien von Iran finanziert, warf der israelische Premier den Demonstranten vor.

Wegen des Auftritts von Benjamin Netanjahu im US-Kongress hat es rund um das Parlamentsgebäude in Washington großen Protest gegeben. Israels Regierungschefs verteidigte in seiner Rede den Krieg in Gaza. Die Demonstranten stünden auf der Seite des Bösen, sagte er.

Davor hatten bei einer propalästinensischen Kundgebung Rednerinnen und Redner die US-Regierung von Joe Biden aufgefordert, die militärische Hilfe für Israel komplett einzustellen. Sie warfen Israel einen "Genozid" im Gazastreifen vor und beschuldigten Biden, seine Stellvertreterin Kamala Harris und die Spitzen im US-Parlament, sich daran zu beteiligen. Es wurden zahlreiche Palästina-Flaggen gezeigt.

An einem anderen Ort im Parlamentsviertel hatten sich jüdische Demonstranten mit Israel-Flaggen versammelt. Ihr Protest richtete sich ebenfalls gegen Netanjahu. Ein Teilnehmer sagte, Netanjahu repräsentiere nicht das israelische Volk.

Gewalttätige Proteste in US-Hauptstadt

Die Kapitol-Polizei teilte mit, ganz in der Nähe des Parlamentsgebäudes sei "ein Teil der Menge gewalttätig" geworden. Die Demonstranten seien der Aufforderung, sich von der Polizeilinie zurückzuziehen, nicht gefolgt. "Wir setzen Pfefferspray gegen jeden ein, der versucht, das Gesetz zu brechen und diese Linie zu überschreiten", teilte die Polizei auf X mit.

Die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Kapitol waren wegen des Besuchs drastisch erhöht worden. Das Gebäude wurde weiträumig mit hohen Zäunen abgesperrt. Die Polizei hatte bereits am Tag vor der Rede mehrere Demonstranten festgenommen, die in einem zum Parlament gehörenden Bürogebäude gegen den Gaza-Krieg protestiert hatten.

Viele Politiker blieben Rede fern

Dem Protest schlossen sich auch rund 100 Mitarbeiter aus Repräsentantenhaus und Senat an. Sie meldeten sich für den Tag krank und forderten ihre Chefs in einer Erklärung auf, die Rede von Netanjahu zu boykottieren. Die gewählten Repräsentanten sollten "auf den kollektiven Willen des amerikanischen Volkes reagieren" und Netanjahu nicht unterstützen, schrieben sie.

Über 50 US-Politiker hatten bereits zuvor angekündigt, der Rede fernzubleiben. Darunter waren auch Vizepräsidentin Kamala Harris und Nancy Pelosi, die ehemalige Sprecherin des Repräsentantenhauses, die andere Termine wahrnehmen wollten. Aus Protest blieb unter anderem Alexandria Ocasio-Cortez fern. Sie denke, Benjamin Netanjahu sei ein Kriegsverbrecher, begründete die New Yorker Demokratin ihre Entscheidung.

Dafür wohnte Elon Musk der Rede von Netanjahu bei. Der israelische Premierminister habe ihn dazu eingeladen, sagte der Tech-Milliardär in einem Interview mit dem US-Sender Fox News.

Auch im Kapitol protestierten Menschen gegen Netanjahu. Darunter war auch Rashida Tlaib, das einzige Mitglied des US-Kongresses mit amerikanisch-palästinensischen Wurzeln. Sie blieb während der gesamten Rede sitzen, während die anderen Zuhörer oft aufstanden und applaudierten. Dabei hielt sie ein Schild hoch, auf dem "Kriegsverbrecher" und "Schuld an einem Genozid" stand.

Netanjahu: "Wir werden gewinnen"

Es war bereits Netanjahus vierte Rede vor dem US-Kongress als Israels Regierungschef. Er sprach über den 7. Oktober und das Leid, das die Hamas mit ihrem Terrorangriff über Israel gebracht hatte. Er bedankte sich für die Unterstützung der amerikanischen Regierung und versprach: "Wir werden gewinnen."

Er wies die eigene Verantwortung für die humanitäre Not der Menschen im Gazastreifen vehement zurück. "Wenn es Palästinenser im Gazastreifen gibt, die nicht genug Nahrung bekommen, dann nicht, weil Israel sie blockiert. Es liegt daran, dass die Hamas sie stiehlt", sagte Netanjahu. Israel habe viel getan, um palästinensische Zivilisten aus der Gefahrenzone zu bringen und zu schützen. Die Hamas hingegen tue alles, was in ihrer Macht stehe, um die Zivilisten in dem abgeriegelten Küstenstreifen in Gefahr zu bringen.

Er sagte zudem, im Gaza-Krieg habe es verhältnismäßig wenig zivile Opfer gegeben, im Vergleich zu Kriegen in Wohngebieten in anderen Ländern. Besonders niedrig seien zivile Verluste in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifen gewesen. Dies widerspricht den Zahlen des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums. Diese unterscheiden allerdings nicht zwischen getöteten Zivilisten und Kombattanten.

Demonstranten von Iran finanziert

Mit harten Worten machte sich der Regierungschef über die Proteste gegen die israelische Kriegsführung verächtlich. Die Demonstranten stünden auf der Seite des Bösen, "sie stehen auf der Seite der Hamas, sie stehen auf der Seite von Vergewaltigern und Mördern", sagte Netanjahu. Die Demonstranten, die während seiner Ansprache in der Nähe des Parlamentsgebäudes protestierten, seien von Iran finanziert, schimpfte Netanjahu.

Der israelische Ministerpräsident kritisierte, viele Demonstranten hätten nicht die geringste Ahnung, wovon sie sprächen. "Einige dieser Demonstranten halten Schilder hoch, auf denen 'Schwule für Gaza' steht." Sie könnten genauso gut Schilder hochhalten, auf denen stehe: "Hühner für KFC", also für Kentucky Fried Chicken, spottete er.

Nach der Rede stehen für Netanjahu nun Treffen mit Präsident Joe Biden, Vizepräsidentin Kamala Harris und Ex-Präsident Donald Trump an.

Verwendete Quellen
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