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Präsidenten-Wahl in der Slowakei: Auf dem Weg zu einem zweiten Ungarn?


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Stichwahl in Osteuropa
Auf dem Weg zu einem zweiten Ungarn?


Aktualisiert am 06.04.2024Lesedauer: 3 Min.
Populisten unter sich: Der Ungar Viktor Orban (l.) und Robert Fico beim EU-Gipfel.Vergrößern des Bildes
Populisten unter sich: Der Ungar Viktor Orban (l.) und Robert Fico beim EU-Gipfel. (Quelle: JONAS ROOSENS/imago)

Wenn die Slowakei an diesem Samstag einen neuen Präsidenten wählt, geht es nicht nur um das Amt an sich. Für das Land steht weit mehr auf dem Spiel.

Wenn es in der Slowakei am Samstag zur Stichwahl um das Präsidentenamt kommt, steht für das Land viel auf dem Spiel. Denn auch wenn der Posten grundsätzlich nicht viel Machtbefugnisse vereint, wird diese Wahl zu einer Richtungsentscheidung für die Slowakei: Geht sie weiter den europäischen Weg oder orientiert sie sich, wie das Nachbarland Ungarn, zunehmend in Richtung Russland?

Denn zur Wahl stehen zwei Politiker, die gegensätzlicher nicht sein könnten: Auf der einen Seite gibt es Peter Pellegrini. Er war einst Premierminister, ist mittlerweile Parlamentspräsident und Vorsitzender der sozialdemokratischen Partei Hlas. "Er stammt aus dem Parteibetrieb und ist ein Vollblutpolitiker", erklärt Lars-André Richter, Leiter des Zentraleuropa-Büros der Friedrich-Naumann-Stiftung. Pellegrini ist kritisch gegenüber weiterer Unterstützung der Ukraine und äußert sich pro-russisch.

Gegenspieler Korčok: pro-westlich und unabhängig

Auf der anderen Seite steht Ivan Korčok. Obwohl er bereits Außenminister war, ist er laut Richter "ein Diplomat und kein klassischer Parteipolitiker. Er ist unabhängig und spricht mit einem wohltemperierten Tonfall." Er steht für Liberalismus und Demokratie und macht sich für eine pro-europäische und pro-westliche Ausrichtung seines Landes stark.

Die Unterschiede stehen sinnbildlich für die tiefe Spaltung der slowakischen Gesellschaft und Politik. Denn seit der letzten Parlamentswahl im Herbst 2023 regiert der Linkspopulist Robert Fico das Land als Ministerpräsident – bereits zum vierten Mal. Direkt zu Beginn seiner Amtszeit wollte er mehrere Maßnahmen auf den Weg bringen, die die Demokratie abbauen und seine Macht festigen sollten. "Fico hat in den zurückliegenden Wochen und Monaten in atemberaubendem Tempo versucht, den Staat nach dem Vorbild von Viktor Orbán umzubauen", verdeutlicht Richter.

So schaffte er eine Sonderstaatsanwaltschaft für Korruption ab, die sich vor allem mit Vergehen aus seiner letzten Amtszeit beschäftigt hatte. Auch die Polizei- und Geheimdienstführung tauschte er schnell aus. Dass er nicht noch mehr durchsetzen konnte, liegt an der bisherigen Präsidentin Zuzana Čaputová. Mit ihrem verfassungsrechtlich verankerten Vetorecht widersetzte sich die Liberale Fico, wo sie konnte.

(Quelle: Friedrich-Naumann-Stiftung)

Zur Person

Dr. Lars-André Richter ist Projektleiter "Zentraleuropa und Baltische Staaten" im Prager Büro der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung. Dort ist er auch für die Slowakei zuständig.

Doch sie wollte nicht erneut antreten. Zur Wahl stellten sich stattdessen elf neue Kandidaten – alles Männer. Nach dem ersten Wahlgang sind nun noch Pellegrini und Korčok übrig. Und der Sieger hat aufgrund des Vetorechts erheblichen Einfluss auf die Zukunft des Landes.

"Wenn Pellegrini gewinnt, wird Fico kaum auf Widerstand stoßen"

Richter prognostiziert: "Wenn Pellegrini gewinnt, wird Fico kaum noch auf Widerstand stoßen." Beide waren einst Parteigenossen, bis sich Pellegrini mit seiner eigenen Partei abspaltete. Im Herbst nahmen sie dann ihre Zusammenarbeit in der Regierungskoalition wieder auf. "Fico versucht nun möglicherweise beide Parteien wieder zu verschmelzen", vermutet Radoslav Štefančík, Politikwissenschaftler an der Wirtschaftsuniversität Bratislava.

Aber ob in einer gemeinsamen Partei oder nur als Koalitionspartner, Štefančík ist sich sicher: "Ein Präsident Pellegrini würde Fico immer zur Verfügung stehen."

Das bedeutet, Fico könnte den Staat nach eigenen Vorstellungen umbauen, ohne dass der Präsident mit einem Veto im Weg stände. Auch außenpolitisch würde sich einiges ändern. Denn trotz der maßgeblichen Herausforderungen drehte sich der Wahlkampf vor allem um den Krieg in der Ukraine.

"Pellegrini hat Korčok immer wieder vorgeworfen, Unterstützer des Krieges zu sein und Soldaten in die Ukraine schicken zu wollen", berichtet der slowakische Experte Štefančík. Dabei ist dies überhaupt keine Kompetenz des Präsidenten. Pellegrini wolle so auch radikalere Wähler ansprechen, vermutet Štefančík. Denn die aktuelle Regierung stellte bereits die Unterstützung für die Ukraine weitgehend ein und intensivierte die Beziehung zu Russland. Sollte Pellegrini zusätzlich Präsident werden, "hätte Putin einen weiteren Brückenkopf innerhalb der EU", befürchtet Richter.

Korčok dagegen wäre laut Richter "ein unbequemes Staatsoberhaupt, ein Korrektiv gegen den Versuch, die Slowakei nach ungarischem Vorbild umzubauen". Auch für die Außendarstellung würde die Wahl Korčoks ein Zeichen setzen. "Es würde den Ruf der Slowakei in der EU verbessern und zeigen, dass die Leute hier nicht ausschließlich pro-russisch sind, anders als Fico", ergänzt Štefančík.

(Quelle: Ekonomická univerzita v Bratislave)

Zur Person

Dr. Radoslav Štefančík ist ein slowakischer Politikwissenschaftler und Germanist. Er lehrt und forscht momentan an der Wirtschaftsuniversität Bratislava.

Beim ersten Wahlgang lag Korčok vorne

Für welche Richtung sich das slowakische Volk am Ende entscheiden wird, ist bisher noch vollkommen offen. Manche Umfragen sehen Pellegrini vorn, andere Korčok. Zudem hat sich bereits im ersten Wahlgang gezeigt: Allzu verlässlich sind die Zahlen nicht. Damals hatten die Prognosen Pellegrini im Vorfeld als Wahlsieger gesehen. Am Ende holte aber Korčok mit 42,5 Prozent die meisten Stimmen, Pellegrini lag rund 5,5 Prozentpunkte dahinter.

Zwar geht Pellegrini nun erneut als leichter Favorit ins Rennen. In der Vergangenheit hat sich allerdings immer wieder gezeigt, dass die Slowaken gerne ein Gegengewicht zur Regierung an die Staatsspitze wählen. Bei dieser Wahl würde das einen entscheidenden Unterschied machen.

Verwendete Quellen
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