Diplomatie Deutschland und Slowenien: Westbalkanländer rasch in die EU
Bundesaußenministerin Baerbock wirbt bei einem Besuch in Slowenien einmal mehr für eine EU-Erweiterung. Das ist aber nicht die allgemeine Sicht unter den Mitgliedsstaaten.
Deutschland und Slowenien wollen als Reaktion auf Russlands Krieg in der Ukraine den Beitritt der Westbalkan-Länder in die Europäische Union ankurbeln. "Es ist unser gemeinsames Ziel, den EU-Beitritt der Länder des Westbalkans voranzubringen", sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in der Hauptstadt Lubljana bei einem Treffen mit ihrer slowenischen Kollegin Tanja Fajon. Beide betonten, Russlands Angriffskrieg habe diese Erweiterung zu einer geopolitischen Notwendigkeit gemacht habe.
Die Ministerinnen unterstrichen ihren Willen zu einer intensiven Zusammenarbeit im Kampf gegen die Klimakrise genauso wie für Frieden in der Ukraine und in Nahost. Slowenien wird von Januar an für zwei Jahre nicht-ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York sein. Baerbock kündigte an, Deutschland werde die Arbeit Sloweniens im UN-Sicherheitsrat unterstützen. Gerade im Zusammenhang mit dem russische Angriffskrieg auf die Ukraine sei die Mitgliedschaft Sloweniens zentral.
Sechs Balkan-Länder in unterschiedlichen Phasen
Zu den sogenannten Westbalkan-Ländern gehören Albanien, Bosnien-Herzegowina, das Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien. Alle Länder streben den EU-Beitritt an, befinden sich aber in unterschiedlichen Phasen. Mit Serbien, Nordmazedonien, Montenegro und Albanien verhandelt die EU schon über einen Beitritt.
Bosnien-Herzegowina gilt als Beitrittskandidat, das Kosovo als potenzieller Beitrittskandidat. Baerbock sagte mit Blick auf den EU-Beitrittsprozess: "Die EU kann sich angesichts Russlands Imperialismus" mitten in Europa keine Grauzonen leisten."
Wachsende Sorgen vor Wahl in Serbien
Angesichts wachsender nationalistischer Propaganda schaue Berlin in der Region vor allem auf die am 17. Dezember bevorstehende Neuwahl des Parlaments in Serbien, sagte Baerbock. Sorge bereite "insbesondere der in der Vergangenheit nicht gewährleistete gleiche Medienzugang aller politischen Kandidaten".
Baerbock an Orban: Keine Zeit für Spielchen
Die Bundesaußenministerin kritisierte die Blockadehaltung des rechtspopulistischen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban gegen EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine. "Wir haben aber auch als Europäische Union immer wieder deutlich gemacht, dass wir in diesem Moment keine Zeit für Spielchen haben", sagte sie. Orban hatte mehrfach betont, dass er EU-Beitrittsverhandlungen - die von allen EU-Staaten einstimmig gebilligt werden müssen - mit der Ukraine derzeit für verfehlt hält.
Der ungarische Regierungschef Viktor Orban verschärfte seine Blockadedrohungen. Die Erwartungen, dass bei dem Spitzentreffen in Brüssel über den Start von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und eine Überarbeitung des langfristigen EU-Haushalts entschieden werden könne, seien unbegründet, schreibt Orban in einem Brief an EU-Ratspräsident Charles Michel. Er bitte deswegen eindringlich darum, keine Beschlüsse einzuplanen, weil dies angesichts des nicht vorhandenen Konsenses zu einem Scheitern führen würde.
Der Brief Orbans sorgt in Brüssel für Unruhe, weil eine große Mehrheit der EU-Staaten dem Gipfeltreffen am 14. und 15. Dezember eigentlich weitreichende Entscheidungen zugunsten der Ukraine treffen will. Dazu gehört neben der zu den EU-Beitrittsverhandlungen auch die über weitere finanzielle Hilfen für das Land. Ein Beschluss ist aber nur möglich, wenn keiner der Mitgliedstaaten ein Veto einlegt.
Nach Flut Katastrophenschutz Thema
Baerbock informierte sich vor dem Hintergrund der Klimakrise nach der Flutkatastrophe in Slowenien im Sommer in einem Logistikzentrum über den zivilen Katastrophenschutz. Anfang August hatte die Flut zwei Drittel Sloweniens betroffen. Die Schäden wurden auf eine halbe Milliarde Euro geschätzt.
Der "Kampf gegen die Klimakrise, die größte Sicherheitsgefahr für die Menschheit", sei Dreh- und Angelpunkt bei der Umsetzung des deutsch-slowenischen Aktionsplans, mit dem Zukunftsthemen vorangebracht werden sollten.
- Nachrichtenagentur dpa