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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Einmarsch nach Gaza-Stadt erwartet Jetzt könnte es brenzlig werden
Israels Armee hat laut eigenen Angaben Gaza-Stadt vollständig umzingelt und den Gazastreifen somit zweigeteilt. Bald könnten die Truppen in die Großstadt einmarschieren.
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Die israelische Bodenoffensive im Gazastreifen ist in eine neue Phase eingetreten. Laut Angaben der Streitkräfte Israels haben Einheiten das nördlich gelegene Gaza-Stadt vollkommen umstellt. "Jetzt gibt es einen südlichen Gazastreifen und einen nördlichen Gazastreifen", erklärte Armeesprecher Daniel Hagari am Sonntagabend.
Nun könnte den israelischen Truppen ihr wohl bisher schwierigster Auftrag in der laufenden Offensive bevorstehen: der Einmarsch in die Großstadt, in der der Großteil der Infrastruktur der Terrororganisation Hamas vermutet wird. Wie ist die aktuelle Lage und welche Schritte könnte Israels Armee als Nächstes unternehmen? t-online gibt einen Überblick.
Wie ist die Lage im Gazastreifen?
Die israelischen Streitkräfte haben laut eigenen Angaben Gaza-Stadt vollständig eingekreist und kontrollieren nun die Zugänge zu der Großstadt mit vor dem Krieg gut 500.000 Einwohnern. Gleichzeitig haben sie die Angriffe auf den nördlichen Gazastreifen verstärkt. Allein die Luftwaffe hat laut eigenen Angaben in den vergangenen 24 Stunden rund 450 Ziele im Gazastreifen bombardiert. Darunter seien Tunnel, militärische Anlagen sowie Abschussrampen für Panzerabwehrraketen der islamistischen Hamas gewesen.
"Wir haben Truppen am Boden: Infanterie, Panzer, Kampftechniker", sagte Armeesprecher Jonathan Conricus dem US-Sender CNN am Sonntagabend. "Sie schlagen zu und feuern auch aus der Luft." Der Fokus liege auf der unterirdischen Infrastruktur der Hamas-Tunnel.
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Die Truppen haben laut Armeeangaben am Boden einen militärischen Komplex übernommen. Bei dem Einsatz seien "mehrere Hamas-Terroristen" getötet worden, hieß es vom Militär. Auf dem Gelände sollen sich demnach Beobachtungsposten, Trainingsbereiche sowie unterirdische Terrortunnel befunden haben. Unabhängig waren die Angaben zunächst nicht zu überprüfen.
Kommunikationsverbindungen gekappt
Unterdessen wurden zum dritten Mal seit Beginn des Krieges die Internet- und Telefonleitungen unterbrochen. Israels Armee rief die im Norden verbliebenen Zivilisten erneut dazu auf, sich Richtung Süden zu evakuieren. Noch sollen sich rund 400.000 Menschen im Norden des Gazastreifens befinden. Dort sei es für die Zivilisten nicht mehr sicher, sagte Armeesprecher Conricus in einem Lagebericht am Montagmorgen.
Er warf der Hamas vor, die palästinensischen Zivilisten daran zu hindern, sich in Sicherheit zu bringen. Dazu habe die Terrororganisation Straßenblockaden errichtet. Hamas wolle, dass die Zivilisten im dichtbesiedelten Norden blieben, wo die schwersten und kompliziertesten Kämpfe stattfinden, so Conricus. "Sie wollen die Zivilisten auf ihren Tunneln, wo sie sich verstecken."
Angaben des jordanischen Königs zufolge hat die Luftwaffe Jordaniens in der Nacht zum Montag medizinische Hilfsgüter über einem jordanischen Feldlazarett im Gazastreifen abgeworfen. Wegen Verzögerungen bei den Lieferungen aus Ägypten über den Grenzübergang Rafah seien die Vorräte dort nahezu ausgegangen. Die Arbeit im Feldlazarett würde trotz der schweren Lieferengpässe aber fortgesetzt.
Welche Schritte könnten folgen?
Wie israelische Medien berichten, plant Israels Armee, bis Dienstagabend mit Bodentruppen nach Gaza-Stadt einzumarschieren. "Wir schlagen die Hamas und gehen nach unserem Plan von Festung zu Festung, um die Hamas systematisch ihrer militärischen Fähigkeiten zu berauben", sagte Militärsprecher Jonathan Conricus CNN. Was die israelischen Streitkräfte bei einem Einmarsch in die Großstadt erwarten könnte, lesen Sie hier.
Dabei will sich die Armee offenbar vor allem auf das weitverzweigte Netz unterirdischer Tunnel der Hamas konzentrieren. Dabei könnten jedoch auch die Krankenhäuser im Gazastreifen in den Fokus geraten. Abermals verwiesen die Streitkräfte darauf, dass die Terrororganisation zivile Infrastruktur wie Krankenhäuser als Deckung für ihre unterirdischen Strukturen nutze. Die Armee machte dies anhand von Videos und Fotos des katarischen Krankenhauses im Gazastreifen deutlich, die im Rahmen der aktuellen Offensive aufgenommen worden sein sollen.
Die Bilder zeigen einen Schacht am Scheich-Hamad-Krankenhaus, der als Eingang zum Tunnelnetzwerk der Hamas genutzt werden soll. Ein weiteres Video soll einen Angriff von Hamas-Terroristen belegen, der aus dem Krankenhaus unternommen worden sein soll. "Als wäre es nicht genug, dass wir einen Tunnel unter dem Krankenhaus freigelegt haben, schossen die Terroristen auch noch aus dem Inneren des Krankenhauses auf unsere Soldaten", erklärte Armeesprecher Daniel Hagari am Sonntagabend.
Ähnliche Vorwürfe gibt es mit Blick auf das sogenannte Indonesische Krankenhaus in Gaza. Auch dieses soll der Hamas als Deckung dienen. "Die Hamas hat das Indonesische Krankenhaus systematisch gebaut, um ihre unterirdische Terrorinfrastruktur zu verschleiern", sagt Hagari. Satellitenbilder, die im Verlauf der Bauarbeiten seit 2011 aufgenommen worden sein sollen, belegen laut der Armee, dass die Hamas neben unterirdischen Tunneln auch Abschussrampen für Raketen in der Nähe des Krankenhauses eingerichtet hat.
"Unser Krieg gilt der Hamas, nicht den Zivilisten in Gaza"
Bereits zuvor hatten Israels Streitkräfte der Hamas vorgeworfen, das Shifa-Krankenhaus als Hauptquartier zu nutzen. Dabei handelt es sich um das größte medizinische Zentrum im Gazastreifen, zehntausende Zivilisten sollen dort aktuell Unterschlupf gesucht haben.
"Unser Krieg gilt der Hamas, nicht den Zivilisten in Gaza. Wir werden die zynische Nutzung von Krankenhäusern durch die Hamas nicht akzeptieren, um ihre Terrorinfrastruktur zu verstecken. Die Ausbeutung von Krankenhäusern durch die Hamas muss ein Ende haben", sagte Armeesprecher Hagari.
Bei dem Terrorüberfall der islamistischen Hamas am 7. Oktober auf Israel wurden nach israelischen Militärangaben mindestens 240 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Mehr als 1.400 Menschen kamen dabei und in den folgenden Tagen ums Leben. Israel hat als Reaktion den Gazastreifen abgeriegelt und massive Luft- und Bodenangriffe begonnen. Mindestens 9.770 Menschen wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums getötet. UN-Angaben zufolge sind 1,5 Millionen Menschen infolge der Kämpfe auf der Flucht.
- twitter.com: X-Profil von @IDF
- timesofisrael.com: "IDF releases new intel detailing Hamas use of Gaza hospitals for terror" (englisch)
- aljazeera.com: "Israel’s military claims it has cut Gaza in half, surrounded Gaza City" (englisch)
- dw.com: "Israel: Gaza Strip split in two" (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa