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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Aussagen über Vergewaltigungen Wirbel um Melonis Partner – doch sie hüllt sich in Schweigen
Der Partner der italienischen Regierungschefin zieht derzeit viel Kritik auf sich. Es ist nicht das erste Mal, dass er mit Negativschlagzeilen auffällt.
Noch vor einiger Zeit äußerte sich Andrea Giambruno, langjähriger Lebensgefährte der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, bescheiden über seine Rolle in der Öffentlichkeit. "Sie ist auf der Bühne, ich bin hinten", sagte er im Interview mit der "La Verità" vor ein paar Jahren. "Ich mag das Rampenlicht nicht. Das Erscheinen ist nicht meine Aufgabe."
Seitdem hat sich vieles geändert. Giambruno steht jetzt sehr wohl im Rampenlicht. Im vergangenen Jahr verlas er als Nachrichtensprecher bei "Studio Aperto" sogar den Sieg der radikalen Rechten als erste Ministerpräsidentin Italiens.
Inzwischen moderiert der 42-Jährige auf Rete 4, einem Fernsehsender des verstorbenen Ex-Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, die Talkshow "Diario del Giorno". Genau dort kam es nun zu einer Situation, die in Italien großes Aufsehen erregt – auch, weil es nicht das erste Mal ist, dass Melonis Partner durch kontroverse Äußerungen auffällt. Wird der Journalist der ultrarechten Regierungschefin zum Verhängnis?
Diskussion um Gruppenvergewaltigungen
Die jüngsten Vorwürfe gegen Giambruno drehen sich um eine Diskussion zwischen ihm und dem Herausgeber der rechten Zeitung "Libero", Pietro Senaldi. Ein Thema des Gesprächs: zwei Gruppenvergewaltigungen in Italien.
In Palermo auf Sizilien sollen sieben junge Männer eine 19-Jährige vergewaltigt haben. In Caivano in der Nähe von Neapel sollen sechs Teenager zwei Mädchen vergewaltigt haben. Die Fälle, die sich kurz nacheinander im Juli ereigneten, lösten in Italien große Empörung aus und waren deshalb Thema in Giambrunos Show.
Der Moderator verurteilte die Vergewaltigungen zunächst. Es handle sich um "abscheuliche Taten" von "Bestien". Doch mit einer weiteren Äußerung über das Verhalten von Frauen ließ er aufhorchen: "Wenn du tanzen gehst, hast du natürlich das Recht, dich zu betrinken. Aber wenn du dich nicht betrinkst und die Besinnung verlierst, dann kannst du es vermeiden, in problematische Situationen zu geraten, in denen du einen Wolf triffst." Mit einem "Wolf" meinte Giambruno offenkundig einen Mann, der zum Vergewaltiger wird.
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Sturm der Entrüstung
In der italienischen Politik, aber auch in der Bevölkerung, nahmen viele Menschen den Satz so auf: Wenn junge Frauen nicht vergewaltigt werden wollen, sollen sie nüchtern bleiben. Entsprechend groß ist der Sturm der Entrüstung.
Elly Schlein, Chefin der sozialdemokratischen PD, kritisierte: "Einmal mehr wird die Schuld an den Vergewaltigungen den Opfern zugeschoben." Das sei inakzeptabel. Statt den Frauen Vorschriften zu machen, müssten vielmehr die Männer dafür sensibilisiert werden, dass sexuelle Gewalt niemals durch ein vermeintlich missverständliches Verhalten der Frauen gerechtfertigt werde.
Auch die Abgeordnete Sara Ferrari vom PD-Fraktionsvorstand nahm den Lebensgefährten der Ministerpräsidentin ins Fadenkreuz: "Da haben wir ihn, den italienischen Machismo, der im Falle einer Vergewaltigung das Opfer für sein Verhalten beschuldigt (...) – als ob die 'Begegnung mit dem Wolf' ein unausweichliches Schicksal eines jeden betrunkenen Mädchens wäre (...)."
Sie forderte mit Blick auf Giambruno: "Aufklärungskurse zur Chancengleichheit sollten nicht nur in den Schulen stattfinden, sondern auch für viele Erwachsene und vor allem für diejenigen, die ein Mikrofon in der Hand halten." Chiara Appenino, ehemalige Bürgermeisterin von Turin, zog auch Giambrunos Partnerin zur Verantwortung. Sie frage sich, was Meloni von den Worten halte.
Meloni äußert sich nicht
Doch die Ministerpräsidentin schweigt. Um ihre Solidarität mit den Vergewaltigungsopfern in Caivano zu zeigen, kündigte sie für diesen Donnerstag zugleich einen Besuch in der Stadt an, berichtete die britische BBC. Senatorin Daniela Sbrollini kritisierte: "Welchen Sinn hat es, nach Caivano zu gehen, wenn der Partner die rüpelhafteste Macho-Propaganda auf einem wichtigen nationalen Sender verbreitet?"
Derweil rechtfertigt Giambruno seine Äußerungen. "Wenn ich etwas Falsches gesagt hätte, hätte ich mich entschuldigt, aber das ist nicht der Fall und es wird nie einen Tag geben, an dem mir ein Politiker sagt, was ich sagen soll", verteidigte er sich "Corriere Della Sera" zufolge gegen die Anschuldigungen.
"Ich sagte, Vergewaltigung sei eine abscheuliche Tat. Ich habe mir erlaubt, jungen Leuten zu sagen, sie sollten nicht absichtlich ausgehen, um sich zu betrinken und Drogen zu nehmen. Ich habe ihnen geraten, vorsichtig zu sein, denn leider sind die Bösewichte immer da draußen. Ich habe nie gesagt, dass Männer das Recht haben, betrunkene Frauen zu vergewaltigen." Seine Kommentare seien aus dem Zusammenhang gerissen worden, so Giambruno.
"La Stampa": Bringt Meloni in Verlegenheit
Die italienische Presse sieht in seinem Verhalten dennoch eine Belastung für die Ministerpräsidentin. So schrieb "La Stampa", der 41-jährige "Prinz Giambruno" bringe die fünf Jahre ältere Königin Giorgia mit seinen Ausrutschern und Entgleisungen ständig in Verlegenheit. Die Zeitung verglich Giambruno mit Prinz Philip, dem Ehemann der britischen Königin Elisabeth II., der seinerzeit schon mal mit Fettnäpfchen in die Schlagzeilen geriet.
Denn es ist nur wenige Wochen her, dass Giambruno wegen eines anderen Themas viel Kritik auf sich zog. Während der heftigen Hitzewelle in Italien sprach er von "normalen Temperaturen im Juli" und "keinen guten Nachrichten" – Äußerungen, denen sich vor allem Klimawandelleugner in Italien bedienen. Den Höhepunkt fand die Debatte um die rekordverdächtigen Temperaturen jedoch, als Giambruno Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verbal attackierte.
Dieser machte im Juli Urlaub am Mittelmeer und warnte auf X (ehemals Twitter): "Die Hitzewelle ist spektakulär hier. Wenn es so weitergeht, werden diese Urlaubsziele langfristig keine Zukunft haben. Der Klimawandel zerstört den Süden Europas."
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Diese Prognose wollte Giambruno offensichtlich nicht auf sich sitzen lassen. In seiner Talkshow hetzte er: "Wenn es dir nicht passt, dann bleib zu Hause." Und: "Seit 20, 30 Jahren müssen uns die Deutschen irgendwie erklären, wie wir leben müssen. (...) Bleib im Schwarzwald, das ist besser, oder?", sagte er auch mit Blick auf Altkanzlerin Angela Merkel und ihre Italien-Urlaube. Die Szene löste heftige Diskussionen in sozialen Medien aus.
Meloni und Giambruno haben unterschiedliche Ansichten
Ob Ministerpräsidentin Meloni sich zu den Kontroversen um ihren Partner noch äußern wird, ist fraglich. Zuletzt hatte Giambruno im Interview mit der "Corriere della Serra" betont: "Sie hat es sich bisher nicht erlaubt, mir vorzuschreiben, was ich sagen darf und was nicht."
Das Paar hat wohl bei vielen Themen unterschiedliche Ansichten, wie Meloni einmal offenbarte. "Wir streiten über Homosexuelle, über ethische Themen, über die Legalisierung leichter Drogen." Mit Giambruno habe sie sich "den Feind ins Haus" geholt – einen vornehmen Linken. Ihr Partner werde ihr trotzdem seine Stimme geben. Giambruno bestritt daraufhin jedoch, links orientiert zu sein. Das habe Meloni ganz und gar als Scherz gemeint. Wie die beiden über die aktuellen Geschehnisse diskutieren, bleibt wohl hinter verschlossenen Türen.
- lastampa.it: "Da uomo invisibile a principe gaffeur, Giambruno in tv imbarazza Meloni" (kostenpflichtig)
- bazonline.ch: "Giorgia Melonis Partner: Ist er ihr peinlich?"
- corriere.it: "Giambruno: 'Meloni non si è mai permessa di dirmi cosa dire. Non ho giustificato uno stupro e non chiedo scusa'" (italienisch)
- facebook.com: Beitrag von Chiara Appendino vom 30. August 2023
- faz.net: "Wer ist Italiens künftiger 'First Gentleman'?"
- cosmopolitan.com: "Chi è Andrea Giambruno, il compagno di Giorgia Meloni" (italienisch)
- bbc.com: "Meloni's partner Andrea Giambruno criticised for Italy rape remarks" (englisch)
- theguardian.com: "'Avoid getting drunk': row erupts over rape comments by Italy PM’s partner" (englisch)
- spiegel.de: "Partner von Italiens Premierministerin empört mit Vergewaltigungsaussagen"
- lastampa.it: "Giambruno di nuovo nella bufera dopo gli stupri a Palermo e Caivano: 'Se eviti di ubriacarti e di perdere i sensi, magari eviti di trovare il lupo'" (italienisch)
- spiegel.de: "Nach Tweet – Melonis Lebenspartner teilt im Fernsehen gegen Lauterbach aus"
- lastampa.it: "Giambruno e le frasi negazioniste sul clima: 'Il caldo non è poi una grande notizia'" (italienisch)
- repubblica.it: "Giambruno, il populista che porta in televisione il tinello di casa Meloni" (italienisch; kostenpflichtig)
- rnd.de: "Wenig Alkohol als Schutz vor Vergewaltigung: 'Herr Meloni' sorgt mal wieder für Empörung" (kostenpflichtig)
- lastampa.it: "Giambruno al ministro tedesco che si lamenta del clima in Italia: 'Se non ti sta bene stai a casa tua'" (italienisch)
- ilfattoquotidiano.it: "Giambruno al ministro tedesco che si lamenta del clima in Italia: 'Se non ti sta bene stai a casa tua'" (italienisch)