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Netanjahu hat Herz-OP überstanden: Vor Abstimmung über Israels Justizreform


Kurz vor wichtiger Abstimmung
Netanjahu nach Operation aus Krankenhaus entlassen

Von dpa
Aktualisiert am 24.07.2023Lesedauer: 3 Min.
Benjamin Netanjahu (Archivbild): Der israelische Premierminister soll heute einen Herzschrittmacher bekommen.Vergrößern des Bildes
Benjamin Netanjahu (Archivbild): Der israelische Premierminister soll heute einen Herzschrittmacher bekommen. (Quelle: picture alliance / dpa/dpa-bilder)

Der israelische Premierminister Netanjahu hat einen Herzschrittmacher erhalten. Die OP soll gut verlaufen sein – doch auf den Staatschef warten weiterhin unruhige Zeiten.

Nach einer Operation zum Einsetzen eines Herzschrittmachers hat Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu das Krankenhaus verlassen. Nach Angaben eines Sprechers des Scheba-Krankenhauses in Tel Haschomer nahe Tel Aviv verließ der 73-Jährige die Klinik am Montagmorgen. Der Ministerpräsident hatte am Sonntag erklärt, nach seiner Entlassung zu einer Abstimmung über ein Kernelement der umstrittenen Justizreform ins Parlament gehen wollen.

Netanjahu hatte am Sonntag einen Herzschrittmacher eingesetzt bekommen. Nach Angaben der behandelnden Ärzte ist sein Gesundheitszustand "gut". Der Eingriff wurde im Sheba-Krankenhaus in Tel Haschomer nahe Tel Aviv vorgenommen. Netanjahus Büro hatte die Operation kurzfristig bekannt gegeben. In einer überraschenden Videobotschaft vor der OP sagte er: "Mir geht es großartig, aber ich höre auf meine Ärzte."

Am Montag ist im israelischen Parlament, der Knesset, die Abstimmung in zweiter und dritter Lesung für die sogenannte Angemessenheitsklausel geplant. Sollten die Abgeordneten den Gesetzentwurf verabschieden, könnten sie dem Obersten Gericht damit die Möglichkeit entziehen, Regierungsentscheidungen als "unangemessen" einzustufen und so außer Kraft zu setzen. Die Klausel ist daher einer der umstrittensten Bestandteile der Justizreform.

Weitere Proteste am Sonntag

Bemühungen über einen Kompromiss mit den Gegnern sind auch in seiner Abwesenheit weitergegangen. Am Sonntag waren mehrere Kundgebungen von Gegnern sowie Befürwortern des Vorhabens geplant. Das Gesetz ist Teil eines größeren Pakets, das von Kritikern als Gefahr für Israels Demokratie eingestuft wird.

Am Samstag waren mehrere Hunderttausend Menschen gegen die geplante Schwächung der Justiz auf die Straße gegangen. Im Zentrum der Küstenstadt Tel Aviv versammelten sich nach Schätzungen des Senders "Channel 13" rund 170.000 Menschen, in Jerusalem 85.000. Vereinzelt kam es Medienberichten zufolge zu gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei. Mehrere Demonstranten wurden festgenommen.

Organisatoren der Proteste gaben die Zahl der Teilnehmer landesweit mit mehr als einer halben Million an. Es wäre damit einer der größten Protesttage seit Beginn der Demonstrationen Anfang Januar. Israel hat rund 10 Millionen Einwohner.

Seit mehr als einem halben Jahr spaltet der geplante Justizumbau weite Teile der israelischen Gesellschaft. Auf Protestschildern in Tel Aviv war etwa zu lesen "Netanjahu der Feind der Demokratie" oder "Rettet unsere Heimat". Viele Israelis in der Millionenmetropole haben Angst, dass sich Israel mit dem Gesetzespaket fundamental verändern könnte.

Druck auf Regierung aus Reihen des Militärs

Zuletzt nahm auch der Widerstand innerhalb des Militärs zu. Am Samstag kündigten rund 10.000 Reservisten an, nicht mehr zum Dienst zu erscheinen, sollte die Regierung ihre Pläne nicht stoppen. Berichten zufolge könnte dies die Einsatzbereitschaft des Militärs erheblich beeinträchtigen.

Am Freitag hatten bereits mehr als 1.000 Reservisten der Luftwaffe mit Dienstverweigerung gedroht. Daraufhin gab Verteidigungsminister Joav Galant bekannt, sich um einen "Konsens" zu bemühen. Medienberichten zufolge soll er versuchen, die für Montag geplante Abstimmung zu verschieben. Bislang waren Verhandlungen über einen Kompromiss erfolglos.

Forderungen nach Generalstreik

Tausende zogen am Samstagabend auch zum Hauptquartier des Dachverbands der Gewerkschaften (Histadrut) in Tel Aviv und forderten den Ausruf eines Generalstreiks. Histadrut-Chef Arnon Bar-David hielt unterdessen Beratungen über das weitere Vorgehen ab.

Die Histadrut mit rund 800.000 Mitgliedern hatte Ende März wegen einer Entlassung von Galant durch Netanjahu zu einem Generalstreik aufgerufen. Der Verteidigungsminister hatte zuvor das Vorgehen beim Umbau der Justiz öffentlich kritisiert. Netanjahu setzte damals die Pläne aus, Galants Entlassung wurde später rückgängig gemacht.

Rechtsanwaltskammer will gegen Gesetz vorgehen

Dem Höchsten Gericht des Landes soll es mit dem Gesetz nicht mehr möglich sein, eine Entscheidung der Regierung oder einzelner Minister als "unangemessen" zu bewerten. Kritiker befürchten, dass dies Korruption und damit auch die willkürliche Besetzung wichtiger Posten und Entlassungen begünstigt. Die Netanjahu-Regierung wirft der Justiz dagegen vor, sich zu sehr in politische Entscheidungen einzumischen.

Der Vorsitzende der Rechtsanwaltskammer, Amit Becher, kündigte in Jerusalem an, bei einer Verabschiedung dagegen vorzugehen. "Sollte die Regierung am Montag den Angemessenheitsstandard aufheben, werden wir am Dienstag eine Petition beim Höchsten Gerichtshof einreichen."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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