Während Prigoschin-Revolte Ex-Oligarch: Putin floh zu seiner Datsche
Nach Informationen des Ex-Oligarchen Michail Chodorkowski soll Wladimir Putin vor dem Prigoschin-Aufstand geflohen sein. Er soll in seiner Waldvilla ausgeharrt haben.
Als Jewgeni Prigoschin Ende Juni seine Wagner-Söldner Richtung Moskau schickte, soll Kremlchef Wladimir Putin eilig die Hauptstadt verlassen haben. Das behauptet der ehemalige Oligarch Michail Chodorkowski. Er habe die Bewegungen des russischen Präsidenten in den Stunden der Revolte verfolgt, unter anderem basierend auf Quellen im Kreml.
Gegenüber dem US-Magazin "Newsweek" sagte der im Exil lebende Chodorkowski, dass diese Informanten von einer Flucht Putins berichtet hätten. Demnach sei der Staatschef mit einem Flugzeug abgeflogen – wahrscheinlich zu seiner Luxus-Datsche in Waldai, die etwa 400 Kilometer entfernt liegt.
Am 24. Juni waren Söldner der Wagner-Truppe Richtung Moskau aufgebrochen – angeblich zu einem "Marsch der Gerechtigkeit" und als Protest gegen die russische Militärführung. Nach Vermittlung durch den belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko wurde Jewgeni Prigoschin Straffreiheit und Exil in Belarus angeboten. Seine Truppen waren etwa 700 Kilometer von Moskau entfernt, als sie die Revolte abbrachen.
Webseiten zeigten Flugdaten
Während des Aufstands des Wagner-Chefs waren immer wieder Fragen über den Aufenthaltsort Putins aufgekommen. Auf Flugwebseiten wie flightradar24.com war eines der russischen Regierungsflugzeuge – eine Iljuschin Il-96 – kurzzeitig aufgetaucht. Unklar war aber, wer an Bord war und welches Ziel angeflogen wurde. Offenbar beruft sich der Kontakt von Chodorkowski auf ähnliche Flugdaten.
Putins Anwesen im Wald soll eigene Luftabwehr haben
Der ehemalige Chef der russischen Energie-Firma Yukos ist schon länger als Putin-Kritiker bekannt, der demokratische Reformen im Land fordert. Chodorkowski saß zehn Jahre lang im Gefängnis und wurde 2013 vom russischen Präsidenten begnadigt. Dennoch gilt er als "ausländischer Agent".
Nach seinen Angaben verfüge er über gute Kontakte zum russischen Geheimdienst FSB. "Wir verfolgten Putin und es sieht aus, als ob er Moskau verlassen hat und wahrscheinlich zu einer Residenz nach Waldai geflogen ist", sagte er zu "Newsweek".
Offiziell ist nicht viel über Putins Residenz in Waldai bekannt. Es gab Berichte, dass sich der Kremlchef bisweilen hierhin mit seiner angeblichen Geliebten zurückziehen soll. Im Januar gab es Berichte des russischen Investigativ-Mediums "Agentstwo", dass in der Nähe ein Luftabwehrsystem aufgebaut worden sei. Darin wird der Ort als "Platz zum Ausruhen für Putin und seine Freunde" beschrieben.
Im vergangenen März schrieb die unabhängige russische Webseite meduza.io, dass ein Teil des Nationalparks in der Region für Besucher geschlossen worden sei. Nahe der Residenz soll sich auch ein Bahnhof befinden, der eigens für Putins Sonderzug gebaut worden sei – inklusive Hubschrauberlandeplatz.
Regierungsflieger flogen nach Einigung zurück
"Agentstwo" unterstützte ebenfalls die These, dass Putin während der Krise in seine Luxus-Datsche geflüchtet sei. "Zwei Flugzeuge des von Wladimir Putin eingesetzten Sonderflugkommandos 'Rossija' kehrten am Sonntagabend nach Moskau zurück, nachdem es dem belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko gelungen war, Jewgeni Prigoschin davon zu überzeugen, den Militäraufstand zu beenden. Nach Beginn des Aufstands waren die Flugzeuge von Moskau in Richtung der Region Twer gestartet und hatten die Transponder abgestellt."
Auch der israelisch-russische Geschäftsmann Leonid Nevzlin behauptete, dass nach seinen Informationen Putin zu seiner Villa geflogen sei. "Putin versteckt sich im Bunker seiner Residenz in Waldai. Auch seine engsten Freunde und Mitarbeiter flogen dorthin. Der Diktator ist in Panik. Zusätzliche Truppen rückten auf Waldai zu, um ihn zu schützen. Meine Quellen haben das gerade gesagt", schrieb Nevzlin bei Twitter. Belege legte er aber nicht vor.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Daten zeigen Flug von Moskau Richtung Twer
Ein Flugzeug, das ausschließlich von Putin benutzt wird, sei am 24. Juni in Richtung Nordwesten abgeflogen, wo sich auch Waldai befindet. Dann sei es in der Twer-Region vom Radarbild verschwunden, sagte Chodorkowski. In dieser Region befindet sich auch der Borisowski-Khotilowo-Militärflughafen – etwa 70 Kilometer von Waldai entfernt. "Newsweek" überprüfte die öffentlich zugänglichen Flugdaten und konnte diese nach eigenen Angaben bestätigen. Allerdings gab es auch andere, offenbar zur russischen Regierung gehörende Flugzeuge, die laut Flugwebseiten während des Prigoschin-Aufstandes abhoben.
In einem Artikel der "New York Times" sagte hingegen der russische Journalist Michail Zygar, dass Putin nach seinen Informationen gar nicht in Moskau gewesen sei, sondern auf einer Jacht eines Geschäftsmannes in St. Petersburg. Allerdings gibt es davon bislang weder Bilder noch Daten über Bewegungen der Jacht.
Nach offiziellen Aussagen von Dmitri Peskow, Putins Pressesprecher, zu der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti befand sich Putin hingegen die ganze Zeit im Kreml am Tag des Putsch-Versuchs.
- agents.media: "Президентские самолеты вернулись в Москву" (russisch)
- newsweek.com: "Exclusive: Putin 'Fled Moscow' During Prigozhin's Mutiny" (englisch)
- wilsoncenter.org: "Putin, the Weak Strongman. Part I" (englisch)
- meduza.io: "Anti-aircraft system reportedly installed near Putin’s official residence in Valdai" (englisch)