Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Stimmen werden weiter ausgezählt Dann kann Trump knallhart durchregieren
Wird Trump knallhart durchregieren können? Das hängt davon ab, ob die Republikaner sich beide Kammern des US-Parlaments sichern.
Donald Trump gelingt das Comeback: Zum zweiten Mal wird er ins Weiße Haus einziehen. Und in seiner erneuten Präsidentschaft könnte er besonders mächtig werden – falls die Republikaner in beiden Kammern des US-Parlaments die Mehrheit gewinnen.
Eine Parlamentskammer hat er sicher auf seiner Seite: Den Senat haben sich die Republikaner von den Demokraten zurückerobert. Trump ist auf den Senat unter anderem angewiesen, um seine Kabinettsmitglieder zu bestätigen und viele Top-Jobs zu besetzen.
Doch das Repräsentantenhaus steht noch aus. Wer hier künftig die Kontrolle innehat, ist ungewiss. Die Auszählung könnte sich noch über Tage oder sogar Wochen hinziehen. Nur wenn sich Trump auch diese Kammer sichert, kann er weitgehend durchregieren.
Embed
Wer sichert sich das Repräsentantenhaus?
Alle 435 Sitze des Repräsentantenhauses wurden neu ausgewählt. Zuvor wurde es von den Republikanern dominiert, mit 220 zu 212 Sitzen. Der Ausgang ist jedoch ungewiss. Den Republikanern fehlen sieben Sitze zum Sieg, den Demokraten fehlen 19 (Stand: 8. November, 7 Uhr deutscher Zeit). Eine Handvoll Sitze, oder sogar nur ein einziger, könnten am Ende ausschlaggebend sein.
Die Demokraten hoffen noch, die Mehrheit zu erringen. Das würde Trumps Macht schmälern und eine Blockadepolitik zwischen den Kammern ermöglichen. Eine solche erschwert Joe Biden bereits seit 2018 eine effektive Gesetzgebung. Doch angesichts der aktuellen Lage sei es unwahrscheinlich, dass die Demokraten das Repräsentantenhaus erobern, sagte ein hochrangiger Demokrat laut CNN. Ein anderer erklärte demnach: "Wir müssen ein perfektes Spiel hinlegen, und das wird vermutlich nicht passieren."
Die Republikaner glauben derweil offenbar fest daran, dass sie die Kammer, wie schon in den vergangenen Jahren, dominieren werden. "Wir werden das Repräsentantenhaus halten", sagte ein hochrangiger Wahlkampfmitarbeiter der Republikaner laut CNN. Die Frage sei lediglich, wie groß die Mehrheit sei, mit der das gelinge.
Wie viel Macht hätte Trump mit beiden Kammern?
Gewinnen die Republikaner beide Kammern, bedeutet das für Trump viel Macht: Er könnte viele Vorhaben leichter umsetzen. Die beiden Teile des Parlaments kontrollieren nicht nur den Haushalt, sondern haben auch maßgeblichen Einfluss auf die Gesetzgebung und bestätigen Regierungsposten wie Minister, Botschafter und Richter. Trumps Handlungsspielraum bei diesen Themen hängt entscheidend an der Unterstützung in beiden Kammern des Kongresses, wie das US-Parlament auch heißt.
Trump wäre dann wieder in der gleichen Situation wie 2016: Seine Partei sicherte sich damals beide Kammern im Kongress. Sie verlor sie allerdings 2018 wieder. Damals gewannen die Demokraten bei den Midterms, den US-amerikanischen Zwischenwahlen, das Repräsentantenhaus.
Bei den Midterms erleidet die regierende Partei oft Verluste. Der letzte US-Präsident, der vier Jahre in Folge beide Kammern auf seiner Seite hatte, war George W. Bush, von 2003 bis 2007. Er senkte damals unter anderem die Steuern und erhöhte die Militärausgaben.
Was würde Trump mit einer Kongressmehrheit tun?
Als Donald Trump bei seiner ersten Amtszeit die Mehrheit im Kongress in der eigenen Partei wusste, senkte er 2017 die Unternehmens- und Einkommensteuern. Er versuchte damals, Obamas Gesundheitsreform Obamacare abzusägen, scheiterte jedoch: Der republikanische Senator John McCain verweigerte die Zustimmung und Obamacare ist bis heute bestehen geblieben, wenn auch in abgeänderter Form.
Hätten die Republikaner erneut die volle Kontrolle über den Kongress, könnten sie genau da weitermachen. Trump hatte im Wahlkampf nicht nur Steuersenkungen versprochen, sondern offenbar gleich angekündigt, die Einkommensteuer abzuschaffen.
Zudem könnte er erneut versuchen, Obamacare abzuschaffen. Inzwischen sind rund 45 Millionen Menschen darüber versichert. Denkbar wäre auch eine Reform, wie sie der republikanische Senator Ron Johnson ins Spiel gebracht hatte.
Welche Themen könnte Trump anpacken?
Ob mit beiden Kongresskammern oder mit nur einer: Trump hat viel vor. Er will Steuern senken und dafür Zölle erhöhen, massenhaft abschieben. Abtreibungsverbote möchte er den Bundesstaaten überlassen. Und er behauptet, den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine "in 24 Stunden" zu beenden. Wie? Fraglich.
Für so manche seiner Pläne bräuchte er tatsächlich eine Kongressmehrheit: zum Beispiel, um Bundesmittel für Schulen zu kürzen, wenn sie unliebsame Inhalte lehren. Oder um Bidens Regeln für weniger Autoabgase aufzuheben. Lesen Sie hier mehr dazu.
Im vergangenen Dezember sagte Trump, dass er seine Macht nicht missbrauchen werde – "außer am ersten Tag". An diesem werde er die südliche Grenze zu Mexiko schließen und die Ölgewinnung ausweiten, wörtlich: "bohren, bohren, bohren." Er sprach davon, seine Rivalen ins Visier zu nehmen, bezeichnete sie als "Ungeziefer". An denjenigen, die ihn seiner Meinung nach politisch verfolgten, werde er Vergeltung üben.
Im Wahlkampf tauchte zudem ein Plan aus Trumps Umfeld namens Project 2025 auf. Dessen Ziel: Die US-Regierung nach rechtsextremen Vorstellungen umbauen, Millionen Beamte durch treue Trump-Anhänger ersetzen. Trump distanzierte sich zwar, doch einer der Köpfe hinter dem Projekt erklärte, Trump werde die Ziele letztlich umsetzen. Lesen Sie hier mehr dazu.
- Eigene Recherche
- BBC: "Will Republicans win the House? The outstanding races to watch" (englisch) vom 7. November 2024
- AP News: "Congressional elections live updates: Republicans win Senate majority, House control still up for grabs" (englisch) vom 6. November 2024
- NBC News: "Republicans win control of the Senate, NBC News projects; House remains up for grabs" (englisch) vom 5. November 2024
- CNN: "Johnson and GOP increasingly bullish about holding onto control of House" vom 6. November 2024
- Spiegel.de: "Bush-Forderungen an Kongress: Irak-Krieg kostet USA jeden Monat zehn Milliarden Dollar" vom 23. Oktober 2007
- Spiegel.de: "Kongress verlängert Bushs teure Steuergeschenke" vom 23. September 2004
- Guardian: "Trump says he will be a dictator only on ‘day one’ if elected president" (englisch) vom 6. Dezember 2023
- Guardian: "Project 2025’s plan to gut civil service with mass firings: ‘It’s like the bad old days of King Henry VIII’" (englisch) vom 25. September 2025
- FAZ: "Diktator für einen Tag" vom 6. November 2024
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters und AFP