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EU-Parlamentspräsident David Sassoli (✝65) ist tot: "Ciao, lebenslanger Freund"


"Deutschland verliert guten Freund"
EU-Parlamentspräsident David Sassoli ist tot

Von dpa, afp, aj

Aktualisiert am 13.01.2022Lesedauer: 3 Min.
EU-Parlamentspräsident Sassoli: Der Italiener ist im Alter von 65 Jahren gestorben.Vergrößern des Bildes
EU-Parlamentspräsident Sassoli: Der Italiener ist im Alter von 65 Jahren gestorben. (Quelle: imago images/Handout via Xinhua)

Er galt als progressiver Katholik und Kämpfer für die Rechte von Migranten. Nun ist David Sassoli im Alter von 65 Jahren gestorben. Der Italiener war seit Weihnachten in klinischer Behandlung.

Die Nachricht kam mitten in der Nacht: Der Präsident des Europaparlaments, David Sassoli, ist tot. Er sei am Dienstag um 1.15 Uhr im Centro di Riferimento Oncologico in Aviano, einer Klinik in der nordostitalienischen Region Friaul-Julisch Venetien, gestorben, sagte EU-Parlamentssprecher Roberto Cuillo. Sassoli stammte gebürtig aus Florenz. Er wurde 65 Jahre alt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Nachricht "mit Bestürzung" aufgenommen. "Europa verliert einen engagierten Parlamentspräsidenten, Italien einen klugen Politiker und Deutschland einen guten Freund", erklärte er am Dienstag über Regierungssprecher Steffen Hebestreit auf Twitter.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ordnete wegen Sassolis Tod an seinen Amtssitzen in Berlin und Bonn Trauerbeflaggung an. In einem Kondolenzschreiben an die Erste Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, erklärte Steinmeier, Sassoli habe das EU-Parlament "umsichtig und konstruktiv" geführt.

"Zutiefst betroffen"

"Er war ein überzeugter und überzeugender Anwalt der europäischen Integration, ein Verfechter eines sozialen Europas und ein charmantes und gewinnendes Gesicht der EU-Institutionen in der europäischen Öffentlichkeit", schrieb Steinmeier. "Seine freundliche und ausgleichende Art und sein unbeirrtes Eintreten für Parlamentarismus und Rechtsstaatlichkeit können uns allen in diesen herausfordernden Zeiten Orientierung und Ansporn sein."

Außenministerin Annalena Baerbock twitterte, der Tod Sassolis mache sie sehr traurig. "Als EP-Präsident gelang es ihm immer wieder, Gräben zu überwinden und so das Parlament als Ganzes zu stärken. Wir werden seinen überzeugten Einsatz für den menschlichen Umgang mit Geflüchteten nicht vergessen", schrieb die Grünen-Politikerin.

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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen äußerte sich auf Twitter "zutiefst betroffen über den schrecklichen Verlust eines großen Europäers und stolzen Italieners". Sie würdigte ihn als einen "herausragenden Präsidenten des Europäischen Parlaments". Ihre Gedanken seien bei der Familie des Verstorbenen.

"Schwere Komplikation"

Sassoli war bereits länger im Krankenhaus, wie am Montag bekannt wurde. Ein Sprecher des EU-Parlaments in Brüssel hatte erklärt, der Italiener sei in einer Klinik in seinem Heimatland untergebracht und werde dort behandelt. Der Aufenthalt sei "wegen einer schweren Komplikation aufgrund einer Funktionsstörung des Immunsystems" erforderlich geworden. Der Parlamentspräsident befand sich nach den Angaben des EU-Parlaments bereits seit dem 26. Dezember in Behandlung. Alle seine Termine wurden damals abgesagt.

Bereits im Oktober verpasste Sassoli eine Tagung des Parlaments, weil er Fieber hatte. Zuvor wurde er wegen einer Lungenentzündung im Krankenhaus behandelt. Das Krankenhaus Centro di Riferimento Oncologico in Aviano machte auf Nachfrage am Dienstagmorgen keine Angaben. Sprecher Cuillo erklärte auf Twitter weiter, Zeit und Ort der Beerdigung würden in den kommenden Stunden bekannt gegeben.

Über sein privates Twitter-Konto hatte Sassoli noch am Montagvormittag zum Tod der italienischen Journalistin Silvia Tortora kondoliert. Am 31. Dezember lobte er die Worte des italienischen Staatsoberhauptes, Sergio Mattarella, aus dessen Neujahrsansprache.

Sassoli arbeitete früher als Journalist

Sassoli gehörte der sozialdemokratischen Partei Partito Democratico (PD) an. Er war seit Juli 2019 Präsident des Europäischen Parlaments gewesen. Der Sozialdemokrat löste seinen Landsmann Antonio Tajani von der konservativen Forza Italia ab. Zuvor hatte er von 2014 bis 2019 den Posten des Vizepräsidenten in der EU-Institution inne und somit noch rund drei Jahre (2014 bis 2017) als Vertreter des damaligen Europaparlamentspräsidenten Martin Schulz (SPD) gearbeitet.

Vor seiner politischen Karriere war Sassoli als Journalist tätig. Der Werdegang des studierten Politikwissenschaftlers startete zunächst bei kleineren Tageszeitungen. 1985 schaffte er es in die Redaktion der römischen Zeitung "Il Giorno" (Der Tag). Später landete er im Fernsehen und moderierte sogar die Hauptnachrichtensendung TG1 des öffentlich-rechtlichen Senders Rai 1.

Der Italiener setzte sich für Geflüchtete ein

Sassoli galt unter anderem als Kritiker der Migrationspolitik vieler Mitgliedstaaten. Immer wieder setzte er sich für die Belange von Menschen auf der Flucht ein. In Italien ist Migration besonders zwischen linken und rechten Parteien ein Streitthema, da in dem Mittelmeerland sehr viele Migranten auf ihrer Flucht in Booten ankommen, um in die EU zu gelangen. Er galt zudem als progressiver Katholik. Nach Angaben seiner Partei war er schon als Jugendlicher bei den Pfadfindern und hatte sich in katholischen Jugendgruppen engagiert.

Die Wahl des Sozialdemokraten Sassoli und eine Übergabe des Parlamentspräsidentenamts an die konservative Europäische Volkspartei (EVP) in der zweiten Hälfte der fünfjährigen Legislaturperiode waren 2019 Teil einer Absprache der EU-Staats- und Regierungschefs. Die Fraktion der Sozialdemokraten hatte aber zeitweise angekündigt, der EVP doch nicht das Feld überlassen zu wollen. Sassoli sprachen sie ihre "einstimmige Unterstützung" für eine erneute Kandidatur aus.

Im Dezember verzichtete die S&D-Fraktion jedoch darauf, einen Kandidaten zu präsentieren und machten damit den Weg frei für die Wahl der EVP-Kandidatin Roberta Metsola. Die Malteserin ist derzeit eine der Vizepräsidentinnen der EU-Volksvertretung.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen AFP und dpa
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