Gegen Flüchtlinge Zwölf EU-Staaten fordern "Barrieren" an Außengrenzen
Länder wie Polen, Österreich und Ungarn fordern in einem Brief an die EU-Kommission, die EU-Grenzen mit Zäunen oder Mauern zu sichern. Die Barrieren sollen aus EU-Budget finanziert werden.
Die unerwünschte Migration über Belarus in die EU befeuert die Debatte über den Schutz der europäischen Außengrenzen und den Umgang mit Migranten. Polen, Österreich und zehn weitere EU-Staaten brachten in diesem Zusammenhang nun mehr Stacheldraht und Zäune ins Spiel. "Physische Barrieren scheinen eine effektive Grenzschutzmaßnahme zu sein, die den Interessen der gesamten EU dient", heißt es in einem Brief an die zuständigen EU-Kommissare Ylva Johansson und Margaritis Schinas. Diese sollten "zusätzlich und angemessen aus dem EU-Budget" finanziert werden. Das Schreiben ist auf den Vortag des EU-Innenministertreffens am Freitag in Luxemburg datiert und liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.
Widerspruch kam bei dem Treffen von Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Er sei "absolut nicht" dafür, mehr Mauern zu errichten, sagte der Politiker. Man müsse zwar wissen, wer in die EU komme, doch er sei entschieden dagegen, alle ankommenden Migranten in Internierungslagern unterzubringen.
Die zwölf Minister nehmen mit ihren Forderungen etwa Bezug auf die Lage an der Grenze zwischen Belarus und den EU-Staaten Polen, Litauen und Lettland. Dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko wird vorgeworfen, in organisierter Form Migranten aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze zu bringen und die Staatengemeinschaft damit destabilisieren zu wollen. Die zwölf Staaten fordern nun, den EU-Rechtsrahmen so zu ändern, dass "Versuche der Instrumentalisierung illegaler Migration mit politischen Zielen und andere hybride Bedrohungen" angemessen adressiert werden könnten.
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Polen, Litauen und Lettland haben bereits mit verstärktem Grenzschutz reagiert und mit dem Bau von Hunderten Kilometern Grenzzaun begonnen. Im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus sind bereits mehrere Menschen gestorben. Hilfsorganisationen werfen den EU-Ländern vor, Migranten illegal nach Belarus zurückzuweisen – ohne Möglichkeit, einen Asylantrag zu stellen oder die Rechtmäßigkeit gerichtlich überprüfen zu lassen.
Deutschland, Frankreich, Spanien und andere Länder, in denen die Vielzahl der Asylanträge gestellt wird, haben den Brief nicht unterschrieben. Stattdessen sind etwa Ungarn, Bulgarien, Zypern, Tschechien, Lettland, Litauen und Dänemark dabei. Sie zielen mit ihren Vorschlägen auf die geplante Reform des Schengener Grenzkodex ab, die die EU-Kommission im Juni angestoßen hatte. Unter anderem fordern sie auch klare Regeln, nach denen die EU-Staaten im Falle "hybrider Attacken", wie im Falle von Belarus, reagieren können.
Die Debatte läuft auch vor dem Hintergrund der jüngsten Berichte über illegale und teils brutale Zurückweisungen Schutzsuchender an den Außengrenzen Kroatiens und Griechenlands. Videoaufnahmen eines europäischen Rechercheverbundes, die diese Woche öffentlich wurden, sollen schwere und systematische Menschenrechtsverletzungen durch maskierte Uniformierte an der kroatischen Grenze zu Bosnien belegen. Zugleich wird Griechenlands Küstenwache vorgeworfen, Asylsuchende auf Rettungsflöße zu setzen, sie zurück aufs offene Meer zu ziehen und sie dann sich selbst zu überlassen. Derlei Vorwürfe wurden in der Vergangenheit mehrfach gegen beide Länder erhoben. Asselborn forderte die EU-Kommission auf, rasch einzuschreiten: "Das geht nicht in Europa."
Der griechische Migrationsminister Notis Mitarakis versprach am Freitag Aufklärung. Jeder Vorwurf werde untersucht, das habe er am Vorabend auch EU-Innenkommissarin Johansson gesagt. Die Schwedin zeigte sich jedoch wenig überzeugt von seinen Aussagen. Sie habe klar gemacht, dass sie nicht akzeptieren werde, wenn Griechenland den Vorwürfen nicht nachgehen werde. "Wir müssen unsere Außengrenzen schützen, aber wir müssen auch unsere Werte, den Rechtsstaat und Grundrechte verteidigen." Die kroatische Regierung nehme die Anschuldigungen hingegen sehr ernst, sagte Johansson. Der Minister sei geschockt gewesen.
- Nachrichtenagentur dpa