Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Demokratie demontiert Von der Leyens Versagen – so beschädigt sie Europa
Inmitten tiefster Krisen sucht Europa händeringend nach Führung. Die neue Kommissionspräsidentin erweist sich in jeder Hinsicht
Die neue Kommissionspräsidentin der Europäischen Union hat die Demokratie in Europa möglicherweise unwiederbringlich beschädigt: Ursula von der Leyen, so zeigt es sich, ist eine Fehlbesetzung an der Spitze Europas. Um das zu beweisen, reichten ihr am Dienstagnachmittag zwei kurze Nachrichten im Kurzbotschaftendienst Twitter mit genau 549 Zeichen (inklusive Leerzeichen). Mehr brauchte es für die Zurschaustellung politischer Schwäche nicht.
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Es sei von "äußerster Wichtigkeit", dass die Notfallmaßnahmen in der Corona-Krise nicht grundlegende Prinzipien und Werte Europas unterliefen, hieß es dort. Demokratie könne nicht ohne freie und unabhängige Medien funktionieren. Respekt vor Meinungsfreiheit und Rechtssicherheit seien wesentlich in diesen "unsicheren Zeiten".
Wovon nicht die Rede war: Ungarn.
Wovon nicht die Rede war: Ermächtigungsgesetzen und diktatorischen Tendenzen.
Wovon nicht die Rede war: konkreten Gegenmaßnahmen.
Von der Leyen hat sich am Dienstagnachmittag entschieden, sich mit der ersten Autokratie innerhalb der Europäischen Union zu arrangieren. Vor Viktor Orban, der in Ungarn mit einem unerhörten Notstandsgesetz seine Macht nahezu unbegrenzt ausgebaut hat, kuscht die Kommissionspräsidentin. Sie wagt nicht einmal seinen Namen zu nennen. In "unsicheren Zeiten", in denen klare Standpunkte gefragt sind, entschied sie sich für Worthülsen und Lavieren: "Genau beobachten" werde die EU-Kommission den Einsatz der Notfallmaßnahmen in allen Mitgliedsstaaten – "im Geiste der Kooperation".
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Als es also dringend an der Zeit war, klare Grenzen zu ziehen und diese wenn nötig mit Härte durchzusetzen, setzte von der Leyen auf einen unverbindlichen Dialog. Das wird nicht nur ihr persönliches politisches Vermächtnis beschädigen. Es beschädigt die Demokratie in ganz Europa.
Denn eigentlich müsste klar sein: In dieser Form kann Ungarn nicht mehr Teil der Europäischen Union sein. Zu lange schon schreitet der Abbau der Demokratie in dem Land voran, das einst unter dem kommunistischen Regime litt und das nun in eine Nachfolge-Autokratie abgleitet. Die Notstandsgesetzgebung ist nur der konsequente letzte Schritt. Die CDU, die Europäische Volkspartei und die von ihr ins Amt gehievte Kommissionspräsidentin haben dabei zugesehen. Das Projekt Europa haben sie damit – trotz großer Worte – möglicherweise irreparabel beschädigt.